Ich kann mich noch heute erinnern, dass ich als junger Soldat an meinem Standort oftmals am Flugabwehrkanonenpanzer – FlakPz – Gepard vorbei ging: zweite Querstraße links, am Stab „der 10ten“ (Panzerdivision) vorbei…nicht jeden Tag ging ich vorbei, aber oft genug, um ihn so in Erinnerung zu behalten: inaktiv, außer Dienst gestellt…als „Sockelmodell“ im Maßstab 1:1. Auch bei einem Lehrgang in Hardheim durfte ich einmalig in meiner Dienstzeit den Gepard in Aktion sehen – und das vergesse ich nie! Ich war beeindruckt von der Schnelligkeit der Waffenanlage …
Warum nur „einmalig“? Warum war der in meiner Kaserne schon „außer Dienst“? Nun ja,….ich kam erst 1992 zum Bund und genau in diesem Jahr wurde das FlaRgt 10 in Sigmaringen aufgelöst und der Gepard ging in meiner Erinnerung sang- und klanglos in den Ruhestand.
Heller bringt den Gepard (#81127) nun wieder auf den Markt.
Schon auf der Rückseite – wofür ich Heller immer lobe – verweist uns ein Aufdruck auf das Ausgabejahr 1976 (#820). Nur eine Auflage liegt 1999 dazwischen (#81158):
Doch noch mehr gibt es auf der Rückseite des Karton zu lesen:
Einen geschichtlichen Abriß des FlakPz Gepard, die benötigten Farben (17 an der Zahl) mit Farbnummern für Heller oder Revell und die enthaltenen Decals. Auf der Seite des Karton ergänzen noch die möglichen Varianten das Bild:
Zur Geschichte schreibt Heller:
Der Flugabwehrkanonenpanzer Gepard (FlakPz Gepard) ist ein aus deutscher Produktion stammender autonomer, hochmobiler, allwetterkampffähiger FlaK-Panzer, der bereits in den 1970er-Jahren entwickelt und produziert wurde. Er bildete für lange Zeit einen Eckpfeiler der Flugabwehr des Heeres der Bundeswehr. Der Gepard wurde entwickelt, um den beweglichen Panzer- und Panzergrenadiertruppen der Bundeswehr Schutz vor tieffliegenden Flugzeugen und Kampfhubschraubern im taktischen Rahmen des Gefechts der verbundenen Waffen zu geben. Die Auswahl der Bewaffnung berücksichtigte auch die Bekämpfung von stark gepanzerten Kampfhubschraubern wie dem Mil Mi-24 „Hind“, dessen Panzerung effektiv Schutz vor Geschossen bis zum Kaliber 23mm bot. Bei der Bekämpfung von Bodenzielen, wie Panzern oder Radfahrzeugen, erfolgte die Erfassung und Verfolgung visuell über eines der Periskope von Kommandant oder Richtkanonier. Aufgrund des relativ großen Kalibers der Kanonen, das über denen der meisten Schützenpanzer liegt, konnte er dagegen leichtgepanzerte Fahrzeuge wie Schützenpanzer, Transportpanzer oder andere Flugabwehrfahrzeuge problemlos zerstören.
Auch ein paar technische Daten sind zu finden, die ich kurz zusammenfasse:
Baujahr 1976, produzierte Stückzahl 420, 47,3to schwer und 65 km/h schnell. Motorbezeichnung 10-Zylinder, MTU MB 838 CaM 500 – nice to know.
Er wurde nach ca. 35 Dienstjahren von der Bundeswehr in den Ruhestand geschickt. Damit möchte ich es vorerst mit der Geschichte belassen, ich komme später noch einmal darauf zurück.
Jetzt aber zum Bausatz
Den durchaus praktischen Karton aufgeklappt, finden sich die ganzen Spritzlinge uneingetütet im Karton „herumfliegen“. Ich mag das noch immer nicht, auch wenn der Umweltgedanke zur Plastikvermeidung nach zu vollziehen ist. Es dient jedoch nicht der Unversehrtheit der Spritzlinge und ich habe die Spritzlinge vorsichtig auseinander sortiert, bevor ich sie heraus genommen habe.
Im Karton ist eine Metalllitze angeklebt – gut. So geht diese nicht verloren. Für was die Litze verwendet wird, bleibt für mich ein Rätsel. Die vermuteten Antennen werden in der Bauanleitung mit Gießast gezogen…:
Was gibt’s noch alles?
320 Bauteile – verteilt sind sie auf 10 Spritzlingen. Davon ein Klarer Spritzling und ein schwarzer mit den Ketten und Abschleppseilen. Selbstverständlich auch die Bauanleitung, die Decals und ein kleines Heftchen mit aktuellen Bausätzen.
Viele Bauteile entsprechen der selben Gießform, aus dem auch der Leopard (z.B. #81126) von Heller entspringt.
Die Qualität der Bauteile läßt auf den ersten Blick ein positiven Eindruck erscheinen. Sie sind gestochen scharf und das deutet auf eine gute Pflege der Spritzformen hin. Ich habe keine verwaschenen Linien gesehen, kaum Fischhäute und auf den ersten Blick kaum störende Auswerfermarken. Das braune Kunststoff wirkt sehr weich und „kleberfreundlich“ bzw. gut nach zu bearbeiten.
Betrachten wir die Bauteile etwas genauer…
Staukasten mit Verschlüssen wirkt recht einfach, die Schwingarme sind gut in Form. Auch die Kleinteile wie Haltegriffe oder Zughaken sind in anbetracht des Alters in Ordnung. Das Topdeck ist sauber und scharf „gezeichnet“. Das gefällt mir sehr gut:
Die zweiteiligen Rohre haben einen kleinen Ansatz von Fischhäuten, die mit gewisser Vorsicht zu entfernen sind:
Die Bauteile der Wanne und Kettenblenden sind tadellos, warum die Aufstiege in den Kettenblenden nicht durchgebrochen sind, ist mir nicht verständlich:
Auf der Rückseite des Radar eine deutliche Auswerfermarke, die ggf durch die zu verklebende Halterung verdeckt wird. Eine Garantie darauf würde ich nicht geben, da ist sicherheitshalber Nacharbeit angesagt. Das Radar hat eine angenehme Oberflächenstruktur.
Die Abgasgräting sind durchbrochen, sind etwas aus der Form. An den Sichtseiten sind beidseitig Auswerfermarken zu sehen:
Dasselbe leider an den Stoßdämpfer. An jedem Bauteil gleich zwei Marken…auch an der Sichtseite:
Ein Unding jedoch an den Laufrollen: Auf der Innenseite der Laufrollen sind die acht Bolzen angedeutet, keine „Radschrauben“ auf der Außenseite!
Auch der Antriebszahnkranz ist nicht mehr zeitgemäß: keine Befestigungsschrauben und ungeschickte Angüsse.
Weiter geht’s mit dem schwarzen Gummispritzling. Die Abschleppseile haben eine hübsche Struktur, die ein Drahtseil gut wiedergeben können. Gummiketten sind soweit Standard, die Außenseiten (Laufflächen) sind tadellos, leider ist auf fast jedem Kettenglied auf der Innenseite (da wo die Laufrollen darauf laufen) eine Auswerfermarke zu sehen – diese stören, wenn er auf der Kette steht. Auswerfermarken auf der Außenseite wären einfacher zu entfernen, würde es eine schöne gefahrene Kette simulieren. Die Innenseiten sind in der Regel metallisch blank, nutzt sich hier nicht ab – und genau da sitzen diese Marken.
Die Klarteile waren in der Tüte verpackt, so dass sie nicht verkratzt oder beschädigt sind. Viele Teile, auffällig das Deck für die Motorabdeckung. Im „echten“ Leben ist das ein Gitter, das hat Heller als Decal beigelegt. Die Sinnhaftigkeit entzieht sich mir, da das Klarteil „in Wagenfarbe“ lackiert werden soll. …nun ja, hier wäre aus meiner Sicht eine entsprechend graviertes, normales Bauteil lieber. Dann wäre es einfacher, das Gitter zu schwärzen.
Und dann sind da noch der Kommandant und ein Fahrer. Hier ist das Alter des Bausatzes zu sehen. Besser die als garnichts ?
Nicht ganz zum Schluß, widmen wir uns der Bauanleitung:
Die Bauanleitung ist auf dem heutigen Heller-Niveau, ist ihrem Outfit angepaßt. Die ersten Seiten widmen sich dem Modell und seine Geschichte, zeigt die benötigten Farben und der Erklärung, welche Nummer was bedeutet. Dann startet auf Seite vier der Bau und leitet uns durch 40 Bauschritte, bis wir zu den verschiedenen Decalvarianten kommen. Die Bauschritte sind verständlich und geben mir keine Fragen auf, mit der Beschriftung ob Bauteil oder Farbnummer muss ich mich immer wieder durchkämpfen, weil ich die Zahlen immer wieder verwechsle. Da lobe ich Revell: sie verwenden Buchstaben für Farben, Zahlen für Bauteile.
Apropos Decals:
Die Decals sind ohne Fehl und Tadel. Sauber gedruckt, kein Versatz. Die Weißen Truppenabzeichen sind sehr schwer zu sehen, aber sie sind soweit als Taktische Zeichen zu erkennen.
Zu den Decalvarianten. Da sind…
– Pz.Flak.Lehr.Btl 6, Lütjenburg, 1979
– Pz.Flak.Btl. 132, Hohenmölsen, 1980
– Unknown Unit, 1981
– Romania, 41341
– Ukraine, 596, 2022 (fictional)
Die letzte Seite der Bauanleitung sind noch eine Übersicht der Bauteile.
Und bei den (Gepard)Decal-Varianten muss ich noch etwas tiefer einsteigen.
Die „unknown unit“? Ja, das ist schlichtweg eine „Feindkennung“ im laufenden Gefecht bei Übungen der Bundeswehr. Rotes Kreuz – Feind, Weißes Kreuz – Freund.
Die Rumänische Variante? Ja, Rumänien hat u.a. auch Geparden im Bestand. Warum die Jahresangabe „1980“ in der Bauanleitung abgeklebt statt bei einem Neudruck entfernt ist? Das weiß ich nicht und bei der letzten Parade zum Nationalfeiertag war kein Gepard mit Kennzeichen versehen. Die Nummer „41341“ läßt sich nicht recherchieren.
Die Fiktive Variante 2022 Ukraine lasse ich im Raum stehen.
Nicht erkennbar sind für mich bei meiner Recherche die Nummern auf dem Turm nachvollziehbar, die man zusammenstellen kann. Ich habe kein Bild eines Gepard mit Turmnummer (wie es normal bei Luftfahrzeugen üblich ist) gefunden. Suspekt.
Welche ich beleuchten wollte, sind die beiden ersten Varianten: Lütjenburg und Hohenmölsen. Leider sind aufgrund des Alters der FlakPz die Recherchen nicht einfach, Bildmaterial mit den exakten Y-Nummern gibt es so gut wie garnicht. Die Y-Nummern Y-259 xxx hat es wahrscheinlich gegeben. Ich gehe bei allen dreien davon aus, dass sie existent waren (der Logik der fortlaufenden Nummern bei den einzelnen Beschaffungslosen geschuldet).
Jedoch sind bei den zugehörigen Truppenteilen Fehler unterlaufen:
Der Gepard des PzFlakBtl 132 in Hohenmölsen ist mit 1980 datiert, was jedoch bei der Aufstellung des Bataillon erst 1991 oder 1997 (die Angaben sind etwas verwirrend) nicht ganz zutrifft.
Auch der Gepard Lütjenburg kann 1979 nicht dort gewesen sein, denn das PzFlakLehrBtl 6 wurde erst 1993 gegründet, zuvor war es das FlaRgt 6 (1977-1993).
Trotzdem bin ich beim Y-259853 tatsächlich fündig geworden! Offensichtlich war er in der 6.Bttr GebFlAbwRgt 8 in Traunstein verortet. Heute steht er mit dem Umzug „der 10ten“ (Panzerdivision) in Veitshöchheim: frisch restauriert und wieder mit seinen alten Kennzeichen.
Und jetzt bin ich bei dem Gepard, den ich eingangs erwähnte, an dem ich als junger Soldat oftmals vorbei ging.
Mein Fazit und abschließende Worte
Der Bausatz scheint als Konkurrent zum Tamiya-Gepard eine Alternative zu sein. Ohne dass ich mich mit den verschiedenen Rüstständen des Gepard (B2, B2L, 1A2) eingehend beschäftigt habe, zeigt dieser Bausatz eher den ersten Auslieferungszustand 1976-1980.
Der gravierendste Unterschied zum Tamiya-Gepard ist die mehrteilige Wanne und der mehrteilige Turm. Sofern hier nichts verzogen ist, kann dem Bauvergnügen nichts im Wege stehen. Auf mich macht er großteils einen guten, „gepflegten“ Eindruck. Die Form ist gut in Schuss, die Sicken sind sauber ausgearbeitet, es ist nichts an den Formen verwaschen. Fischhäute finden sich kaum.
Mit den deutlichen Schwächen muss man jedoch entweder leben oder mit viel Fleißarbeit ausmerzen, denn sie sind meist auf den Sichtseiten des Modells zu sehen:
Da sind die fehlenden Befestigungsschrauben für die Laufrollen und Zahnkranz. Da ist ein Klarglasteil für die Motorabdeckung das lackiert und mit einem Gitterdecal versehen wird, wo Tamiya ein Metallgitter verwendet. Da sind Auswerfermarken in der Kette und an den Dämpfern,…das bedeutet viel Nacharbeit.
Hat man die Hürden geschafft, klopft man sich auf die Schultern und hat einen für die damalige Zeit herausragenden Flugabwehrpanzer im Regal stehen.
Meine Empfehlung? Ich lege den Bausatz bedingt ans Herz. Aber vielleicht ändere ich meine Meinung, wenn ich ihn als Y-259853 gebaut habe?
Erhältlich bei Modellbau Universe.
Dominik Weitzer, Modellbaustammtisch Recklinghausen