Ich liebe exotische Vorbilder – und wenn sie dann auch noch mit exotischen Markierungen daherkommen, ist es meist um mich geschehen!
Wie im Fall der Letov Š-20 des tschechischen Herstellers KP …
„KP? Da war doch was?“
Richtig: Kovozávody Prostějov war DER tschechoslowakische Traditionshersteller von Modellbausätzen – vergleichbar mit Revell in Deutrschland, Airfix in Großbritannien oder Heller in Frankreich. Die Bausätze aus KP-Produktion haben Generationen von Modellbauern in Ost und West begeistert – Typen wie die Siebel 204, Arado 96 oder die Avia S-199 fanden auch in Westdeutschland begeisterte Abnehmer – doch irgendwann in den 1990er Jahren war dann „Schluss mit lustig“ und KP verschwand in der Versenkung. Bis ca. 2014/2015 der tschechische Unternehmer Petr Muzikant die Namensrechte erwarb und den Traditionsnamen KP wieder reaktivierte – allerdings mit gänzlich neuen Bausätzen!
Viele davon waren entweder short-run oder Wiederauflagen älterer tschechischer und einiger Heller-Kits.
Aber es gab auch tolle Bausätze wie die P-51 Mustang, die Spitfire Mk. V und Mk. IX oder die Messerschmitt F- und G-Reihe – alle im Maßstab 1:72 und bei Erscheinen „the only game in town“. Mittlerweile sind viele der Bausätze von wesentlich besseren Kits überholt und auf den Standstreifen verwiesen worden – aber es gibt viele Bausätze, die zum Einen immer noch konkurrenzlos sind und zum Anderen auch mit einer ansprechenden Spritzgussqualität punkten können … wie eben die gleich vorzustellende Letov!
Doch zuvor eine ganz kurze Info zum Vorbild:
Die Letov Š-20 war ein konventioneller Doppeldecker in der üblichen Holz-/Leinwandkonstruktion und wurde in 105 Exemplaren für die tschechoslowakische Luftwaffe und in 10 Exemplaren für die litauischen Streitkräfte hergestellt.
Ein 260 PS starker Hispano-Suiza Motor trieb die kleine Letov auf immerhin 256 km/h an – eine, wie ich finde, für die damalige Zeit beachtliche Leistung!
Die mit zwei synchronisierten Vickers-MG ausgerüstete Maschine hatte nur eine kurze Lebensdauer bei den Streitkräften: 1925 in Dienst gestellt, wurde sie in der Tschechoslowakei schon 1936, bzw. sogar schon 1 Jahr früher bei der litauischen Luftwaffe ausgemustert.
Und damit möchte ich endlich einen Blick in die etwas unpraktische Faltschachtel werfen – darin enthalten: Ein grauer Gussrahmen, die Bauanleitung, die Decals sowie ein Azetatfilm für die Windschutzscheibe -doch dazu später mehr.
Die beiden Rumpfhälften sind sehr gut strukturiert …
… was auch für die beiden durchgehenden Tragflächen gilt:
Die Kleinteile sind filigran wiedergegeben ohne störenden Gussgrat und die Alternativteile für das Heck sowie die übrigen Teile sind sehr akkurat gespritzt:
Am Gussrahmen befinden sich zwei unterschiedliche Propellertypen …
… und für den Cockpitbereich sind ein schönes Instrumentenbrett sowie ein Pilotensitz mit bereits angegossenem Gurtzeug vorhanden:
Die Bauanleitung weist eine kurze zweisprachige Geschichte des Letov-Jägers auf …
… und führt in wenigen Bauabschnitten durch die Montage des Kits:
Das Einzige, was mich stört: Die kleine Windschutzscheibe liegt nicht als Plastik- sondern als Acetatfolienteil bei, das man noch zurechtschneiden muss!
Der sehr gut gedruckte und farbenfrohe Decalbogen …
… erlaubt die Realisierung folgender litauischer Letov:
Fazit
Ich gebe zu: Ich bin bei Bausätzen aus dem Hause Kovozavody/AZ Model/ Admiral immer etwas zurückhaltend – zu oft habe ich, gerade bei neueren Kits, grottenschlechte Bausätze in den Händen gehalten und einige sind sogar direkt in die Tonne gewandert …
Aber bei diesem Kit muss ich der Fairness halber sagen: Er füllt wirklich eine luftfahrthistorische Lücke im 1:72er Angebot und schaut sehr gut aus!
Wenn er dann so gut baubar ist, wie es der Spritzling verheist, dann würde mich das freuen und er würde einen würdigen Platz in meiner kleinen Sammlung tschechoslowakischer Flugzeuge der Zwischenkriegszeit einnehmen.
Erhältlich bei Modellbau König.
Dr. Michael Brodhaecker, Lingen