Der französische Kettenschlepper Chenillette de ravitaillement d’Infanterie Renault UE wurde während des Zweiten Weltkrieges sowohl von der französischen Armee als auch der deutschen Wehrmacht in großen Stückzahlen eingesetzt.
Der polnische Hersteller Mirage hat uns nun eine weitere Auflage dieses Schleppers im klassischen Militärmaßstab 1:35 beschert …
Bevor ich den Bausatz auspacke noch kurz einige Worte zur Geschichte dieses gepanzerten Kettenschleppers:
Schon zu Beginn der 1930er Jahre wurde dem französischen Generalstab klar, dass die Infanterie einen leicht gepanzerten und geländegängigen Schlepper zum Heranführen schwerer Waffen benötigen würde; die französische Panzerwaffe ihrerseits verlangte ebenfalls nach einem gepanzerten Gleisketten-Nachschubfahrzeug und so erging ab Dezember 1930 der Entwicklungsauftrag für einen solchen Infanterieschlepper unter der Bezeichnung „Type N“ an verschiedene Rüstungsfirmen.
Einer der eingereichten Vorschläge war die Chenillette de ravitaillement d’Infanterie Renault UE (wobei „UE“ keinerlei Bedeutung hat – Renault pflegte ihr Modellreihen alphabetisch zu bezeichnen).
Im Frühjahr 1931 war der Renault UE einsatzbereit und aufgrund der drängenden Anfragen der französischen Heeresführung nach der schnellstmöglichen Einführung gepanzerter Kettenschlepper erhielt Renault im Oktober 1931 den Produktionsauftrag und bereits im Dezember wurde 50 Chenillette de ravitaillement d’Infanterie Modèle 1931 R bestellt. Im Juni des folgenden Jahres waren die ersten Renault UE zur TRuppenerprobung ausgeliefert und 1934 begann dann endgültig die Massenproduktion.
Bis Juni 1936 waren immerhin 1200 dieser schnellen, wendigen und geländegängigen Schlepper ausgeliefert, deren Gesamtstückzahl auf 2600 anwachsen sollte.
Ab 1937 forderte der Generalstab dann eine verbesserte Version der Chenillette Modèle 31 Chenillette
Lorraine, Hotchkiss und Fouga reichten Konkurrenzvorschläge ein und als deren Ergebnis wurde die Lorraine37L in größeren Stückzahlen produziert.
Aber der Sieger war letztlich Renault mit seiner UE2 (Chenillette de ravitaillement d’Infanterie Modèle 1937 R). Weitere ca. 2500 Stück dieser nur marginal verbesserten Chenillette wurden produziert, bevor die Wehrmacht ab Juni 1940 die Produktion beendete!
Die Chenillette („kleine Raupe/Kette“) war ein recht bescheidenes Fahrzeug:
2.80 Meter lang, 1.74 Meter breit und gerade einmal 1.03 Meter hoch wurde sie von einem 38 PS „starken“ Motor angetrieben.
Die Tragfähigkeit der heckseitigen Lademulde betrug gerade einmal 350 Kilogramm – nicht wirklich viel für ein Nachschubfahrzeug! Um diese doch eher bescheidene Nutzlast zu erhöhen, wurde ein Anhänger (Renault UK) entworfen, der immerhin nochmals 600 Kilogramm Ladung befördern konnte.
Ähnlich gering wie die Nutzlast war auch der Fahrbereich: Gerade einmal 100 Kilometer konnten mit den 56 Litern Treibstoff zurückgelegt werden! Die Chenillette war ganz offensichtlich NICHT für den modernen Bewegungskrieg, sondern als Unterstützungsfahrzeug in einem statischen Stellungskrieg konzipiert!
Und noch ein Design -„feature“ war eher bizarr: Aufgrund der geforderten geringen Höhe von knapp einem Meter schauten die Köpfe von Fahrer und Kommandant permanent aus dem leicht gepanzerten Fahrzeug heraus! Also entwickelte man sog. „Kalotten“, die die Köpfe beider Besatzungsmitglieder schützten, aber auch eine direkte Kommunikation behinderten – zwischen beiden Soldaten lag nämlich der Motor und eine interne Funkkommunikation gab es nicht! Nur mit Hilfe von roten, grünen, blauen und weissen Lichtsignalen konnten Fahrer und Kommandant miteinander kommunzieren – nicht gerade von taktischem Vorteil!
Für uns Modellbauer von Interesse: Mehr als 3000 REnault UE beider Baulose wurden von der Wehrmacht erbeutet und unzählige dieser kleinen Kettenschlepper fanden als Infanterie UE-Schlepper 630(f) eine weite Verbreitung – als Schlepper, auf Flugplätzen, als „Sicherungsfahrzeuge“ für besetzte Objekte oder als Waffenträger der unterschiedlichsten Art: Die Chenillette Renault UE erlebte so noch einmal eine Art „Wiedergeburt“ – in den Händen der Feinde Frankreichs!
Doch kommen wir nun endlich zum Bausatz:
Der Inhalt der kleinen Schachtel kann sich sehen lassen:
Die Gussrahmen mit den mittelgrauen Spritzgussteilen sind sehr gut gegossen – die Details sind gut wiedergegeben und Gussgrat nirgendwo zu sehen:
Hier noch einmal einige Teile von Nahem:
Die prinzipiellen Aufbauteile vermögen zu überzeugen:
Die einzelnen Teile für das Laufwerk sind -eine ruhige Hand und etwas Geduld vorausgesetzt- einfach zu montieren:
Für die Ketten des Renault UE hat man bei MIRAGE Einzelstränge sowie für die Antriebs- und Leiträder Einzelkettenglieder gewählt:
Für den ebenfalls kettengetriebenen Anhänger hat man nun zwei Kettenstränge aus Vinyl beigelegt:
Die Bauanleitung beginnt mit einer kurzen historischen Einleitung zum Renault UE und den wichtigsten Daten dieses kleinen französischen Schleppers:
Die Anleitung selbst führt in wenigen Schritten durch den Bau des Schleppers sowie seines Anhängers:
Der kleine Bogen mit den Nassschiebebildern …
… erlaubt die Darstellung verschiedener französicher UE:
Die Farbangaben geben neben den generischen namen auch die Nummern für das HUMBROL- und VALLEJO-Farbsystem an:
Mein Fazit: MIRAGE legt uns hier einen wirklich schönen Bausatz des REnault UE auf den Basteltisch – filigran gegossene Spritzgussteile, eine fast perfekte Passung und das alles zu einem unschlagbaren „Taschengeldpreis“ von ca. 10 Euro (meine habe ich sogar für nur 5.95 Euros während einer Ausstellung erwerben können!).
Empfehlenswert für jeden, der schon einmal den einen oder anderen 35er Bausatz auf dem basteltisch hatte: Die Laufwerksmontage und die Ketten verlangen doch etwas Fingerspitzengefühl und Erfahrung.
Erhältlich direkt im online-shop des Herstellers.