„NEW“ – so steht es groß auf der Packung von Revell!
Ob die Mirage 2000 C in 1:48 tatsächlich „neu“ ist? Schauen wir gemeinsam in die unpraktische Schüttbox …
Wie fast immer (und zum Leidwesen der Modellbauer) befindet sich der Inhalt NICHT in einer stabilen Stülpkartonage, die wir von so vielen anderen Herstellern gewohnt sind:
Aber – auf den Inhalt kommt es an!
Und der ist … ernüchternd:
Denn zum Vorschein kommt der alte Monogram-Kit aus dem Jahre 1982, was an einer Stelle der Tragflächenhinterkante deutlich eingeprägt ist:
Revell hatte diesen Bausatz erstmals 1997 mit der Nummer 04505 in´s Programm übernommen – mit den gleichen Decals wie in der aktuellen Neuauflage!
Die beiden Rumpfhälften unserer Mirage:
Erhabene Paneellinien wohin das Auge auch schaut!
1982 mag das eventuell noch gerade so akzeptabel gewesen sein – im Jahr 2023 ein absolutes „No go“!
Bei der dreiteiligen Tragfläche dann die Überraschung (zumindest für mich, der ich den originalen Monogram-Kit nicht kannte!) – gravierte Paneele:
Oder vielmehr: Gravuren an der unteren Hälfte …
… die beiden oberen Hälften sind dann wieder mit erhabenen Paneellinien versehen:
Hmmm – entweder man akzeptiert das so oder graviert Rumpf und obere Tragflächen neu!
Seltsam ist dieser Mix allemal und so gar nicht mehr „state-of-the-art“ im Jahre 2023!
Kommen wir zu den restlichen Bauteilen – und fangen mit den Abwurflasten an:
Der große Zusatztank mag ja noch brauchbar sein …
… aber die Raketen?
Verwaschene Strukturen und viel Gussgrat!
Bei den weiteren Details ein ähnliches Bild:
Auch hier muss ich leider schreiben: Das ist nicht das, was Modellbauer heutzutage von Bausätzen erwarten – allenfalls von „vintage“ oder „classic“-Kits, wie sie zum Beispiel Airfix mit entsprechendem Hinweis wiederholt aufgelegt hat.
Auf den Karton „NEW“ zu drucken und dann alte Kits aus den 1980ern hinein zu packen – so was geht gar nicht!
Da mag der eine oder andere Kunde im Spielzeugladen drauf reinfallen – der Modellbauer durchschaut den Trick und wendet sich ab! Und leider schadet das der Marke Revell auf Dauer mehr als man wahrhaben möchte!
Wenn dann noch geradezu wirklichkeitsfremde Werbetexte auf der Revell-hompage zu lesen sind wie etwa die Bezeichnung der Mirage 2000 C als „hochdetaillierte[n] Bausatz“, dann wundert man sich schon!
„Erleben Sie den Nervenkitzel des Modellbaus mit einem Bausatz, der Präzision, Realismus und eine reiche Detailvielfalt bietet.“
Ist das so?
„Was unseren Mirage 2000 C Modellbausatz wirklich auszeichnet, sind die innovativen Bautechniken, die in jedem Detail spürbar sind. Die hochdetaillierten Teile ermöglichen es Ihnen, ein Modell zu erschaffen, das dem Original in beeindruckender Weise ähnelt. Die Möglichkeit, zwischen zwei verschiedenen, authentischen Versionen zu wählen, verleiht Ihrem Modell eine persönliche Note. Zusätzlich werden Sie von der Liebe zum Detail und der hochwertigen Verarbeitung begeistert sein, die diesen Bausatz zu einem wahren Schatz für Modellbau-Enthusiasten machen.“
Innovative Bautechniken?
Wo?
Es sei denn, man will damit auf die Tatsache aufmerksam machen, dass man den Rumpf gravieren muss!
Man soll damit „ein Modell […] erschaffen, das dem Original in beeindruckender Weise ähnelt.“
Naja … „ähneln“ trifft es leider: Das fertige Modell lässt eine Mirage 2000 erahnen!
Ein „wahre[r] Schatz für Modellbau-Enthusiasten“ ist dieser Bausatz gewiss nicht!
Die Klarsichtteile – ganz ok …
… und ausreichend transparent:
Ok, zum Abschluss will ich wenigstens noch etwas Positives vermerken – die Decals:
Die sind wirklich klasse – sowohl was den Druck als auch die Verarbeitung angeht – hier kann Revell wirklich punkten!
Die Bauanleitung kommt Revell-typisch im neuen Design daher und führt präzise durch die Montage unserer Mirage:
Auf dem letzten Bild gut zu sehen – die französischen Tarnfarben müssen ALLE angemischt werden!
Was mich ein wenig verwirrt hat, ist nicht nur die (zumindest nach meinem Empfinden) völlig ungerechtfertigte Jubelorgie im Pressetext auf der Revell-homepage zu einem Bausatz den man allenfalls als „ganz ordentlich“ bezeichnen könnte, sondern auch der Hinweis, dass man das Modell für „anspruchsvolle Spielszenarien“ verwenden könne!
Was in aller Welt sind „anspruchsvolle Spielszenarien“?
So wie wir früher mit dem fertigen Bausatz in der Hand durch´s Kinderzimmer gerannt sind und Motorgeräusche gemacht haben?
Oder was meinte der Marketingexperte damit?
Fazit
Ein schon älterer Bausatz, der mittlerweile schlicht und ergreifend von aktuelleren Kits überholt wurde und allenfalls für Nostalgiker noch von Interesse sein dürfte.
Sorry: Aber da sind wir Modellbauer -auch von Revell selbst- mittlerweile Besseres gewohnt als eine solche Wiederauflage eines 40 Jahre alten Bausatzes!
Wenn dann noch ein wirklichkeitsfremder Pressetext zum Bausatz auf der offiziellen homepage des Herstellers dazu kommt, ist die Häme bei den Modellbauern vorprogrammiert!
Sorry Revell – aber ihr könnt es wirklich besser – sowohl, was eure Bausätze aber auch eure Marketingstrategie angeht!
Wer dennoch dem alten Monogram-Modell auf seinem Basteltisch eine Heimat geben möchte, wird bei Modellbau König bestimmt fündig.
Dr. Michael Brodhaecker, Lingen