Die Geschichte der internationalen Luftfahrt ist reich an exotischen und mitunter recht bizarren Problemlösungen – bekannte wie etwa die gigantische „Spruce Goose“ des Milliardärs Howard Hughes und weniger bekannte.
Dass auch die sowjetische Luftfahrt der 1920er und 1930er Jahre das eine oder andere ebenso höchst interessante wie seltsam anmutende Projekt aufweisen kann, möchte ich mit dieser kleinen Serie in das Bewusstsein der Modellbauer zurückbringen.
Den Anfang macht die „Fanera 2“ des sowjetischen Ingenieurs A.I. Lisitschkin …
Vom ukrainischen Hersteller MIKRO MIR gibt es dankenswerterweise einen wirklich sehr guten Bausatz unseres heutigen Exoten – doch zuvor kurz einige einleitende Bemerkungen zum Original:
Unter der Suggestivbezeichnung “Fanera-2″ (Sperrholz Nr. 2) wurde 1933 beim LK-1 (Leningradskii Kombinat) in Leningrad eine viersitzige Passagiermaschine konzipiert und gebaut, die in ihrer Auslegung recht ungewöhnlich war: Die Piloten und Passagiere saßen in einer geräumigen Kabine, die eingestrakt auf die Tragfläche gesetzt war – eine aerodynamisch saubere Lösung, die jedoch zu einer äußerst eingeschränkten Sicht für den Piloten führte!
Die weitere Bezeichnung der Maschine als “NIAI-1″ rührt vom Namen des “Wissenschaftlichen Luftfahrt Test Instituts” (Nauchno Issledovatel´skii Aero Institut) her, das mit dem Bau der “Fanera-2″ betraut war.
Komplett aus Sperrholz gebaut und mit einem recht schwachen Motor ausgestattet, wurden insgesamt 20 Exemplare der NIAI-1/Fanera-2 gebaut und von der Aeroflot u.a. in der Arktis als Passagierflugzeug eingesetzt.
Doch zurück zum Bausatz:
Im Inneren der etwas instabilen Schachtel finden sich drei hellgraue Spritzlinge, ein transparenter Gussrahmen, eine Platine mit Photoätzteilen, ein kleines Instrumentennegativ, Abziehbilder sowie eine Bauanleitung:
Der Gussrahmen mit den Tragflächen – sehr angenehm: Die untere Tragfläche in einem Stück. So ist die richtige Stellung gewährleistet!
An einem zweiten Spritzling finden sich dann die übrigen Teile wie Rumpfheck, Seiten- und Höhenflosse, Piloten- und Passagiersitz sowie die beiden durchgehenden Querruder:
Gut zu erkennen: Die beiden Tragflächenspante – sie geben der gesamten Konstruktion zusätzliche Stabiltät und passen hervorragend in dieAussparungen der Tragflächen!
Der dritte Gussrahmen beherbergt die Motor- und Fahrwerkteile:
Innovativ der transparente Gussrahmen – so lässt sich das Problem der vielen kleinen und größeren Rumpffenster perfekt lösen – Hut ab hierfür!
Eine kleine messingfarbene Platine mit den Querruderscharnieren, dem Gerätebrett (für das auch ein kleiner Instrumentenfilm vorgesehen ist) sowie den beiden „Walkways“ für die Tragflächen:
Aber Vorsicht: Die Platine ist auf beiden Seiten mit einem nur schwer rückstandslos zu lösenden Schutzfilm versehen – das macht unnötig Mühe!
Ungemein hilfreich sind die beigefügten selbstklebenden Masken für die vielen Fenster – Abkleben leichtgemacht!
Die Oberflächengüte und die Gussqualität sämtlicher Teile (auch der kleineren) ist sehr gut – Entgraten fällt kaum an!
Die kleine Bauanleitung ist recht übersichtlich gestaltet – das einzige Manko, das mir auffiel: Die Platzierung des Gerätebrettträgers (Teil 7) im Rumpf bleibt äußerst vage – hier ist Trockenanpassen angesagt!
Der kleine Bogen mit den Nassschiebern enthält neben der zivilen Registrierung für den Prototypen die hübschen roten Dekorationen – wobei ich selbst die Teile 12 für die Tragflächenrandbögen eher durch passende Farbe ersetzen würde:
Auf der Zeichnung kann man vielleicht das Problem mit den roten Decals für die Randbögen (Nr. 12) erahnen – ob die hundertprozentig passen?
Mein Fazit (nachdem ich mit dem Bau begonnen habe): Ein wirklich toller Bausatz, bei dem (obwohl in „short-run“ Technologie hergestellt) keinerlei Passprobleme auftreten – selbst bei neuralgischen Stellen wie der Verbindung von Tragwerk zum Rumpfaufbau passt wirklich alles!
Hut ab für diese Leistung!
Und die Tatsache, dass neben Photoätzteilen sogar selbstklebende Masken für die umfangreiche Verglasung beiliegen, macht den Bau und das Lackieren unserer Fanera-2 zum Kinderspiel – empfehlenswert für alle Modellbauer mit einem Herz für das etwas Exotischere!
Erhältlich sind diese MikroMir-Bausätze bei TOM-Modellbau. Sollte die Fanera-2 nicht im Katalog zu finden sein, dann einfach anrufen … Herr Ott wird wie immer schnell und komplikationslos Abhilfe schaffen. Oder im Ebay-shop von Tom-Modellbau schauen …