Nach der Pleite mit dem „neuen“ Corrado, der eher eine schlechtere Wiederauflage darstellt, liegt mir völlig überraschend der ´70 Ford Torino Cobra (# 14534) auf dem Tisch. Für mich ist er ein „alter Bekannter“, den ich schon vor etwa 20 Jahren gebaut habe. Wie die Zeit rennt. Wie steht es um den Bausatz? Kann er mit dem aktuellen 71er Mustang mithalten?
Die Geschichte des Bausatzes ist schnell abgehandelt:
Vor mehr als zwanzig Jahren, im Jahr 2000, erblickte man den Ford erstmals als „Torino GT“ 2in1 in den Regalen. Unter Monogram (# 85-5958) erschien die ProModeller Variante, die heute sehr schwer zu bekommen ist.
Revell legte ihn schon 2001 als Torino Cobra (85-2353) nach – und diese Ausgabe habe ich noch heute gebaut im Regal stehen. Der wurde 2006 noch einmal aufgelegt und abschließend wieder 2014 (# 85-4099) in der selteneren Torino GT Variante.
Bei diese zwei Varianten (hauptsächlich erkennbar an dem unterschiedlichen Kühlergrill) mit jeweils einer Wiederauflage blieb es – der Inhalt war fast identisch.
Zum Original nur kurz die Rahmendaten
Der Ford Torino wurde von 1968 bis 1976 in nur drei Generationen produziert. Dieser Bausatz stellt die zweite Serie (70/71) dar, der Nachfolger ist wohl der bekannteste – nämlich der aus „Starsky & Hutch“.
Befeuert wurde der Torino Cobra durch den 429 Cobra Jet-Ram Air V-8 mit satten 370 Pferdchen. Er war jedoch kein Leichtgewicht und brachte stolze 1600-1800 kg auf die Waage – bei einer stattlichen Länge von bis zu 5,7 m. Soweit, so gut. Nothing special.
Wenn da nicht … ja wenn da in der Bauanleitung nicht eine „Twister-Version“ zur Auswahl stünde. Noch nie gehört? Ich auch nicht! Deshalb Tante Google gefragt und erstaunlicherweise:
Der Ford Torino Twister war ein in nur 90 Exemplaren aufgelegtes Sondermodell, das sich Händler in Kansas von Ford bauen ließen. Ausschließlich in Vermillion (orange). Von dem Torino Twister Special existieren laut Recherchen nur noch knapp 30 Exemplare. Aber es kommt noch besser:
Da sich Revell für die Schaltversion von dem Modell entschieden hat – davon wurden nur 30(!) Exemplare gefertigt. Dieser spezielle Torino Torino war im Übrigen ein Pendant zum ebenfalls in 100 Exemplaren georderten Mustang Mach 1 Twister . Sachen gibt’s!
Zum Bausatz
Das Schachtelbild weiß zu gefallen. Ich mag eh die Musclecars mit weißer Innenausstattung – und wenn es auch noch blau ist, dann trifft das voll meinen Geschmack. Der Karton ist US-typisch gestaltet und zeigt uns ein fertig gebautes „Covermodell“ und etwas zur Geschichte und den benötigten Farben:
Was erwartet uns, wenn wir den Bausatz ausschütteln?
Nein – nicht ausschütteln! Die überaus praktischen US-Stülpkartons kann man sehr schön den Deckel abnehmen und bei Bedarf das Modell wieder sauber einpacken. Eine Menge Bauteile die ordentlich in verschiedenen Tüten verpackt sind. An fünf weißen Gießästen, ein Klar-Weißer und roter Gießast, sowie ein Chrom-Gießast. Die stattliche Karosserie, Gummireifen, Bauanleitung und Decals machen den Bausatz komplett.
Auf den ersten Blick scheinen die Spritzlinge sehr positiv in der Qualität. Im Gegensatz zum Corrado, der vom verwendeten Material sehr massiv wirkt, kommt der Torino „leichtfüßig“ daher. Der Kunststoff ist sehr hell und scheint verwaschen – ich nenne das die Chinaqualität.
Die Bauteile sind in der 5ten Ausgabe ordentlich! Auffällige Gießgrate oder Fischhäute habe ich auf den ersten Blick nur minimal gesehen:
Genauer betrachtet:
Durch den hellen Kunststoff sind die durchaus vorhandenen Details etwas schwerer zu erkennen. Mir gefallen die Bremstrommeln, am Lenkrad entdeckte ich eine „nicht-der-Rede“-werten Gießansatz. Die Auswerfermarken auf den Trommeln sind nicht so dramatisch:
Die Seitenverkleidungen sind ausgezeichnet, die filigranen Bauteile wie Lüfterrad, Keilriemen oder Außenspiegel: Alles bestens!
Auch die Auspuffkrümmer machen einen guten Eindruck, das Amaturenbrett ohne Fehl und Tadel:
Der Chrombogen gefällt mir mit der verwendeten Beschichtung. Sie wirkt passend und nicht übertrieben chromig, ist dünn aufgebracht, so dass nicht alles zugeschwemmt ist:
Schwer erkennbar, aber die Felgen sind durchbrochen und ohne Fischhäute:
Die Klarteile sind separat verpackt und aus meiner Sicht einwandfrei. Ein Lupeneffekt bildet sich nur an den Krümmungen am Rand, aber sie sind dünn und schlierenfrei. Der Lupeneffekt wird sich nicht auf das Modell auswirken:
Die Frontscheibe hat zudem noch eine deutliche Mattierung, die das Bemalen mit schwarz einfacher macht:
Gummireifen, Vollgummi um genau zu sein. Profiliert und wie fast immer ohne Beschriftung. Die liegt in gewohnter Weise als Decals bei:
Die mächtige Karosserie – er ist 1/25(!) – macht einen guten Eindruck. Glatt, gerade, nicht mit Formentrennnähten gezeichnet. So muss das sein! Da macht ein Bausatz doch schon mehr Spaß:
Genauer betrachtet wundert mich die Qualität der Türsicken. Schwer im Bild einzufangen – aber man kann erkennen, dass die Sicken nicht mehr scharf, sondern ausgewaschen sind. Hier kann es unter Umständen nach dem Lackieren nicht mehr viel von Türsicken zu sehen geben:
Wie fast immer bei Revellschen Produkten aus amerikanischer Herkunft ist der Decalbogen ein Highight. Er strotzt nur so von kleinen und kleinsten Decals – ein wahrliche Aufwertung des Modelles, wenn man alles anbringt. Die Qualität ist absolute Klasse. Präzise und scharf gedruckt:
Wo diese kleinsten Decals verwendet werden, darauf komme ich zum Teil jetzt, wenn wir uns die Bauanleitung ansehen. Auch wie immer sind die Bausätze im praktischen Stülpkarton nicht mit einer farbigen Bauanleitung bestückt. Zudem finden sich nur Englisch, Französisch und Spanisch in der Anleitung:
Auf den ersten Seiten mit einführenden Worte zum Original, zu verwendende Farben ohne Mischorgien und Erklärung der Symbolik, gefolgt von der Auflistung aller Bauteile mit technischer Bezeichnung …
… beginnt der Bau zuerst mit einer Option: Entfernen der Louvers („Twister Version“) oder lassen. Dazu muss ich mich vorher entscheiden – denn im Zuge der Wahl zur Twister-Version ist zwingend ein Orange für Authentität (siehe oben, was ich zum Original schrieb) statt Blau oder freier Farbwahl für die Karosserie vorgesehen.
In 28 Baustufen sind wir damit „durch“ und zuletzt werden die Decals aufgebracht:
Bauanleitung? Unkompliziert, ohne Rätsel.
Auf ein paar Baustufen möchte ich doch die fast schon extreme Liebe zu Decaldetails deutlich machen – da hat Revell wirklich an jede Stecknadel gedacht.
Egal, ob es Herstellungsmarken auf Kardanwelle (Decal 15) oder Blattfeder (Decal 16) ist, „Lenkradspeichendingens“-Hupenknöpfe vermutlich (Decal 3) oder die Decals 52-55 sind:
Das ist hardcore – und nur ein Auszug!
Mein Fazit und abschließende Worte
Wiederauflagen der Revell-USA-Bausätze? Da weiß man was man hat!
So schlicht und einfach könnte ich das stehen lassen.
Wenn da nicht die außergewöhnliche Wahl des Twister Modell wäre. Ich bin wirklich überrascht, das Revell da so ein spezielles Sondermodell herausgepickt hat. Und genau da liegt der Fehler für den versierten Modellbauer im Detail, will man das Modell „100%“ exakt haben:
Die Twister-Modelle wurden nicht mit den Magnum 500 Wheels ausgestattet – sondern mit fetten Reifen auf Tiefbett-Stahlfelgen und Zierkappen. Das wäre eine super Option dazu gewesen!
Alles in allem kann ich den Bausatz ohne mit der Wimper zu zucken empfehlen!
Etwas Sorgfalt und Arbeit an den Sicken, der Bau an sich ist aus meiner Erfahrung problemlos. Denn an schlechte Bausätze erinnere ich mich genau, an welche, die flott von der Hand gingen nicht. Zu diesen flotten von der Hand, da zählt dieser Torino eindeutig dazu.
Dominik Weitzer, Modellbaustammtisch Recklinghausen