Die seit 2007 schon erschienenen Special Hobby-Bausätze basieren auf den Ausgaben von Classic Airframes seit dem Jahr 2006, habe also schon eine längere und ältere Geschichte. Bisher gab es von SH auch nur die Mk.I mit der Möglichkeit der Darstellung ohne und mit dem Drehturm auf dem Rumpfrücken …
Natürlich stellt sich für den gut informierten Modellbauer die Frage, ob diese Wiederauflage nach Erscheinen des Anson-Bausatzes von Airfix (hier auf KRO vorgestellt) noch mithalten kann. Nun, er musste es fraglos schwer haben. In Erkenntnis dieser Tatsache hat Special Hobby den Bausatz überarbeitet und einige für den Modellbauer besonders anspruchsvolle Resinteile und auch von Classic Airframes nicht so recht gelungene Spritzgussteile durch zwei neue Spritzgussrahmen ersetzt. Auch der Klarsichtast ist erweitert. Weiterhin gibt es neue Markierungsalternativen. Der Bausatz hat also ein umfangreiches Lifting erhalten und ist nicht mehr mit den bisherigen Auflagen zu vergleichen.
Beim ersten Blick in den Bausatz sehen wir zunächst nur die Anleitung und einen Verpackungsbeutel in dem alle Teile enthalten sind:
Im Verpackungsbeutel sind dann drei alte und zwei neue graue Äste, der erweiterte Klarsichtast in einer Schutzverpackung, zwei Beutel mit Resinteilen, eine Ätzplatine und zwei Decalbögen:
Ast A gehört zum alten Bestand aus Short-Run-Formen ohne Passstifte und enthält die großen Rumpfteile. Weiterhin die vorderen Verkleidungen der Fahrwerkschächte, an denen die Motoren befestigt werden, die für diese Varianten Verwendung finden sollen. Ebenso gibt es das Rumpfteil für den oberen Drehturm und die Decken für die Fahrwerkschächte. Die anderen Teile am Ast finden keine Verwendung:
Die bis auf eine kurze Bugkappe schon kompletten Rümpfe – einschließlich des Seitenruders – weisen Details für die dezent dargestellte Stoffbespannung auf einem Metallrohrgerüst und die darauf vorhandenen Metallrahmen sowie für die metallenen Verbindungsbauteile auf. Es gibt vertiefte Gravuren von mittlerer Qualität:
Die Rumpfhälften sind innen komplett glatt, die inneren Details werden später mit Einbauteilen dargestellt. Vorhanden sind einige Auswerfermarken, die entfernt werden müssten:
Die vorderen Fahrwerkschachtverkleidungen weisen ebenfalls Gravuren von mittlerer Qualität auf:
Das Trägerteil für den MG-Turm ist direkt neben einer Abdeckung für den gleichen Rumpfbereich platziert. Aus dem Bausatz kann also auch die Variante ohne den Turm gebaut werden. Die Markierungsalternativen sind jedoch nur für Maschinen mit diesem Turm ausgelegt:
Ast B liefert vier Teile für die kompletten Tragflächen. Gesonderte Ruder und Klappen sind hier nicht vorgesehen:
Die Stoffbespannung auf den darunter liegenden Spanten ist hier recht kräftig dargestellt und auch die Metallrahmen und die Klappen für die Kontrollöffnungen kommen wieder nicht zu kurz. Diese Detaillierung hat durchaus etwas für sich:
Ast C enthält für das Bauprojekt die Höhenleitwerke – ebenfalls als ganze Teile ohne separate Ruder – und einige Spante und Böden für den inneren Ausbau. Schließlich sind auch noch die Propeller hier vorhanden. Die anderen Teile hat Special Hobby durch die neuen Spritzäste nun aussortiert, sie werden nicht verwendet. Das ist auch gut so:
Noch ein näherer Blick auf einzelne Teile. Die Propeller hätte sich Special Hobby allerdings für die neuen Spritzlinge auch vornehmen sollen. Sie erfordern erhebliche Nacharbeit:
Der Spritzast D ist aus der neuen Produktion. Das ist an der beträchtlich besseren Qualität und dem anderen Plastik auf den ersten Blick zu erkennen. Hier sind auch Teile für andere Serienvarianten bzw. Motorisierungen vorhanden. Special Hobby hat also noch offensichtlich einiges mit seiner Anson vor. Bleiben wir gespannt:
Hier ein paar Ansichten der neu konzipierten Motoren mit Abgassammler und Kurbelgehäuse, der Fahrwerke und Räder. Es ist auch ein im Rumpfinneren starr einzubauendes MG vorhanden. Hier wird ein sehr gutes aktuelles Niveau erreicht:
Einmal zum Vergleich die neuen Motoren oben und darunter die alten. Die beträchtlich verbesserte Filigranität ist besonders zu loben!
Schließlich liefert uns der Ast E neue Teile für den inneren Stahlrohrrahmen, die bisher aus sehr empfindlichen Resinteilen bestanden. An der Verklebeseite sind sie glatt, innen finden sich fein ausgeführte Details der Ausstattung an den Wänden. Hiermit und mit den weiteren Resin und Ätzteilen entsteht auf jeden Fall ein sehr hochwertiger fein detaillierter Innenraum, der durch die umfangreiche „Verglasung“ gut einsichtig ist:
Der Klarsichtast stammt wohl im Grundsatz auch noch aus dem alten Formenbestand, ist aber noch auf gutem Niveau. Hier sind alternativ zwei Möglichkeiten der Cockpitverglasung vorhanden. Einmal mit der stumpfen, stufigen Frontverglasung und zum anderen etwas angeschrägt und windschlüpfriger. Insgesamt ist eine Vielzahl von einzelnen Verglasungen vorhanden, die abgeklebt werden müssen. Ein Maskenset erscheint als sehr zweckmäßig. Die Klarsichtteile decken häufig auch noch einen Teil der Rumpfverkleidung ab. Wenn an diesen Stellen die Ausführung nicht ganz so klar ist, ist des kein Nachteil, da für die folgende Überlackierung ohnehin die Oberfläche etwas angeraut werden muss. Auch hier werden einige der kleinen Teile für die hier vorgesehene Variante nicht benötigt:
Auch die Durchsichtprüfung bestätigt, dass es an den Stellen, an denen es auf die Durchsicht ankommt, eine überwiegend sehr gute Qualität geliefert wird:
Die beigegebenen Resinteile sind umfangreich, wobei auch hier einige der angegossenen Kleinteile nicht bei der vorgeschlagenen Variante benötigt werden. In diesem Bausatz waren zweimal zwei Motorhauben (und dabei noch eine Auspuffreihe) vorhanden, in der Bauanleitung wird nur ein Paar davon angegeben. Es sind die Teile auf der linken Seite:
Bei den Motorhauben haben die Zugaben in der kleinen Tüte keine Aussparungen in der Hinterkante und stattdessen Abstandhalter und Positionierungshilfen innen in der Haube. Siehe das folgende Foto. Auf die Abstandhalter wird in der Bauanleitung besonders hingewiesen. Also sollen wohl diese Teile Verwendung finden. Beim Bau sollte eine Trockenprobe ergeben, welche Resinteile nun zu verwenden sind:
Die weiteren Resinteile sind in bekannter tschechischer Qualität. Sauber ohne Löcher und Einsenkungen; schlicht ohne Fehler. Aus ihnen werden wesentliche Teile für den Innenausbau hergestellt. Die Sitzflächen haben eine Struktur, aus der sich mit einem Washing Stofffalten einfach darstellen lassen:
Die Ätzteilplatine ist ebenfalls von bekannter tschechischer Qualität. Die Teile für das Instrumentenbrett und das umfangreiche Gurtzeug sind schon farbig behandelt:
Die beiden Decalbögen enthalten nahezu ausschließlich die großen Markierungen, dazu ein paar kleine Wappen und Individualkennzeichen und keine Wartungshinweise:
Auffällig ist der Kokardensatz mit den ausgefransten Rändern, die Beschädigungen darstellen:
Der Druck der Decals ist makellos. Wie mittlerweile bei Special Hobby üblich, kann der Trägerfilm nach dem trocknen vorsichtig abgezogen werden und ergibt ein sehr realistisches Abbild der Markierungen. Das hat nicht jeder Anbieter.
Die Bauanleitung beginnt mit einer historisch-technischen Einführung:
Es folgt die Darstellung des Bausatzinhalts bei der die zahlreichen nicht benötigten Teile gut gekennzeichnet sind:
Die folgende Zusammenbauanleitung ist mit den farbigen Darstellungen auf den aktuell üblichen Stand gebracht worden. Es beginnt mit dem Innenausbau, der sich auf viele genau beschriebene Baustufen erstreckt:
In den nachfolgenden Baustufen ab Nr. 15 muss zwischen den verschiedenen Untervarianten der Markierungsausführungen/Kanzelvarianten unterschieden werden. Das ist von Special Hobby genau bezeichnet:
Ab Baustufe 33 geht es dann an den Zusammenbau der Tragflächen mit den Fahrwerkschächten. Mit dem Anbau der Tragflächen und der Höhenleitwerke ist die Konstruktion in den großen Teilen vollendet:
Mit der Konstruktion der Motoren und deren Anbau, den Motorhauben, den Rädern und Propellern sowie vieler kleiner Ätzteile für die Anlenkungen der Ruder und der Ring- und der Stabantenne ist der Zusammenbau dann vollendet. Gerade die Ätzteile ermöglichen hier eine sehr filigrane Ausführung. Vorteil Special Hobby!
Die drei Ausführungs-, Lackierungs- und Markierungsmöglichen basieren alle auf dem gleichen Oberflächentarnanstrich im frühen WK II Muster der RAF. Möglichkeit A ist ein Flugzeug der Freifranzösischen Streitkräfte aus dem Jahr 1943 in Westafrika mit großen Lothringerkreuzen und den Unterseiten in Sky. Diese Markierungen sieht man selten:
Möglichkeit B ist die einzige mit der schrägen Frontverglasung und gehörte 1940 zu einer RAF-Staffel mit niederländisch Soldaten. Entsprechend führt sie am Seitenleitwerk kleine alte niederländische Markierungen. Die Unterseiten sind hier metallisch lackiert, die Tarnfarben der Oberseite sind auch anders gemustert, als die beiden anderen Alternativen:
Die dritte Maschine gehörte 1945 zur Beobachter- und Navigatorenschule Nr. 6 der RAF. Die Unterseite ist hier wieder in Sky. Die Markierungen sind eher unspektakulär, es sind jedoch große Modexnummern unter den Tragflächen vorhanden. Dieses Flugzeug soll zu dieser Zeit vom langjährigen Einsatz einen schon arg ramponierten äußeren Eindruck gemacht haben, der in der Ansicht bis auf die angekratzten Kokarden allerdings nicht dargestellt wird. Also ein schönes Projekt für die Alterungsspezialisten:
Fazit
Wir haben hier also einen in der Grundkonstruktion schon älteren Bausatz mit den Einschränkungen aus den noch verwendeten Short-Run-Teilen, die wiederum zu den besseren dieser Herstellungsmethode gehören. Er ist nun durch sinnvolle Zugaben auf ein erheblich verbessertes und beim Bau einfacher zu handhabendes Niveau gehoben worden. Es ist schon einiges an Ätzteilen an Bord, was bei einem Preisvergleich zu berücksichtigen ist. Diese Wiederauflage kann insgesamt gut mit dem neueren Angebot mithalten. Hätte ich nicht gedacht. Damit ist auch dieser Bausatz empfehlenswert.
Erhältlich direkt im Special Hobby online-shop.
Hermann Geers, Wietmarschen