Beim diesjährigen Sommerfest von Modellbau-König konnte ich im Schnäppchenmarkt einen Bausatz von AFV-Club zum Sonderpreis ergattern, der eine besondere Weiterentwicklung der Northrop F-5 darstellt …
AFV-Club aus Taiwan hat seinen klaren Schwerpunkt in Militärfahrzeugen, bringt aber auch immer mal wieder einen Flugzeug– oder Schiffsbausatz mit besonderem Bezug zum Heimatland. Dies war auch so beim 48-er Bausatz der späten F-5 Versionen E und F, die im Original zur Ausrüstung der dortigen Luftwaffe ROCAF zählte und in abnehmendem Umfang immer noch im Dienst ist. Dieser Bausatz ist seit knapp 10 Jahren und in den verschiedensten Varianten für eine Vielzahl von Luftwaffen auf dem Markt und stellt wohl das zurzeit beste Modell für diese späten F-5 dar.
Das Original gehörte auch in großer Zahl zur Ausstattung der iranischen Luftwaffe seit Zeiten der Herrschaft des Schah und diese wurden nach der iranischen Revolution Bestandteile der heutigen Luftwaffe der Islamischen Republik, möglicherweise auch der Luftstreitkräfte der Revolutionsgarden. Aus den F-5 wurde die Saeqeh (Donner oder auch Donnerschlag) weiterentwickelt. Größter äußerer Unterschied ist das doppelte Seitenleitwerk in Art wie bei der der F-18, mit der man sie bei einem zu flüchtigen Blick verwechseln könnte. Die Einschätzungen zur Qualität der Saegeh differieren stark. Während der „offizielle“ Iran behauptet, damit ein aktuelles Top-Kampfflugzeug gefertigt zu haben, gehen die Bewertungen auf der anderen Seite bis zu Sanierungen alter Zellen mit verbesserter Manövrierbarkeit durch das Doppelleitwerk, aber allenfalls geringen Aufwertungen bei den „inneren Werten“. Belassen wir es mal für das Original dabei. ….Auf die Änderungen im Bausatz weist die Kartonseite hin:
Der Bausatz enthält in einem mittelmäßig stabilen Karton die Spritzäste in grau und klar. Weiterhin eine kleine Ätzteilplatine, zwei Decalbögen und ein paar Polycaps. Zusätzlich ist noch ein Druck des Deckelbildes ohne Aufschriften zur Verschönerung des Modellbauzimmers oder für ein Display beigegeben:
Beginnen wir mal mit dem oberen Rumpfteil, das ohne Spritzast daherkommt. Hier handelt es sich um das Standardteil für die Ausführung mit dem einteiligen Seitenleitwerk:
Dieses ist in der technischen Ausführung symptomatisch für die Qualität der Spritzgussteile. Ein grauer nicht ganz harter und nicht superglatter Kunststoff. Feine und scharfe Gravuren und erhabene und vertiefte Nietdarstellungen in unterschiedlichen Stärken. Alles macht einen wirklich guten Eindruck; eine Detaillierung auf hohem Niveau. Allerdings ist die Menge der Angüsse außerordentlich hoch. Das erfordert doch einiges an Nacharbeit. Hier noch in der Nahbetrachtung:
Der Spritzast mit den vorderen Rumpfteilen. Die Öffnung im linken Teil ermöglicht den Einblick in einen darstellbaren Raum für die Kanonenbewaffnung:
Auch hier ein paar Eindrücke von der Detaillierung:
Der nächste Spritzast mit Tragflächenteilen, Höhenleitwerk, dem Fahrwerk und dem Hebe- und Schließmechanismus für die Cockpithaube:
Wieder sehr feine Darstellungen an den Tragflächenteilen mit getrennten Rudern, Vorflügeln und Landeklappen:
Die Teile für die og. Hebemechanik sind sehr schön dreidimensional ausgeführt. Hier für die offene oder geschlossene Haube:
Das gleiche gilt für die Fahrwerkteile:
Ein großes Unterrumpf- und Tragflächenteil, weitere Rumpfteile, der große Unterrumpftank, der Verwendung finden soll und Kleinteile liefert der nächste Gussast:
Auch hier sehr gute Gravuren und schöne Detaillierungen in den Fahrwerk- und Luftbremsschächten:
Die Teile für den Hinterrumpf unten und oben weisen erhabene runde Niete auf. Das ist hier auch so richtig dargestellt. In den Makroaufnahmen wirken sie kräftiger, als sie tatsächlich sind:
Besonders gut gelungen sind die offenen Lufteinlässe an den Triebwerkseiten mit einem Innenleben:
Auch die Teile für den großen Rumpftank, der Verwendung finden kann, sind gelungen und geben das Original schön wieder:
Am nächsten Ast finden sich die Innereien fürs Cockpit, die Fahrwerkklappen, die LERX-Flächen (die vorgezogenen Tragflächenvorderkanten) und die Rumpfspitze sowie weitere Kleinteile:
Das zweiteilige Instrumentenbrett und die Seitenkonsolen im Cockpit sind große Klasse. Sehr toll detailliert:
Die Fahrwerkklappen sind innen hervorragend detailliert. Es ist viel zu schade, sie geschlossen darzustellen:
Die Rumpfspitze hat recht kräftige Darstellungen der „Blitzableiter“, die etwas abgeschliffen werden sollten:
Der nächste Spritzast ist doppelt vorhanden, viele Teile sind allerdings gar nicht zur Verwendung vorgesehen. So z. B. die für die kleinen Zusatztanks und den Schleudersitz. Die unteren Tragflächenpylone sind optional. Vorgesehen ist die Verwendung der Luft-Luft-Raketen an den Tragflächenenden und der Teile für die schöne Einstiegsleiter. Die Raketen können allemal als Sidewinder AIM-9P durchgehen und passen damit zu den Iranischen Versionen:
Hier die Rakete und die (sehr gelungenen) Pylone etwas näher:
An einem kleinen Spritzast finden sich die recht nackte Basis für die Cockpitwanne, die Klappen für den Kanonenraum und der Bugfahrwerkschacht:
Die Ausführung ist hier außen gut und innen mit den Strukturen sogar sehr gut:
Weiterhin liegen die Triebwerkauslässe einzeln bei. Sie haben feine Nietdarstellungen an der Außenseite und Ringe innen. Also wieder schön gelungen:
Die Klarsichtteile sind etwas dick in der Ausführung, aber hervorragend klar und haben auch saubere Nietdarstellungen an den Rahmen. Sehr gut gemacht, das Ganze. Die Darstellung mit geöffneter Haube ist hier eine sehr schöne Option, da die Befestigung – die ja häufig auf eine kleine Klebefläche beschränkt ist – hier sehr massiv ausfällt. Da ist das das Ätzteil mit den Rückspiegeln auch gut angebracht:
Hiermit sind alle Spritzgussteile behandelt, die dem Bausatz aus den vorherigen Auflagen beiliegen. Der nächste Ast enthält die für die Saeqeh-spezifischen Ausrüstungen und ein Teil zum Verschluss der Klebelaschen für das alte Mittelleitwerk:
Hier sind gar keine Angüsse mehr vorhanden, anscheinend hat man bei AFV-Club Fortschritte in der Spitztechnik gemacht, denn die Ausführung ist bestimmt nicht schlechter geworden. Jedenfalls sind die Seitenleitwerke ebenso wie die getrennten Seitenruder wieder sehr sauber detailliert:
Das gilt auch für die kräftigen Abdeckungen der Leitwerksbefestigung am Hinterrumpf. Hierfür gibt es keine Montagestifte und -löcher. Die Anbringung hinter der entsprechenden Gravurlinie ist jedoch recht einfach möglich, da die Rundungen die weitere korrekte Ausrichtung schon von allein vorgeben. Weiterhin ist in der Bauanleitung eine Abbildung in Modellgröße vorhanden:
Die Teile für den neuen Schleudersitz wirken auf den ersten Blick etwas kahl und unten etwas grob detailliert. Nun kann man den unteren Bereich nach Anbringung im Cockpit ohnehin nicht sehen. Der Originalsitz, der auch von den Nutzern anderer später Versionen installiert wurde, ist allerdings auch im oberen Bereich ziemlich glatt und Detailarm. Insoweit ist alles in Ordnung. Leider ist kein Gurtzeug vorhanden. Das werde ich noch ergänzen, sonst würde es doch zu „nackt“ bleiben:
Die kleine Ätzteilplatine entstammt dem Bausatz für die Aufklärervariante der F-5 und enthält für die Verwendung in diesem Bausatz einen Rahmen für die Frontscheibe mit Rückspiegeln und zwei Teile für die Darstellung der kleinen Löcher an der Platte („Splitter Plate“) am Lufteinlauf:
Die beiden Decalbögen sind sauber gedruckt. Der Größere ist als in Italien gedruckt ausgewiesen, ein Hersteller ist jedoch nicht genannt. Die Qualität ist soweit man das bisher beurteilen kann auf hohem Niveau: Kräftige Farben, alles fein im Register. Er enthält die großen Markierungen und ebenso eine Auswahl an kleinen Hinweismarkierungen. Der zweite Bogen ist eigentlich ein Korrekturbogen für den ersten, da hier einige der gelben Markierungen zur Verwendung empfohlen sind. Auch hier sieht der Druck gut aus, ein Herstellerland ist hier jedoch nicht genannt:
Mit den Decals können vier alternative Modelle realisiert werden, die in den Markierungsanleitungen genau erläutert werden. Zwei blau-gelbe Demomaschinen, die sich nur in den Seriennummern unterscheiden und wohl gewollt etwas wie die Blue-Angels aussehen:
Und zwei getarnte Maschinen mit dem gleichen Muster in Wüstentarnung, aber kleinen Unterschieden in der Antennenanlage auf dem Rumpfrücken und den Anstellwinkelmessern an den Bugseiten. Auch hier mit unterschiedlichen Serials:
Die Bauanleitung enthält zunächst einen historisch-technischen Abriss der Entstehungsgeschichte und dann folgend einige Hinweise zu den Symbolen in der Anleitung sowie eine Übersicht über die empfohlenen Farben. Es sind die Systeme von GSI-Creos (Gunze), Humbrol, Revell (notwendigerweise reduziert auf nur einige wenige Standardfarben, Mischhinweise sind denn doch nicht dabei) und Lifecolor. Die Farben für andere Systeme lassen sich damit finden, da damit genügend Ansätze dazu vorhanden sind:
Zum Schluss der Anleitung ist an unüblicher Stelle hier eine Übersicht über den Bausatzinhalt eingefügt. Ebenso zwei „Vordrucke“ für die Anforderung von Ersatzlieferungen bei beschädigten Teilen – das ist ein feiner Zug von AFV-Club!
Die eigentliche Bauanleitung ist noch im Old-Style gehalten und in 17 Montagestufen gegliedert, die jeweils mehrere Einzelschritte enthalten. Sie führt sicher durch den Bau und enthält auch einige vergrößerte Detailerläuterungen und die Farbangaben mit generischen Angaben. Nicht bunt, aber trotzdem völlig ausreichend für einen gelungenen Bau des Modells:
Wir haben hier also einen Bausatz auf hervorragendem Niveau, der es gestattet, eine sonst nicht mögliche Nachbildung zu erstellen und der auch mit geringen Modellbauerfahrungen auf jeden Fall gut zu bewältigen ist. Da er mir so gefallen hat, habe ich gleich mit dem Zusammenbau begonnen und kann ohne Einschränkungen eine sehr gute Passgenauigkeit trotz der kleinteiligen Bausatzkonstruktion bestätigen. Diese Zusammenstellung und auch die für andere F-5 Versionen von AFV-Club ist/sind also bestimmt „Sehr Empfehlenswert“.
Erhältlich im online-shop von Modellbau König.
Hermann Gers, Wietmarschen