Kit-Archäologie: Thomas Flyer in 1:25 von AMT / Matchbox #PK-4101

“Stellen Sie sich das vor: 6 Autos, 17 Konkurrenten, eine Reise von 35.200 Kilometern und 6 Monate Fahrt durch Amerika, Asien und Europa. Dies ist eine Geschichte über ein Rennen, das Dakar wie eine Gartenparty aussehen lässt. Auch heute noch wäre ein solches Abenteuer eine große Herausforderung, aber 1908 war es an der Grenze zwischen gesundem Menschenverstand und völligem Wahnsinn. Trotzdem haben alle Anwärter überlebt, aber um es noch verrückter zu machen, wurde der Gewinner von der Jury gewählt.“[…]

 „Ich denke, das ist der Grund, warum die Leute (250000 an der Startlinie) so interessiert waren zu sehen, welche Art von Wahnsinnigen ihr Leben riskieren würden, um dieses verrückte Rennen zu bestreiten, das übrigens das längste und härteste Rennen der Geschichte ist. Dies war der ultimative Kampf zwischen Mensch, Maschine und Mutter Natur. Im Jahr 1907 erlebten die Menschen das Rennen Peking-Paris, aber das Bedürfnis nach Adrenalin und Prestige zwang sie, etwas noch Wilderes zu organisieren.“

Besser als es Alan Redzepovic für drivetribe.com in den einführenden Worten beschrieben hat, geht es nicht. Es trifft die Pionierleistung auf den Kopf. Es veranschaulicht, was die Teams geleistet hatten (und wie sie tricksten).

Man stelle sich vor, ein Fahrzeug – kein LKW! – mit 770 Liter Kraftstoff beladen…35tsd Kilometer über drei Kontinente. Durch Alaska und Sibirien. Durch starken Schnee und tiefe Sümpfe. Zu einer Zeit, als feste Straßen in Städten vorhanden waren und alles andere waren Pisten. Zu einer Zeit, in der nur wenige der Teilnehmer schon einen Führerschein hatten – und die das Fahren erst auf der Piste lernten. Unvorstellbar? Ja. Ein Rennen, in dem die Teilnehmer nach nur wenigen 100 Kilometer fest stellten, dass es kein Rennen, sondern ein Kampf ums Überleben ist.

Zur Beruhigung: der Thomas-Flyer hatte nur 380 Liter an Bord.

 Das alles geschah mit Start vom 12 Februar 1908. Der Sieger war nicht das Deutsche Protos-Team, das die Ziellinie am 26. Juli überquerte. Thomas Flyer erreichte 4 Tage später das Ziel, das dritte Team überquerte erst am 17. September die Zielline und weil die deutschen etwas tricksten und 26 Tage Penalty bekamen, wurde das Amerikanische Team Thomas Flyer zum Sieger gekürt.

THOMAS-FLYER (USA) – die Sieger

Thomas Flyer war das amerikanische Auto, das ein internationales Rennen gewann, und es wird derzeit neben seiner Trophäe im National Automobile Museum in Reno, Nevada, ausgestellt.

Das amerikanische Team war mit einem 4-Zylinder Thomas Flyer 50/60 von der E.R. Thomas Motor Company, ansässig in New York, vertreten. Es verfügte über 60 PS und war eigens für dieses Rennen von einem 7-Sitzer auf einen 2-Sitzer umgebaut worden. Die Fahrer waren Montague Roberts und George Schuster; das Auto wog 2,5 Tonnen und hatte 380 Liter Treibstoff.

Der Bausatz des Thomas-Flyer:

Dem Siegerwagen gewidmet, erschien der Bausatz erstmalig 1976 von amt (# T232) und ist nur ein zweites mal 1981 aufgelegt worden. Das ist schon jetzt über 40 Jahre her und er wurde nicht wieder aufgelegt. Diesen Bausatz möchte ich besprechen.

Geschuldet dem Alter ist der Karton etwas ramponiert, aber man kann immer noch die schön gestaltete Schachtel (den Stülpkarton ? ) betrachten:
AMT-Matchbox-PK-4101-Thomas-Flyer-2 Kit-Archäologie: Thomas Flyer in 1:25 von AMT / Matchbox #PK-4101Zeigt es auf dem Deckel und den Stirnseiten das Siegerauto sogar mit dem Schriftfehler Erinnerungs-Nodell, sind die Seiten mit (nicht ganz korrektem) Daten über das Rennen und Modell versehen sowie die Level-Angabe: drei von vier:
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Schauen wir mal in die Schachtel:
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In einem immer praktischen Stülpkarton erwarten uns nun sechs weiße und einen messingfarbenen Spritzling. Ein kleines Klarteil und keine Gummireifen. Eine Bauanleitung und Decals machen das Modell komplett.

Wie bei vielen alten Bausätzen lösen sich gerne Bauteile von den Gießästen. Auch wie bei vielen alten Bausätzen ist der Geruch, den es ausstrahlt einzigartig.
Grundsätzlich sind die Bauteile von der Oberfläche sehr sauber gespritzt. Sie haben eine sehr gute Detailtreue, glänzende Oberfläche wo es sein soll, sind scharfkantig und es gibt soweit nichts zu meckern:
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In den weiteren Detailaufnahmen sieht man die sehr gut gearbeiteten Räder mit etwas großem Ventil, die schönen Holzstrukturen oder andere Oberflächen:

Bei den Messingteilen sei noch erwähnt, dass sie für das Alter noch sehr gut erhalten sind:
AMT-Matchbox-PK-4101-Thomas-Flyer-23 Kit-Archäologie: Thomas Flyer in 1:25 von AMT / Matchbox #PK-4101Bei den messingfarbenen Teilen sieht es etwas anders aus. Man kann meinen, die ehemals verchromten Teile wurden mit goldfarbe gebadet. Die Oberfläche ist aus heutiger Sicht nicht so prickelnd. Sie ist doch sehr unregelmäßig.

Bei den klaren Bauteilen lässt sich nicht viel sagen. Scheinwerferlinsen und eine Petroleumlampe – keine Windschutzscheibe:
AMT-Matchbox-PK-4101-Thomas-Flyer-11 Kit-Archäologie: Thomas Flyer in 1:25 von AMT / Matchbox #PK-4101Alles im grünen Bereich.

Nur an den Blattfedern, Kardanwelle und dem daneben angegossenen Rahmenteil sind Fischhäute zu erkennen:
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Decals gibt es auch!
AMT-Matchbox-PK-4101-Thomas-Flyer-10 Kit-Archäologie: Thomas Flyer in 1:25 von AMT / Matchbox #PK-4101Sie sind in Anbetracht des Aters super erhalten. Wenig benötigt, gestochen scharf!

Das war es schon an Bauteilen.

Die Bauanleitung gibt zu Beginn Hinweise für das Lesen der Bauanleitung und Symbolerklärungen:
AMT-Matchbox-PK-4101-Thomas-Flyer-5 Kit-Archäologie: Thomas Flyer in 1:25 von AMT / Matchbox #PK-4101 Dann starten die Bauschritte. Begleitet werden die Bilder mit einer minimalen Handlungsanweisung je Bauschritt. Etwas verwirrend oder überfrachtet sind auf den ersten Blick zum Beispiel die Bauschritte 15, 17 und 25, aber man muss sich auch die Zeit nehmen und genauer betrachten:

Ein Bemalungshinweis findet sich nicht – das kommt erst auf der letzten Seite:
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Mein Fazit:
Auch bei diesem Bausatz habe ich immer das Alter im Hinterkopf. „Für das Alter“ ist er sehr gut hergestellt. Von der Bauweise ist er wieder etwas anderes als zum Beispiel die Oldtimer von italeri. Der Thomas-Flyer verfügt nur über Einzelteile, die die Karosserie bilden.

Er verfügt über messingfarbene Teile, die aus meiner Sicht komplett überarbeitet werden sollten. Wie bei vielen Chromteilen gibt es bei mehrteiligen Bauteilen die unschönen Klebenähte. Will man es ordentlich machen, heißt das entchromen, zusammenbauen, neu lackieren. Das bleibt bei diesem Bausatz nicht aus.

Die Reifen sind aus Plastik – muss man halt abkleben und lackieren. Da gibt es schlimmeres.

Was werde ich damit machen? Natürlich wird er irgendwann einmal gebaut. Da das Original (und entsprechende Bilder) noch existiert bietet sich eine Replik mit all den Gebrauchsspuren an. Oder man lässt der Fantasie noch weiteren freien Lauf und versetzt sich in die Zeit des berühmtesten Rennens der Motorgeschichte zurück. Verrückt!

Dominik Weitzer, Modellbaustammtisch Recklinghausen