Wer wie ich die klassischen Rennflugzeuge dieser Ära liebt, wird aktuellen Bausätzen zu diesem Thema kaum widerstehen können. Der ukrainische Hersteller AMP hat offenbar seine Liebe zu diesen Racern entdeckt, denn nach der von Doc kürzlich vorgestellten Piaggio P.c.7 ist die heute vorgestellte S.5 der zweite Bausatz dieses Genres innerhalb kurzer Zeit.
Vorbild
Zum Vorbild bin ich einfach mal so frei, die schöne (englische) Beschreibung aus der Bauanleitung zu nutzen (dafür schon mal ein dickes Lob!).
Die S.5 wurde in drei Exemplaren gebaut, es gab die Registriernummern N.119, N.220 und N.221. Für den Antrieb sorgte ein Napier Lion VII-Motor, der in der N.119 ohne Untersetzung ca. 900 PS leistete, in den beiden anderen Maschinen mit Untersetzung ca. 875 PS.
Der Erstflug fand im Juni 1927 statt. Bei der Trophy im September 1927 erreichte die N.219 den zweiten Platz und die N.220 mit 453,282 km/h den ersten Platz.
Die N.221 stürzte im März 1928 bei einem Rekordversuch ab. Der RAF-Pilot Flight Lieutenant Samuel Kinkead kam dabei ums Leben.
Modell
Der recht kleine, aber stabile Karton enthält 4 Gußäste mit 70 Teilen in hellgrauem Kunststoff, die Cockpithaube, eine Platine mit PE-Teilen und einen Decalbogen.
Gleich vorweg: Der Bausatz hat natürlich Short Run-Charakter, aber das sehe ich nicht negativ. Denn auf dem Weg kommen Schätze wie dieser zustande, die bei den gängigen Großserienherstellern wohl nie Beachtung fänden.
Der erste Rahmen enthält die Schwimmer und deren Träger.
Hier sieht man, daß die Qualität der Teile sehr viel besser ist, als man bei einem solchen Kit erstmal erwarten würde. Die Gravuren sind sauber und recht scharf, die Details fein.
Paßstifte sucht man vergebens, aber ich persönlich empfinde das als Vorteil, weil sich die Teile so viel besser und genauer ausrichten lassen.
Kommen wir zum nächsten Gußast mit den Rumpfteilen und den markanten Motorhauben.
Hier sieht man zwar schon einigen Grat, aber man sieht auch schön detailierte und ansonsten sehr sauber gespritzte Teile. Bei den Auspufföffnungen bietet sich an, die Wandstärke mit einem Fräser oder Schleifstift von hinten ein wenig zu reduzieren.
Kleiner Vergleich am Rande: Die S.5 ist wie die meisten Racer ein sehr kleines Flugzeug und mutet von den Ausmaßen her fast wie 1/72 an:
Die Rumpfdetails sind sehr stimmig wiedergegeben:
Auch die inneren, später praktisch nicht mehr sichtbaren Strukturen sind vorhanden!
Nun zu Kleinteilen. Ein Großteil davon entfällt auf den Motor, der komplett und schön detailiert vorhanden ist, aber später leider komplett unsichtbar im Rumpf verschwinden wird, es sei denn, man öffnet die Motorhauben. Dann ist aber wiederum die schöne Linie der S.5 dahin, das übliche Modellbauer-Dilemma also.
Der Propeller braucht ein wenig Zuwendung, ist aber fein und mit scharfen Kanten gespritzt.
Natürlich hat es überall etwas Grat, und natürlich mehr, als man bei Tamiya, Trumpeter oder Hasegawa gewohnt ist, aber das ist doch wirklich keine Hexerei, den zu beseitigen.
Die Löcher kann aufbohren, wer mag.
Der W12-Motor ist wirklich toll gemacht. Wie gesagt eigentlich eine Schande, den verschwinden zu lassen.
Der Ventildeckel zeigt, daß man viel Wert auf die Details legt!
Kommen wir zu den Tragflächen.
Dünne Kanten, tolle Oberflächendetails, seperate Ruder – Was will man mehr?
Die winzige Cockpithaube liegt als einzelnes Teil bei.
Trotz der Dicke ist sie sehr schön transparent und schlierenfrei.
Eine tolle Ergänzung sind die vorgestanzten Lackiermasken, Respekt dafür!
Die PE-Platine mit den Streben, dem Armaturenbrett, den Gurten und ein paar Kleinteilen.
Da gibt es wirklich nichts zu meckern, die Qualität ist einwandfrei!
Die Decals lassen nur die Maschine mit der Kennung N.220 zu, diese aber in zwei Versionen, siehe die Farbtafel.
Die Qualität ist sehr gut, nur im extremen Makro sieht man ein ganz leichtes Raster. Aber mit bloßem Auge sind die Decals super.
Die achtseitige Bauanleitung ist klar und übersichtlich. Wer übrigens hier den Sitz vermisst: Der Pilot saß quasi auf dem Boden, so eng war die Maschine konstruiert.
Hier noch komplett zum Blättern:
Fazit
Ja, es ist ein Short Run Kit, aber in einer Ausführung und Qualität, die einfach nur Spaß macht. Die Teile brauchen ein klein wenig Zuwendung, sind aber hervorragend detailiert und für mich läuft das einfach unter Bastelspaß. Es gibt PE-Teile, es gibt Lackiermasken, die Decals sind toll, die Anleitung liebevoll gestaltet – ein Rundum-Sorglos-Paket! Sicher nichts für Einsteiger, aber der etwas erfahrene Modellbauer wird daraus ohne viel Aufwand ein Schmuckstückchen zaubern.
Ich kann nur sagen: Bravo, AMP, bitte mehr Rennmaschinen in dieser Art in eurer Schneider Trophy-Serie!!!
Sehr empfehlenswert!
Gekauft habe ich den Bausatz bei ebay, weil er grad bei keinem meiner Stamm-Händler erhältlich war, aber generell ist er problemlos online zu beziehen.
KlausH