Der Steyr/Daimler ADGZ gehört, ich glaube, da lehne ich mich nicht allzuweit aus dem Fenster, zu den weniger bekannten Fahrzeugen in Diensten der Wehrmacht.
Folglich gab es hiervon bislang im Militärmaßstab 1:35 auch nur einen einzigen mir bekannten Spritzgussbausatz, der nicht nur von eher mittelmäßiger short-run Qualität war, sondern leider auch vom Importeur zu einem astronomischen Preis angeboten wurde. Folglich verkauften sich diese Bausätze nur schleppend.
Das hat nun mit dem Erscheinen des HobbyBoss-Bausatzes ein Ende und auch Modellbauer mit weniger als einer Million auf dem Konto können nun endlich dieses Fahrzeug en miniature nachbauen …
Geschichte des ADGZ
Angesichts der doch relativen Unbekanntheit des ADGZ erlaube ich mir an dieser Stelle einige kurze historischen Informationen für unsere Leser bereitzuhalten – wer mag sich schon auf Wikipedia-Artikel verlassen?
1934 verlangte sowohl das österreichische Bundesheer als auch die Polizei des Alpenstaates nach einem modernen Panzerwagen, der nicht nur bei inneren Unruhen (man denke nur an den Naziputsch in Österreich vom Juli 1934!), sondern auch als kampfstarkes Panzerfahrzeug bei der Landesverteidigung eingesetzt werden konnte.
Folglich produzierte der Hersteller Steyr insgesamt 27 (andere Quellen sprechen von 28) ADGZ Panzerwagen.
Der ADGZ war ein recht großes zwölfrädriges Panzerungetüm mit vier Achsen und die Allradaufhängung ermöglichte sowohl den „offroad“-Einsatz als auch die Verwendung in engen Strassen.
Um dies zu erreichen und das Fahrzeug gerade für den Straßenkampf tauglich zu machen, waren Fahrer und MG-Schütze an BEIDEN Fahrzeugenden platziert und konnten auch unabhängig voneinander agieren – Vorwärts- und Rückwärtsfahrt ohne wenden zu müssen: Für Strassenkämpfe perfekt!
Der recht voluminöse um 360 Grad drehbare Turm hatte neben der 2cm KWK noch ein Schwarzlose MG verbaut.
Der 150 PS starke Austro-Daimler M612 Sechszylinder Motor verlieh dem ADGZ eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h auf der Strasse.
Die ursprünglich österreichischen Heeres- und Polizeifahrzeuge wurden nach dem „Anschluss Österreichs“ 1938 der SS zugeführt und im Zuge der Operationen im besetzten Jugoslawien orderte die SS noch einmal 25 Exemplare, um sie im Rahmen der Division „Prinz Eugen“ auf dem balkan einzusetzen.
Berühmt geworden sind die drei ADGZ „Sudetenland“, „Ostland“ und „Saar“, die die Danziger „Heimwehr“ bei der Erstürmung des polnischen Postamtes am 1. September 1939 verwendete.
Inwiefern ein ADGZ mit dem Turm eines T-26 ausgestattet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber angesichts so manch anderer Improvisation wäre es zumindest denkbar!
Der Bausatz des ADGZ
Öffnet man den ungemein stabilen und praktischen Stülpkarton, lachen einem eine Menge von jeweils einzeln verpackter Teile und Gussrahmen an:
Das macht schon mal definitiv Appetit auf mehr …
Das einteilige Oberteil des Panzerfahrzeuges …
… vermag mich ebenso zu überzeugen wie das Unterteil:
Wie man sieht, muss man nur die Angüsse entfernen und schon passen beide Teile aufeinander, als ob sie nie getrennt gewesen wären:
SO stelle ich mir heutzutage modernen Formenbau vor: Kein unnötiges Schleifen und Anpassen! Einfach nur etwas Versäubern und die Teile zusammenkleben. Im Zeitalter von Laservermessung der Originale und Konstruktion der Bausätze mittels CAD sollte das eigentlich kein Zauberwerk mehr sein!
Unsere chinesischen Freunde machen es den Europäern vor …
Auch die weiteren Gussrahmen verraten eine unglaubliche Detailfülle und, wie ich nach der Montage des ADGZ sagen kann, eine fast schon unheimliche Passgenauigkeit!
Der Turm – klasse Benietung, tolle Details und, das Wichtigste: Alles passt hervorragend zusammen!
Zwei der drei Turmluken:
Weitere Details des ADGZ:
Auch die Bewaffnung (von der man bei geschlossenen Luken nicht mehr viel sieht) vermag zu überzeugen:
Jede Menge exzellent gespritzter Kleinteile, tolle und passgenaue Luken …
… die Bewaffnung mit österreichischem oder deutschem MG sowie die Felgen der Räder – alles auf höchstem Spritzgussniveau:
Die wunderschön gegossenen Vinylreifen hinterlassen einen hervorragenden Eindruck:
Ich bin nur skeptisch, inwiefern sich die Weichmacher in den Reifen später bemerkbar machen werden. Spritzguss wäre mir persönlich hier lieber gewesen!
Die Klarsichtteile für die Lampenscheinwerfer …
… und die Polycaps für die Bereifung …
… sowie die Ätzteilplatine runden den überaus positiven Gesamteindruck dieses Bausatzes ab:
Der umfangreiche Bogen mit den Nassschiebebildern …
… ermöglicht die Darstellung mehrer ADGZ in den Diensten der Wehrmacht:
Die Bauanleitung ist HobbyBoss/Trumpeter-üblich und verhilft mit ihren detaillierten Bauschritten zu einem komplikationslosen Zusammenbau:
Mein Fazit zum ADGZ …
… fällt mehr als positiv aus:
Dieser Bausatz ist wirklich in jeder Hinsicht klasse!
Erhältlich im online-shop von Modellbau König.
Dr. Michael Brodhaecker, Lingen