Die heutige Modellbesprechung steht unter dem Motto „Zeitenwende“ – ein Begriff, den wir in den letzten Monaten immer wieder gehört haben und ein Begriff, der klar auch mit der Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine verbunden sein wird …
Mit der „Zeitenwende“ verbinde ich als Modellbauer aber auch die Entwicklung der ukrainischen Modellbaufirmen, eine Entwicklung die man an vorliegendem Modell sehr gut ablesen kann.
Der Geist von Kiew – eine der patriotischsten Legenden (und gleichbedeutend mit den Verteidigern der Schlangeninsel) und also auch ein Thema, das die patriotisch gesinnte Modellbaufirma ICM gerne aufnimmt!
Aber was ist nun der Hintergrund dieses „Geistes von Kiew“?
Angeblich soll ein einzelner Pilot mit seiner MiG-29 in der ersten Kriegswoche insegesamt 40 russische Flugzeuge abgeschossen haben – eine Tat, die natürlich den Stolz der ukrainischen Luftwaffe ganz enorm gehoben hat – zumal die Luftüberlegenheit bislang eindeutig bei der russischen Luftwaffe liegt!
Der Geist war, so will es die Legende, der ukrainische Major Stepan Tarabal´ka, ein 29-jähriger Militärflieger, dessen offiziellen „Heldentod“ das ukrainische Verteidigungsministerium am 13. März meldete.
Aber – das gleiche Verteidigungsministerium meldete auf Facebook auch, dass der „Geist von Kiew“ eine „Superhelden-Legende sei, deren Charaktere von Ukrainern“ geschaffen wurde. „Wir bitten die ukrainische Community die prinzipiellen Regeln der Netz-Hygiene nicht zu vergessen und die Information auf ihren Wahrheitsgehalt zu kontrollieren, bevor sie verbreitet werden.“
Der „geist von Kiew“ sei vielmehr ein kollektives Bild der Piloten der ukrainischen Luftwaffe, die in den ersten Kriegstagen den Himmel über Kiew verteidigten!
Ob es den „Geist von Kiew“ wirklich geben hat, können wir hier nicht beantworten – ich würde es der ukrainischen Bevölkerung aber wünschen, hat der „Geist“ doch in den schweren Zeiten etwas Hoffnung gespendet.
Wer an Fakten interessiert ist, der möge einmal auf der Seite der Deutschen Welle schauen!
So nun aber genug von der Politik und den aktuellen Ereignissen – kommen wir zum Modellbau zurück. Mal schauen, was uns da ICM in den Karton gelegt hat:
Die Bauteile sind schon mal sicher verpackt und der Karton kann auch zur sicheren Aufbewahrung von Baugruppen verwendet werden:
Wie man sehen kann, sind die Bauteile überschaubar gehalten und versprechen auf den ersten Blick einen schnellen Zusammenbau.
Bevor wir ins Detail gehen, möchte ich den geneigten Käufer aufklären, was er da im Karton findet – nicht dass es am Ende eine Enttäuschung gibt.
Die ICM MiG-29 9-13 hat die Modellbauwelt ab 2008 bereichert, zu einer Zeit wo die Italeri MiG-29 9-12 (A) das Maß aller Dinge war und nach der Aufteilung der Bauteile auch als „Inspiration“ diente. Wer also nach passendem Zubehör sucht, wird sich aus einem reichhaltigen Angebot bedienen können – ob es am Ende auch der Mühe und des Geldes wert ist, muss jeder für sich entscheiden.
Fangen wir mit dem Rahmen „A“ an, der auf dem ersten Blick in Ordnung aussieht – beim genaueren Hinsehen fallen einem die Angüsse auf, man schaue sich nur die Treibwerke an:
Die obere Rumpfhälfte bietet einige Möglichkeiten der Verbesserung:
Die Gravuren sind nicht so scharf wie man es heute gewohnt ist, auch verlaufen einige ins Leere. Auch ist die Ausformung nicht immer gleich, man sieht unterschiedliche Abstände:
Der kleine helle Fleck ist eine Sinkstelle,von denen es recht wenige gibt, man beachte die Gravuren, die ins Leere gehen:
Die untere Rumpfhälfte hat im hinteren Triebwerksbereich eine starke Beschädigung – entweder ist die Form da defekt oder die noch warmen Gussäste sind anderweitig beschädigt worden:
Der Rahmen „B“ hält die Tragflächen und Kleinteile bereit:
Auch hier sehen wir Angüsse, die stark ins Bauteil übergehen, auch müssen diese noch von Gussresten gesäubert werden. Die Fahrwerksklappen sowie das Fahrwerk selbst sind vor der Montage „zu Putzen“, man darf also Schleifpapier und Spachtelmasse verwenden. Das Cockpit selbst besteht aus einer Wanne und einen Gartenstuhl als K36 Schleudersitz, dafür ist das Instrumentenboard sehr gut geworden:
Schleifen entgraten und anpassen wir dem Modellbauer bei der Montage begleiten, als Modellbauanfänger könnte man da ganz schnell die Lust verlieren. Für denjenigen der schon die Erstauflage in den Fingern hatte, wird über diese Probleme schmunzeln. Wie heißt es so schön? „Früher gab es ja nichts!“ Da hat man einfach das Cockpit durch eins von Palva ersetzt, das Fahrwerk und Klappen aus dem Italeri Modell genommen und für das Triebwerk hat man eh Aires verwendet. Da spielte es auch keine Rolle mehr, dass man einige Gravuren verlängert oder gleich neu graviert hat. Man war einfach froh, dass man sich seine MiG-29 9-13 C bauen konnte, man wurde selbst aktiv und hat ganz neben bei seine Modellbaufähigkeiten verbessert.
Die Bewaffnung sind auf dem Rahmen „C“ verteilt:
Die Zusatztanks waren damals „der Knaller“ man musste sich vor ICM aus Zusatztanks für die Su-25 selbst was zurecht basteln. Was die Detaillierung angeht, können die Bauteile mit den aktuellen Modellen nicht mithalten:
Wie immer zum Schluss kommen die Klarsichtteile:
Diese sind nicht wirklich zu gebrauchen – die Kratzer verteilen sich über die gesamte Haube:
Wer noch eine Italeri MiG-29 A im Lager hat kann diese plündern – ansonsten müsste man bei ICM nach Ersatz anfragen.
(Was allerdings kein Problem darstellen sollte! Einfach icm@icm.com.ua anmailen!)
Das Beste an dem Modell sind die Decals:
ICM erspart dem Modellbauer eine wenig Arbeit und legt das Digitalmuster als Decalbogen bei:
Das schont die Nerven und ist auch von einem Modellbauanfänger zu bewältigen. Auf dem zweiten Decalbogen finden wir die Hoheitszeichen. Beide Bögen zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus, so wie wir es von ICM schon gewohnt sind:
Fazit:
Als Modellbauer muss ich sagen, dass die MiG-29 von ICM ihre besten Tage hinter sich hat!
Aber dennoch werde ich das Modell bauen und es wird auch sicherlich das eine oder andere Zubehör ins Modell fließen. An diesem Modell kann man auch sehr gut die Entwicklung von ICM ablesen, die für mich zu einer der wichtigsten Modellbaufirmen unserer Zeit zählt.
Ich kann allen nur raten: Kauft das Modell und unterstützt damit nicht nur ICM, sondern auch die ukrainische Wirtschaft – sogar das ukrainische Militär erhält einen Teil vom Kaufpreis den man bezahlt. Ob das Modell nun wirklich gebaut wird oder nicht ist am Ende auch nicht wichtig: Wir Modellbauer haben soviel im Lager – da fällt das eine Modell mehr auch nicht mehr auf.
Erhältlich bei Modellbau König.
Michael Schröder, Emden