Special Hobby legt uns mit der Siebel 204 als absoluter Neuheit nun mal wieder einen Bausatz abseits der Kampfflugzeugklassiker auf den Modellbautisch, dessen Nachbildung durch die besondere Optik der abgerundeten Bugkanzel besticht. Es ist schon ein Hingucker! Vor etlichen Jahren gab es mal einen anderen Bausatz, in moderner Spritzgusstechnik ist der Bausatz in 1:48 jedoch allein dastehend …
Das Original war ursprünglich als kleines Passagierflugzeug geplant und wurde von der Luftwaffe als Schul- , Verbindungs- und leichtes Transportflugzeug genutzt. „Klein“ ist insoweit allerdings relativ, der Rumpf hat wohl ein Volumen ähnlich dem der optisch verwandte He 111. Die Siebel war ein sehr modernes Flugzeug, das in Frankreich und insbesondere der Tschechoslowakei – auch noch nach Ende des Zweiten Weltkrieges – hergestellt wurde. Letzte Einsätze erfolgen von Frankreich mit weiterentwickelten Versionen mit anderem Bug noch in Vietnam, Algerien und Marokko. Hier könnten noch interessante Versionen folgen.
Der Bausatz aus dem stabilen Karton finden sich zunächst die Bauanleitung und zwei Beutel mit Spritzästen (die Klarsichtteile sicher nochmals in einem Beutel) und dem Decalbogen. Erst mal alles recht unspektakulär:
Die Ausführung der Spritzgussteile ist sehr gut gelungen. Special Hobby macht hier immer wieder Fortschritte. Feine vertiefte Gravuren und Nietdarstellungen auf den äußeren Oberflächen da wo sie hingehören, kontrastieren mit ebenso feinen erhabenen Darstellungen der Instrumente und Gerätschaften im Inneren. Nur an wenigen Teilen ist an den dünnen Kanten ein wenig Gussgrat vorhanden, die Entfernung ist allerdings kein Problem.
Der Spritzast A beinhaltet die beiden Rumpfhälften:
Hier die angesprochenen feinen und scharfen Gravuren. Die hinteren Türen sind geschlossen dargestellt. Es besteht die Option, die Türen auf beiden Seiten auch geöffnet darzustellen. Dazu müssen die Türen aus diesen Teilen ausgeschnitten werden. In der Bauanleitung wird auf Seite acht „so nebenbei“ auf das Ausschneiden eingegangen – hier hätte ich mir eine etwas deutlichere Ansage“ gewünscht!
Innen im Rumpf sind die Strukturen ebenfalls schön nachgebildet. Leider sind einige Auswurfmarken vorhanden, schließlich müssen die recht großen Teile ja auch aus der Form. Bei geschlossenem Rumpf wird man hiervon nicht mehr viel sehen, ansonsten muss dann leider etwas gefüllt und gespachtelt werden:
Die Äste B und C enthalten jeweils die oberen und unteren Teile der schlanken Tragflächen und Fahrwerkabdeckungen:
Auch hier eine schöne Darstellung der Oberflächen und der Ruder. Die Fahrwerkabdeckungen sind auch innen detailliert:
Leitwerkteile und Motorgondeln sind am Spritzast D versammelt:
Die jeweils zweiteiligen Höhenflächen und Seitenendscheiben und eine Motorgondel mit wieder sehr fein gestalteten Einzelheiten. Die hier teilweise vorhandenen kleinen Kratzer sind nach der Grundierung bestimmt ausgeglichen.
Spritzast E besteht überwiegend aus Fahrwerkteilen:
Hier die Abdeckungen im Fahrwerkschacht, Räder und die charakteristischen Hauben an den Propellern:
Weitere Teile für die Fahrwerkschächte, die Motorgondeln und für eine der oben angesprochenen Hecktüren finden sich an Ast F:
Schließlich finden sich an Ast H (G fehlt und wird wohl Teile für spätere Versionen enthalten) große Teile für die Innenausstattung:
Die Bodenplatten, Zwischenspante mit Vorhängen, viele Teile für die Sitze, für Instrumente und die Wände, die Pedalerie vor den Pilotensitzen usw. sind ganz ausgezeichnet nachgebildet:
Ebenfalls für den Innenraum sind die Teile am Ast I:
Konsolen, Sitze und Sauerstoffflaschen … bis in die Kleinigkeiten ist alles in hervorragender Qualität nachgebildet. Die Innenausstattung ist ein ganz besonderes Highlight dieses Bausatzes; die Bestuhlung z. B. verspricht eine wahre Augenweide zu werden. Schade, dass mit geschlossenem Rumpf selbst bei geöffneten Hecktüren nur sehr wenig davon zu sehen ist:
Zwei kleine Teile haben sich noch gefunden: Die Jalousie vor den Pilotensitzen, um zur Blindflugschulung die Sicht aus dem Cockpit zu verhindern, war vom Ast abgebrochen, aber noch im Beutel. Beigefügt ist auch noch ein einzelnes Resinteil für die Antenne des Schweizer Nachkriegsflugzeugs:
Nun noch zu den Klarsichtteilen. Die sind wegen der teilweise doch extremen Rundungen etwas dick, aber jedenfalls auf der Höhe der Zeit, schön klar und feinst detailliert:
Am Spritzast ist noch reichlich Platz. Es sind auch schon einige Nummern ohne Teile vorhanden. Wir dürfen uns also wohl auf weitere Versionen (es gab ja eine Siebel mit Nachtjagdantennen und die französischen Weiterentwicklungen waren auch da) freuen. Und bei dieser wirklich vorbildlichen Ausgangsbasis sind dies beste Aussichten!!
Der Decalsatz wurde bei Cartograf gedruckt und steht damit für beste Qualität. Er enthält die großen Markierungen und einige kleine Instrumentennachbildungen:
Die Decalausstattung erlaubt drei alternative Markierungen mit zwei Lackierungsvarianten. Zunächst einmal eine normale Schulmaschine der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. Dann folgen besondere Exemplare: Zunächst eine Luftwaffenmaschine, mit der der Großmufti von Jerusalem am vorletzten Tag des Krieges in Europa versuchte in die Schweiz zu fliehen. Dazu wurden die Balken- und Hakenkreuze übermalt. Mit noch feuchter Farbe aus dieser Aktion wurde das Ziel auch erreicht. Die Schweiz behielt das Flugzeug und lieferte den als Kriegsverbrecher gesuchten Verbündeten Hitlers an Frankreich aus. Dort blieb er aber im Endeffekt unbehelligt und landete schließlich im Exil in Ägypten. Das Flugzeug wurde umgerüstet und umlackiert. Die dritte Lackierungsalternative zeigt es in dieser Form:
Die Bauanleitung beginnt mit einem historischen Überblick und der Übersicht über die Spritzäste, an denen einige Teile (noch) nicht benötigt werden:
Die eigentliche und komplexe Anleitung führt mit 88 Baustufen, die dicht an dicht abgebildet sind, mit farblich differenzierten Zeichnungen und guten Hinweisen zur Farbgebung und den Klebepunkten durch den Bau. Immer wieder sind Bezugnahmen zu den vorherigen Bauschritten vorhanden. Man muss schon ein wenig darauf achten, die Übersicht nicht zu verlieren, wenn die Baugruppen z. B. zwischenzeitlich lackiert werden sollen, es ist aber mit ein wenig Erfahrung und Markierung der erledigten Bauschritte allemal zu machen:
Angefangen hat es unspektakulär, zum Schluss darf das Fazit zunächst einmal geradezu begeistert ausfallen. Hier haben wir es nach dem Blick in den Karton mit einem absoluten Spitzenbausatz zu tun!! Wenn die Passung diesem Eindruck entspricht, (und die Trockenpassung der großen Rumpf- und Tragflächenteile, ohne jegliche Nachbearbeitung der Teile und mit wenigen Klebestreifen, spricht dafür) …
… wird die Modellbaugemeinde noch ganz viel Freude an diesem Bausatz und seinen Nachfolgeversionen haben.
Gerade durch den hohen und absolut vorbildlichen Detaillierungsgrad im Innenraum ist es auf jeden Fall einer der besten Bausätze, den Special Hobby in diesem Maßstab jemals selbst entwickelt und hergestellt hat. Damit ist ein ganz außerordentlich hoher Standard erreicht. Weiter so!!!! Natürlich ist so ein Bausatz „Sehr empfehlenswert“.
Erhältlich ist dieser tolle Bausatz direkt im online-shop von Special Hobby oder auch bei diversen Modellbauhändlern.
Hermann Geers, Wietmarschen