Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Kit-Archäologie ist mein Steckenpferd – ich geb´s zu!
Und im Falle der He 115 von Revell kommt zur „Ausgrabung“ des Bausatzes auch noch ein wenig Detektivarbeit dazu …
Denn die He 115 von Revell ist gar nicht von Revell!
Der Reihe nach:

Das Jahr 1977 war kein gutes für den britischen Traditionshersteller FROG – nach einigem Hin-und-Her musste das Management das endgültige „Aus“ verkünden! Ein herber Schlag nicht nur für FROG, sondern für die Liebhaber des 1:72er Maßstabes – mit FROG drohten eine Menge schöner Bausätze vom Markt zu verschwinden ….

… oder doch nicht?

Seit Anfang der 1970er Jahre befanden sich alle Formen nicht mehr in Großbritannien, sondern in der Sowjetunion -da ließ es sich einfach günstiger produzieren und die dortigen Machthaber freuten sich über die Devisen, die durch diesen Pakt mit den Kapitalisten dem Aufbau des Sozialisms zugute kamen.

„AlleFormen“?

Nicht ganz – es gab da so einige Bausätze, die sogar die devisenverliebten roten Machthaber ihren sozialistischen Helden der Abeit in den Spritzgussfabriken nicht zumuten wollten:

Bausätze von „faschistischen“ Flugzeugen der Luftwaffe! Diese „schlimmen“ Kits ( Ju 87, Ju 88, Me 262, Bf 109F, Focke Wulf 190A, Heinkel He-219 und andere) waren nicht in der Sowjetunion gelandet und wurden weiterhin in England gefertigt.

Was aber sollte der Rechtsnschfolger von FROG  Novo Ltd. nun mit den Formen anstellen?

Verkaufen – aber an wen?

Und hier kam dann das eueopäische Management von Revell UK und Revell Deutschland in’s Spiel: Eine Anfrage in der Firmenzentrale von Revell USA und es gab grünes Licht für den Erwerb der 19 Formen.

Allerdings wurden nur neun Formen in’s eigene Revellprogramm übernommen:

Die Ar-234, die Do-17, die Do-335, die Fiat G 55, die He-111, die He-162, die Me-110, die Me-410 und die Ta-152 H. Die FW-190, die He-219, die JU-87, die Ju-88, MC 202, die Zero, die Me-109F und die Me 2262 verblieben zwar im Formenfundus von Revell, lagern dort jedoch ungenutzt bis heute.

Aber was ist mit der Heinkel He 115? Die st doch angeblich auch ursprünglich von FROG?

Nun: 1974 begannen bei FROG die Planungen für den Bausatz F418. Allerdings konnte dieser Kit nicht mehr erscheien, weil FROG mittlerweile pleite war – und Revell hatte die Formen bereits übernommen. Zwischenzeitlich gab es jedoch seit 1976 die He 115 von Matchbox (PK-401). Da die FROG-Formen der F 418 fertig wsren, entschied man sich, die eigene He 115 in’s Rennen um die Käufergunst zu schicken und veröffentlichte den Bausatz mit der Nummer H-241.
Interessantes am Rande: Seit Übernahme der Firma Matchbox durch Revell findet sich auch deren He 115 im Revellprogramm – sie ersetzte folglich die FROG-Form.

Mein besonderer Dank geht an meinen Freund Matthias Muth vom PMC Sachsen-Anhalt – ohne seine Informationen hätte ich dieses historische Intro nie so hinbekommen!

Doch nun endlich zum Bausatz – der, oh welch Überraschung, in einer stabilen und praktischen Stülpkartonage daherkommt:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-28 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241Früher konnte man das noch!

Der Inhalt:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-2 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241Ich bitte unsere Leser um Verzeihung, aber der Inhalt war tatsächlich schon beim Erwerb arg „zerrupft“!

Die beiden Rumpfhälften:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-3 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Zeitgemäß sind sie weder außen noch innen großartig detailliert:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-4 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241Eine durchgehende Bodenplatte, drei angedeutete Sitze und drei Besatzungsmitglieder – das war es dann schon in puncto „Innenleben“!

Die beiden je zweiteiligen Tragflächen teilen das Schicksal der Rumpfhälften – keinerlei nennenswerte Strukturen – weder oben noch unten:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-5 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

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Das Triebwerk – zumindest angedeutete Details:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-7 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Die beiden Hauben mit den massive Führungsschienen für die beiden Motore:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-10 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Die drei Besatzungsmitglieder – mit dem damals in den Siebzigern üblichen „Bauchschuss“ (Materialeinsinkung):Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-9 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Schwimmerteile, eine Höhenflosse, Propeller und das vierte Besatzungsmitglied:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-11 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

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Die spärlichen „Innereien“ der Heinkel:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-15 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Die restlichen Bauteile:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-16 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

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Der Gussast mit den Klarsichtteilen:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-19 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Hier findet man auch mit dem Aufdruck „F 418“ den Hinweis auf die Herkunft bei FROG:
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Die Kanzelteile sind eigentlich ganz in Ordnung und mit ein wenig Polieren sollten sie brauchbar sein:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-20 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Die Bauanleitung – ein heute ungewöhnlicher Mix aus Text und Bildern:

Der Decalbogen …Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-21 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

… erlaubt die Realisierung zweier He 115 der Luftwaffe:Revell-H-241-Heinkel-He-115-C-1-23 Kit-Archäologie: Heinkel He 115 C-1 in 1:72 von Revell # H-241

Fazit
Schwer zu sagen, was als abschließendes Fazit hier stehen sollte:
Einerseits ein Bausatz, der Nostalgiker erfreuen wird;
Andererseits ein Kit, der (logisch!) absolut nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist!
Aber angesichts der nicht vorhandenen Konkurrenz (auch der ebenfalls von Revell vertriebene Matchbox-Bausatz kann nicht wirklich mit heutigen Erzeugnissen mithalten!) bleibt einem keine andere Wahl, wenn man eine He 115 in 1:72 bauen möchte …
Wer nicht an den Maßstab gebunden ist, sollte besser zur Heinkel He 115 in 1:48 von Special Hobby greifen!

Dr. Michael Brodhaecker, Lingen