Auf der Spielwarenmesse fiel mir ein Bausatz auf, der mich in zweierlei Hinsicht anzog:
Erstens war er in „meinem“ Militär-Maßstab 1:72 und Zweitens von einem mir bis dahin völlig unbekannten Vorbild, dem kanadischen Spähwagen „Otter“.
Die Neugierde war geweckt und wwas lag näher, als mir einen Bausatz des „Otter“ des polnischen Herstellers IBG Models zu besorgen?
Der „Otter“ dürfte zu den weniger bekannten alliierten Fahrzeugen zählen und so scheint es mir angebracht, einige historische Anmerkungen zum Orginal zu geben, bevor wir mit der Bausatzbesprechung fortfahren.
Der alliierte leichte Panzerspähwagen „Otter“wurde während des Zweiten Weltkrieges von General Motors Canada auf dem Fahrgestell des LKW Chevrolet C15 CMP (Canadian Miltary Pattern) in Kanada in recht hohen Stückzahlen für die britische Armee und die Armeen des Commonwealth gefertigt.
Bewaffnet mit einem Bren MG im offenen Drehtürmchen sowie einer 12,7mm Boys AntiTank Rifle, brachten die 106 PS des GMC Motors den 4,4 Tonnen schweren „Otter“ auf immerhin 75 km/h Straßengeschwindigkeit.
Die Panzerung betrug 12 mm an der Fahrzeugfront und 8 mm an den Seiten – genügend, um dem Beschuss mit Infanteriewaffen standzuhalten.
Zwischen 1942 und 1945 wurden insgesamt 1761 „Otter“ für die Alliierten in Kanada hergestellt.
Für mich von Interesse: Der „Otter“ wurde sowohl von polnischen Einheiten bei der Befreiung Europas eingesetzt (eines davon ist auf dem Markierungsbogen des Bausatzes vorhanden) als auch von der könoglich jordanischen Armee während des israelischen Unabhängigkeitskrieges.
Der Bausatz (Überschrift 2 Fett Kursiv)
Nach dem Öffnen des ungemein praktischen Stülpkartons bekommen wir zwei einzeln eingeschweißte Gussrahmen, eine kleine Platine mit Ätzteilen, einen Bogen mit Nassschiebebildern sowie eine Bauanleitung zu Gesicht:
Fangen wir mit den beiden Gussrahmen an:
Der erste stammt aus dem Bausatz des Bedford C15A von IGB und beinhaltet alle Teile für das Fahrgestell, das ja, wie oben zu lesen war, von dem LKW stammt:
Bedingt durch dieses „Ausborgen“ des Spritzlings bei einem anderen bausatz bleiben viele Teile für die Restekiste, weil beim „Otter“ nicht benötigt.
Wie man auf den folgenden Bildern sehen kann, sind die Teile nicht nur randscharf gegossen, sondern teils recht winzig. Eine Pinzette und eine ruhige Hand sind hier unabdingbare Voraussetzung bei der Montage:
Dafür wird man dann aber mit einer wirklich überzeugend detaillierten Miniatur belohnt!
Der zweite Spritzling ist neu und hat alle für den „Otter“ spezifischen Teile:
Die beiden Seitenteile des Aufbaus von aussen und von innen:
Auch die Bodenplatte sowie die obere Panzerplatte einmal von innen und einmal von aussen:
Die übrigen Bauteile für den „Otter“ sind derart gut gegossen, dass alleine schon das Betrachten Spaß bereitet:
Und der Zusammenbau erst recht – ich habe bislang keine einzige Passungenauigkeit feststellen müssen.
Da passt einfach alles zusammen!
Die Platine mit den Photoätzteilen für das Sandblech, zwei Abweisern für das Fahrwerk sowie 4 Gummischilder für die Kotflügel:
Die Bauanleitung ist als Computergrafik ausgeführt:
Ich persönlich mag ja lieber einfache Zeichnungen, zumal man manchmal nicht so genau erkennen kann, wo welches Teil genau platziert werden soll.
Mit den Nassschiebebildern …
… können zwei alliierte „Otter“ dekoriert werden:
Farbangaben sind dankesnwerterweise auf vier Farbsysteme ausgelegt:
Wer lieber Gunze-/Tamiya- oder MiG-Farben verwendet, wird in Konversionstabellen mühelos „seine“ Farben suchen können.
Fazit
Obwohl dieses kleine Fahrzeug nun absolut nicht in mein „Beuteschema“ passt, war es eine Freude, den Bausatz vorzustellen:
Sehr filigrane Teile, hervorragender Guss und (ich habe schon mit dem bau begonnen) eine überragende Passgenauigkeit haben mich meinen Kauf nicht bereuen lassen.
Wer also einmal abseits ausgetretener Pfade „wildern“ möchte, wird bei IBG fündig.
Eine kleine Kritik am Rande: Das auf der Kartonillustration zu sehende Boys cal. 50 (12,7mm) AntiTank Rifle ist leider nicht im Bausatz enthalten, kann aber vom Bausatz des Bren Carriers „ausgeliehen“ werden!
Wie immer zum Abschluss noch ein Vergleich der Maße:
Länge des Originals: 4,5 Meter = 62,5mm in 1:72
Länge des Modells: 63,5mm
Breite des Originals: 2,16 Meter = 30,0mm in 1:72
Breite des Modells: 28,5mm
Höhe des Originals: 2,44 Meter = 33,88mm in 1:72
Höhe des Modells: 30,0mm
Empfehlenswert ist dieser Bausatz allerdings nur für erfahrene Modellbauer – Anfänger wären angesichts teils winziger Bauteile schnell überfordert.
Erhältlich im online-shop von Modellbau-König.
Dr. Michael Brodhaecker