Als der Kasten mit der „German Frigate Class F 122“ zum ersten Mal im Handel erschien, waren viele Modellbauer gerade einmal dazu in der Lage, ihre LEGO-Steine aufeinanderzuschichten.
Fragt sich, wie sich dieser Veteran im Sturm der Zeit gehalten hat …
Das Original
Mitte der 1960er Jahre begann man mit den Planungen für eine neue Fregatten-Klasse um die Einheiten der Klasse 120 abzulösen.
Die zunächst als Klasse 121 laufenden Planungen sahen eine primäre Auslegung als Flugabwehreinheiten mit entsprechender starker Fla-Artillerie und FK-Komponente vor. Allerdings verschob sich durch die neue Auslegung der Seekriegsstrategie der NATO der Aufgabenschwerpunkt immer stärker in Richtung der U-Jagd was zur Folge hatte, dass man mit Beginn der 1970er dieser Tatsache Rechnung trug und den Entwurf, der nun als Klasse 122 lief entsprechend überarbeitete und anpasste. Hierbei ging man eine enge Kooperation mit den Niederlanden ein, bei denen aus den Planungen die Kortenaer-Klasse respektive die Jacob-van-Heemskerck-Klasse hervorgingen.
Die Auftragserteilung zum Bau der ersten Einheit der Klasse 122 erfolgte 1977 und 1979 wurde mit F 207 Bremen die erste von insgesamt 8 Einheiten auf Kiel gelegt um mit ihnen die Klassen 120 und mittlerweile auch 119 zu ersetzen.
Die Bewaffnung der Einheiten der Klasse 122 spiegelt den Schwerpunkt der U-Jagd entsprechend wieder. So sind sie mit 4 Torpedorohren ausgestattet und verfügten als erste Einheiten der Bundesmarine über eine Bordhubschrauber-Komponente in Form von Anfangs bis zu vier, mittlerweile routinemäßig nur noch zweier, Hubschrauber vom Typ Westland Sea Lynx Mk88a, wobei diese das Hauptwaffensystem der U-Jagdkomponente darstellen. Zum Eigenschutz gegen Luft- sowie Seeziele verfügen die Schiffe über einen 8-fach-Starter RIM-7 Sea Sparrow, zwei 21-fach-Starter RIM-116 RAM und zwei 4-fach-Starter für AGM-84 Harpoon. Die Rohrartillerie besteht aus einem 76mm OTO-Melara DP-Geschütz sowie mittlerweile zwei 27mm MLG (Marine-Leicht-Geschütz), wobei letztere die Mk 20mm ersetzen.
Auch nahezu die gesamte Sensorik wurde im Laufe der Dienstjahre durch z.B. Ersatz des Oberflächensuchradars oder hinzufügen von Satelliten-Kommunikationsanlagen laufend modernisiert.
Mittlerweile sind von ursprünglich 8 Einheiten nur noch 3 in Dienst der Deutschen Marine. Die ehemalige F 211 ex-Köln trat in der letzten Oktoberwoche als erste Fregatte den Weg von Wilhelmshaven zum Abwracken in den Niederlanden an. Somit endet dieses teils über 30-jährige Kapitel dieser Schiffe in der Geschichte der Deutschen Marine.
Der Bausatz
Der vorliegende Bausatz wurde von Revell das erste Mal 1983 als Fregatte F-122 „Bremen“ herausgebracht, also kurz nachdem die ersten Einheiten der neuen Klasse ihren Dienst in der Bundesmarine aufnahmen. Man sollte den gesamten Bausatz also stets unter dem Aspekt begutachten, das er aus gut und gerne 30 Jahre alten Formen stammt. Dadurch entspricht der darstellbare Ausrüstungszustand auch diesem Zeitraum, was sich an einigen Detailunterschieden wie z.B. des Kutters anstatt des Speedbootes zeigt.
Die insgesamt 207 Teile (lt. Verpackung 235) verteilen sich auf 6 Spritzlinge und 3 einzelne Hauptkomponenten, alles verpackt in 2 Folienbeuteln in einer optisch ansprechend gestalteten Faltschachtel.
Von diesen entfallen zwei auf den vertikal in der Längsachse geteilten Rumpf:
Die beiden Hälften weisen im Bereich der Öffnungen für die Schanz leichte Fischhaut auf:
Eine Problematik die sich, altersbedingt, durch alle Komponenten des Bausatzes zieht. Die Oberflächen zeigen keinerlei Sinkstellen und nur leichte Spuren der, anscheinend werksseitig entfernten, Gussäste. Sehr positiv ist, dass die Seitenwände des Hangarbereichs bereits am Rumpf angespritzt sind, wodurch dieser Bereich beim Bau erfahrungsgemäß an Stabilität gewinnt.
Der größte Spritzling enthält alle Teile für die Aufbauten, von der Brücke über den Ansaugschacht für die Gasturbinen bis hin zum Hangar:
Die Details sind in den meisten nur oberflächlich vorhanden, geben aber die charakteristischen Merkmale ausreichend wieder.
Auch enthält dieser Spritzling das einteilige Hauptdeck. Leider ist bei diesem der Wellenbrecher vor dem 76mm Geschütz „auf-dem-Kopf-stehend“ ausgeführt:
Der zweite Spritzling enthält nahezu alle restlichen Anbauteile. Dies umfasst die drei Gittermasten, Funk- und Radarausstattung sowie Rettungsinseln und die gesamte FK-Bewaffnung. Auch findet sich hier der Kutter samt Aussetzvorrichtung. Hinzu kommen noch die beiden Propeller samt Wellen und die Sensorik sowie Flugdecksreling und einige weitere Komponenten:
Auch hier weisen Fischhaut in unterschiedlicher Ausprägung auf, wobei diese aber leicht zu entfernen sein dürfte:
Die beiden Kleineren Spritzlinge umfassen zum einen den separaten Heckspiegel der zur Komplettierung des Rumpfes benötigt wird und die fehlenden Teile des Ständers, bzw. die Teile für die beiden Bordhubschrauber:
Dem Bausatz liegen ebenfalls zwei Spritzlinge mit Bauteilen für die Reling bei, welche aber an einigen Stellen ebenfalls der Versäuberung bedarf bevor man sie anbringt:
Das absolute Highlight dieses Bausatzveteranen ist definitiv der, im Vergleich zu den vorherigen Auflagen deutlich überarbeitete, Decalbogen:
Er umfasst die Kennungen aller 8 Einheiten, von den Hullnumbers über die Wappen und Namenstafeln bis hin zu den Flugdeckkennungen. Auch wurden die Decals für die Bordhubschrauber deutlich erweitert. Wobei der Anker der Marineflieger konsequenterweise noch die alte Version darstellt.
Als Ergänzung den Decals liegt noch ein Satz Signalflaggen des NATO-Alphabets, gedruckt auf Papier, bei:
Anleitung:
Die übersichtliche Anleitung führt den Erbauer in 28 klar gegliederten Schritten zum Ziel.
Durch die mehrfarbige Hochglanz Ausführung wird die Verständlichkeit abermals vereinfacht, so dass sich auch ein Anfänger hier gut zurecht findet.
Allerdings empfiehlt es sich die Anleitung des besseren Gesamtüberblicks halber, vor Beginn der Arbeiten einmal komplett durchzusehen. Sehr hilfreich dürfte auch die Teileübersicht auf den ersten Seiten sein.
Die Farbangaben beziehen sich auf das firmeneigene Sortiment von Revell. Diese passen übrigens auch sehr gut zu den Originalfarbtönen, wie sie von der Deutschen Marine verwendet werden.
Fazit:
Es ist sehr schön, das Revell diesen Veteranen wieder aufgelegt hat, hat sich doch in den letzten Jahren gezeigt, dass er sehr gesucht ist. Hinzu kommt, dass er sich erfahrungsgemäß, sehr gut als Abschiedsgeschenk für ehemalige Besatzungsangehörige eignen dürfte.
Der Bausatz ist von der Teilezahl her übersichtlich und angenehm und bildet mit Decals und Anleitung ein attraktives Gesamtpaket.
Aber:
Nachdem ich bereits zwei Modelle aus diesem Bausatz gebaut habe, kann ich sagen, dass er nicht sehr einfach zu bauen ist und Zeit sowie Sorgfalt benötigt. Nahezu alle Übergänge zwischen Wänden und Decks müssen gespachtelt und verschliffen werden, will man keine unschönen Spalten haben. Gleiches gilt auch für den Rumpf, so dass insgesamt viel Trockenpassen erforderlich ist, bevor das erste Mal der Kleber zum Einsatz kommt. Viele der Details sind recht grob und die Fischhaut an einigen schwer zugänglichen Stellen fordert auch ihren Tribut.
Bewertung:
Anfänger erhalten bereits out-of-the-box ein Modell, welches einen guten Gesamteindruck dieser Schiffsklasse ergibt, während der ambitionierte Modellbauer hier eine Grundlage findet, auf deren Basis sich einiges machen lässt.
Mathias Carl
Quellen:
www.marine.de
Schiff Profil Nr. 9 – „Die Fregatten der Bremen-Klasse“
Faszination See: 50 Jahre Marine der Bundesrepublik Deutschland
Archiv M. Carl