Ja, die gute alte schöne Ritterzeit. Es mag ja für einige Menschen auch eine schöne Zeit gewesen sein, wie zum Beispiel den Adel oder die Kirche, aber für die normalen Bürger und Bauern war es einfach nur eine dunkle und brutale Welt. Die Leute wurden oft (aus heutiger Sicht) aus unerklärlichen Gründen gequält und gefoltert. Wilddiebe wurden des Öfteren hingerichtet und Dieben wurde sehr oft zur Warnung eine Hand abgehackt. Aus heutiger Sicht wäre das unvorstellbar, aber zu der Zeit der Ritter ein ganz normales Leben …
Während ich am Diorama baue, frage ich schon mal andere Modellbauer oder Bekannte um ihre Meinung zum Diorama. Da kam eine Antwort mit der ich nicht gerechnet hätte. Es wäre völlig unrealistisch, dass die Leute auf dem Marktplatz gefoltert werden oder die Menschen am Kreuz hingen und gleichzeitig die Ritter auf dem Turm gemütlich Mittag essen würden. Das ginge gar nicht. Trotz dieser Aussage habe ich es so gelassen. Weil es nun mal so war und immer noch ist. Man hat so was schon in der Vergangenheit und in Filmen gesehen, und das nicht zu kurz. Ob bei den Römern, Napoleon, oder im ersten und zweiten Weltkrieg! Heute schauen wir fern, wie z.b. die Tagesschau, wo die Leute auch gequält und ermordet werden, und was machen wir während wir das alles sehen? Wir essen Chips. Unglaublich aber wahr.
So jetzt reicht es aber auch – fangen wir lieber mal an zu bauen………
Wie ihr sehen könnt, ist der Turm schon fertig gebaut und bemalt. Leider habe ich vom Bau keine Fotos gemacht. Für die Interessenten unter euch: der Turm ist von Green-Line GL-GEB-025 Turm, später Motte, 1:72.
Kommen wir nun also zum Bau des Dioramas. Fragt mich nicht wieso, aber ich glaube, dies ist das einzige Diorama, welches keinen Sockelrahmen besitzt. Um ehrlich zu sein, zum Anfang habe ich es verschludert, einen Sockelrahmen zu diesem Diorama zu fertigen und zum Schluss des Baus hatte ich keinen Platz mehr im Karton für den Sockelrahmen. Blöd gelaufen, ist aber so! Anfangs war ich mir auch nicht sicher, was ich zu diesem Turm noch dazu bauen sollte. Daher habe ich ihn auf eine Styroporplatte gestellt und habe mit einem Edding gewisse Bauelemente oder Strukturen auf die Platte gemalt, um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie es später mal werden sollte. Also bin ich einfach mal angefangen und habe hinter dem Turm eine kleine Fläche um 2 cm erhöht, da hier später ein Pferdestall platziert werden sollte. Da der Turm in oder auf einem Gebirge stehen sollte, habe ich schon einmal größere Stücke aus Styropor hinter den Bereich der Pferdeställe mit Leim geklebt:
Ab diesem Moment stand fest, dass vor dem Turm ein Marktplatz mit kleinen Häusern und Pranger entstehen sollte. Statt des Prangers steht in diesem Augenblick nur eine quadratische Styroporplatte, mal wieder zur besseren Vorstellung. Wie ihr sehen könnt, bin ich auch bereits angefangen, mehrere Häuser aus Depafit zu bauen. Das Gebirge hinter dem Turm wurde bereits mit meinem üblichen Erde-Wasser-Leim-Gemisch eingestrichen. Auch der kleine Pferdestall ist bereits gefertigt. Im Vordergrund eine kleine Straße, auf der der Bischof mit seinem Gefolge zu sehen ist. Hierzu ist zu erwähnen, dass die Figuren wie üblich alle von mir handbemalt sind. Die Straße wird im Verlauf des Baus aber noch schräg gemacht, damit man besser versteht, dass die ganze Diorama-Szene auf einem Gebirge abspielt:
Wie ihr sehen könnt, ist die Szene bereits fertig. Leider habe ich es versäumt, zu den einzelnen Schritten Fotos zu machen, aber ich versuche es euch näher zu erklären. Die Gebirgsstraße wurde mit einem Cuttermesser schräg geschnitten, zu dem wurden hier und da am Wegesrand kleine Styroporplatten geklebt, die hier als Steine im Vordergrund zu sehen sind. Nachdem die Umgebungsstrukturen feststanden, wurde das Ganze wieder mit dem Erde-Wasser-Leim-Gemisch eingestrichen. Nach dem Trocknen wurden die Steine, wie ich in anderen Berichten schon mehrfach beschrieben habe, bemalt. Zum Schluss mit kleinen Grasbüscheln und ein wenig Moos das Ganze begrünen:
Hier nochmal eine typische Nahaufnahme, in der die natürliche Entstehung der Szene gut zu sehen ist. Die Wache am Turm bemerkt, dass sich der Bischof mit seinem Gefolge nähert. Daher beugt er sich leicht über das Geländer, um näher nachzuschauen. Auch die Alterung des Turms mit leichtem Grünspan ist hier gut zu erkennen:
Im Hintergrund dieses Bildes die fertigen Häuser. Um mir Arbeit zu ersparen, habe ich nur die Fensterrahmen aus Streichhölzern gefertigt, aber habe den Innenbereich der Fenster schwarz gemalt, so dass man ins Innere nicht sehen kann, aber es auch nicht fertigen muss. Dies wird vielleicht nicht jedem gefallen, aber ich finde die Lösung recht gelungen. Im Mittelpunkt steht mittlerweile auch der fertige Pranger mit den dazugehörigen handbemalten Figuren. An der rechten Seite zwei Verurteilte, die halbnackt ans Kreuz gebunden worden sind. Auch im Vordergrund noch eine interessante Szene. Eine Bäuerin mit einem Rindvieh an der Hand und mit einem Korb voller Waren, den sie auf dem Kopf transportiert. In der heutigen Zeit beschweren sich viele Frauen und auch Männer, dass sie nach dem Einkauf im Supermarkt schwer zu schleppen hätten. Dazu sage ich, schaut euch doch mal diese Szene an!!!
Hier habe ich nochmal eine Nahaufnahme von der im vorigen Bild erwähnten Szene. Warum habe ich diese Szene so dargestellt? Da meiner Meinung nach die meisten Menschen im Mittelalter nicht lesen konnten, außer Adlige und Geistliche, habe ich diese Figur mit einem Buch in der Hand dort hingestellt, die zum Schutz von einer Wache mit Armbrust bewacht wird. Dieser Beamte wurde von den Richtern beauftragt, das Strafmaß der Bevölkerung vorzulesen, da diese wie gesagt, nicht lesen konnten:
Hier sind die Dächer der kleinen Häuser gut zu erkennen. Diese habe ich im gewohnten Alterungsprozess altern lassen und durch ein wenig Moos oder Gestrüpp lebendiger wirken lassen. Auch das Pflaster des Marktplatzes ist hier gut zu erkennen? Nein, leider doch nicht, da ich die Pflastersteine zum größten Teil mit meinem Wasser-Leim-Erde-Gemisch eingestrichen habe, so dass der ganze Marktplatz verschmutzt wirkt. Zum Schluss habe ich noch einen Borstenpinsel geopfert, in dem ich ihn mit einer Schere bearbeitet und die Borsten auf dem Marktplatz verteilt habe, so dass es aussieht, als handele es sich um Stroh:
Wie im Anfang schon beschrieben:
Im Widerspruch zu der Szenerie auf dem Marktplatz findet auf dem Dach des Turms ein kleines Sauf- und Fressgelage der dort stationierten Soldaten statt. Zur Aufmunterung des tristen Soldatenlebens zeigt die Bedienstete sich ein wenig freizügig. Auch für ordentlich Biernachschub wird gesorgt. Für das leibliche Wohl gibt es reichlich fettige Speisen:
So, wie von meinen Modellbaukollegen erwünscht oder auch gefordert, eine kleine versteckte Erotikszene. In diesem Fall auf dem Hinterhof des Turms (Motte):
Hier noch mal eine Nahaufnahme des auf dem Markt stehenden Prangers. Im Vordergrund das aufgebrachte Volk, das mit verdorbenen Früchten oder sogar Fäkalien nach den Verurteilten wirft:
Den Marktplatz einmal von der Rückseite aus fotografiert. So kann man auch einmal die Eskorte des Bischofs von vorn betrachten. Dieser Blickwinkel bleibt dem Betrachter des Dioramas eigentlich verwehrt:
Auf der Rückseite hinter dem Turm verbirgt sich noch eine schmale Gebirgsstraße, auf der noch ein Händler mit Gepäck unterwegs ist. Zu dem befinden sich dort noch vier berittene Soldaten oder Ritter, die von einem anderen Clan stammen. Da auf dem Marktplatz sehr viel Trubel herrscht und auch teilweise mit Unrat oder sogar Hundekot auf die Verurteilten geworfen wird, ziehen es die vier Reiter vor, zu warten, bis ein wenig Ruhe einkehrt, damit sie dann ohne die Gefahr einzugehen, beschmutzt oder bestohlen zu werden, den Marktplatz passieren können:
Ich hoffe, dass euch mein kleiner mittelalterlicher Bericht gefallen hat und dass ich euch ein wenig inspirieren konnte, so dass ihr für eure zukünftigen Projekte etwas dazugewinnen konntet. Zum Schluss eine kleine Bildergalerie.
Ralf Nies, Modellbaufreunde Borgentreich