Die Eduard-Ausgabe der 1:48er L-39 Albatros von Special Hobby hatten wir bereits an anderer Stelle ausführlich vorgestellt – und jetzt soll der Konkurrenz-Kit von Trumpeter etwas näher unter die Lupe genommen werden …
Ich fange das heutige Review mal mit einer akademischen Klugscheißerei an:
Der Bausatz soll eine L-39C ALBATRO darstellen – und keine Albatros! Dieses fehlende „s“ zieht sich durch den ganzen Bausatz! Warum man nicht dazu in der Lage war, den korrekten Namen aufzudrucken, ist mir ein Rätsel!
Typisch Trumpeter/HobbyBoss-Konsortium, die es ja oft nicht allzu genau mit der Vorbildtreue nehmen?
Doch dazu später mehr – nur vorab soviel: Auch bei den Plastikteilen stimmt das eine oder andere Detail nicht und verrät schlampige Recherche durch die Bausatz-Designer!
Das Positive ist jedoch der unglaublich aufwändige und stabile Karton:
Wow! So verpackt man heutzutage Bausätze!
Und jeder Gussrahmen ist dann nochmal separat eingepackt:
Klimaaktivisten und Umweltfreunden wird diese Plastik“verschwendung“ den Atem rauben – aber mal ganz ehrlich:
Bei unseren Bausätzen wird mit Polystyrol nur so um sich geworfen – ob es da die einzelnen Polybeutel noch rausreißen?
Und die Spritzlinge zeugen von der Trumpeter-/HobbyBoss-typischen Produktionsqualität:
Randscharfe Paneele, kaum verwaschene Details und -das kann ich jetzt schon sagen- eine exzellente Passgenauigkeit ziehen sich durch den gesamten Bausatzinhalt:
Für die Lufteinläufe gibt es separate Teile:
Ich denke, man sollte diese VOR der weiteren Rumpfmontage festkleben – just in case! Es könnten Schleifarbeiten beim Übergang Rumpf/Lufteinlass anfallen!
Bei den Rumpfhälfen fällt bei genauer Betrachtung der erste Recherche-/Designfehler auf: Der Bugbereich ist in der Geometrie etwas daneben – da hat Eduard/Special Hobby die Nase deutlich vorn – um es mal so zweideutig auszudrücken:
Der Special Hobby-Kit mit der korrekten Bugnase!
Der Rahmen für die dreiteilige Tragfläche:
Die Details sind einfach gehalten, aber von einer umwerfenden Spritzgussqualität:
Störend (zumindest für die Zivilversion) sind jedoch die bereits vorhandenen Aufnahmelöcher für die Außenlasten und Pylone:
Keine Frage: Die müssen für die Breitling-Jets zugespachtelt werden!
Zumal auch keinerlei Außenlasten wie etwa Treibstofftanks dem Bausatz beiliegen – die zumindest sind bei einigen Breitling-Photos vereinzelt zu sehen!
Und der Witz: In der Bemalungsanleitung werden diese Zusatztanks sogar extra erwähnt – nur liegen sie dem Bausatz nicht bei!
Der dritte Spritzling:
Die beiden Höhenruder sind recht hübsch geworden …
… und überzeugen an den Unterseiten mit (wenn auch recht dicken) Details:
Die Hauptfahrwerkklappen sind innen rudimentär strukturiert …
… was aber nicht wirklich in´s Gewicht fällt: Sofort nach der Landung sind diese Klappen wieder geschlossen!
Die Teile für das Fahrwerk sind einfach gehalten, aber ok:
Auch das recht einfach gemachte Fahrwerkschachtinnere …… verschwindet bei einer abgestellten Maschine unter den Klappen! Deshalb ist die Detaillierung ok, da man sie eh kaum sehen wird!
Am nächsten Rahmen finden sich die beiden Schleudersitze sowie die Steuerknüppel:
Die Sitze selbst werden noch durch Kopfpolster (am gleichen Spritzling) ergänzt und haben leider spielzeughafte Gurte aufgespritzt:
Selbst für einen anfängertauglichen Bausatz kann man nur sagen: Das geht gar nicht!
Doch glücklicherweise gibt es bei Eduard Ersatz … oder man kauft gleich die Quick&Easy Ersatzsitze von CMK.
Bevor man das Eduard Gurtzeug anbringt, zuerst die alten Gurte abschleifen und dann die seitlichen Sitzbereiche ankleben:
Die beiden Instrumentenbretter …
… sollen mit Decals verschönert werden:
Auch hier würde ich zu Eduards Zurüstsets raten!
Die Cockpitwanne …
… wird noch mit Bedienelementen samt dazugehöriger Decals (siehe oben) versehen:
Der letzte graue Gussrahmen:
Und dieses Teil wandert in die Restekiste:
Jetzt kommen wir zu den mehr als vorbildlich verpackten Klarsichtteilen:
Und die sind wirklich absolut schlierenfrei und mehr als transparent:
Soweit … so gut!
Aaaber: Die Geometrie der Hauben stimmt absolut nicht mit dem Original überein! Die Seiten sind einfach nur nach unten verlaufend – und müssten eigentlich (wie seltsamerweise auf dem Deckelbild angedeutet) eher blasenförmig verlaufen – wie hier gut zu sehen:
Quelle: https://www.skytamer.com/1.2/2000/0227.jpg
Wer will, kann die separate Kanzel von Special Hobby verwenden – allerdings kann ich (noch) nichts zum Umfang der Anpassungsarbeiten sagen!
Zum Abschluss gibt es noch eine kleine Ätzteilplatine mit diversen Blattantennen und Abzuggriffen für die Schleudersitze:
Die Bauanleitung in DIN A4 Querformat verzichtet leider fast vollständig auf Farbangaben:
Seltsam finde ich auch, dass nirgendwo darauf hingewiesen wird, die Aufnahmelöcher für die Pylone an den Tragflächenunterseiten zu verschließen! Es handelt sich ja schließlich bei dieser Ausgabe um die zivile Breitling-Version!
Und die sieht wirklich spektakulär aus:
Unten rechts sieht man nochmal deutlich die beiden (im Bausatz NICHT vorhandenen!) Zusatztanks!
Mit dem großen Decalbogen …
… samt kleiner Ergänzung …
… kann jede der Breitling-Maschinen dekoriert werden – klasse Idee!
Nach über 60 Bildern und viel BlaBla will ich mich abschließend noch zu einem (zugegeben laienhaften!) Fazit hinreißen lassen:
1. Ein absolut anfängertauglicher Kit, der sehr einfach in der Montage ist
2. Hervorragend gespritzte Teile mit klasse Gravuren und Nietreihen (wobei ich gestehen muss, nicht zu wissen, ob die nun wirklich alle vorbildgerecht sind – aber sie sehen einfach schick aus!)
3. Zwei fragwürdige Stellen (Bugnase und Kanzel), die jeden Detailverliebten zum Wahnsinn treiben oder bei ihm einen Schreikrampf auslösen
4. Einfach wiedergegebene Details – siehe unter Punkt 3 in Sachen Wahnsinn/Schreikrampf
5. Exotische Decals – mal was Anderes als immer nur waffenstarrende Albatros!
Ich selbst werde (hoffentlich) Spaß beim Bau dieser L-39 in Breitling-Optik haben und störe mich weder an der Nase noch an der Haubengeometrie – aber richtigen Profis kann ich nur empfehlen: Kauft den Special Hobby Kit und ärgert euch nicht mit diesem Easy-Kit herum!
Allen anderen, die einfach nur mal so zum Spaß ne Albatros bauen wollen, kann ich den Kauf durchaus empfehlen – man darf halt in puncto „Vorbildtreue“ nicht zuviel erwarten!
Erhältlich bei Modellbau Universe.
Dr. Michael Brodhaecker, Lingen