Italeri hat vor ein paar Monaten die wegen ihrer markanten Form unverkennbare H-21C als Formneuheit vorgestellt. Wie schlägt sich der Bausatz, nachdem ich von der hier schon vorgestellten H-34G.III vom gleichen Hersteller beim Bau doch enttäuscht wurde?
Vorbild
Die H-21 hatte ihren Erstflug 1952 und wurde insgesamt in über 700 Exemplaren vom amerikanischen Hersteller Piasecki gebaut. Das letzte Exemplar verließ 1959 die Fabrikhallen.
Der Hubschrauber mit den markanten Tandem-Rotoren wurde in der C-Version von einem 1425 PS starken Wright 9-Zylinder-Sternmotor angetrieben. Bekannt durch Einsätze in Vietnam, wurde das Muster aber auch in etlichen anderen Staaten eingesetzt, so zum Beispiel mit 32 Stück bei der frühen Bundeswehr. Wegen ihrer Form bekam sie unter anderem den Spitznamen „Flying Banana“.
Modell
In der stabilen Schachtel finden sich 4 Spritzlinge aus grauem Kunststoff, einer mit den Klarsichtteilen, eine Platine mit PE-Teilen und ein recht großer Decal-Bogen.
Insgesamt warten etwa 140 Kunststoff- und 11 PE-Teile auf die Montage.
Der Rahmen mit den Rumpfhälften. Klein ist die H-21C in 1/48 wahrlich nicht:
Der nächste Spritzling enthält vor allem die Teile für die Inneneinrichtung und die Motornachbildung.
Der Rahmen für die Rotorblätter, Sitzreihen und Stabilisatoren ist zweimal vorhanden:
Die Teile machen auf den ersten Blick einen guten Eindruck. Nicht übertrieben fein detailiert, aber solide und schön strukturiert gegossen:
Löblich ist die – wenn auch recht einfach gehaltene – Nachbildung des Sternmotors. Der Bausatz erlaubt es auch, die Motorklappen geöffnet darzustellen. Dafür ein dickes Lob!
Auch hier: Feine Details, sauberer Guß.
Hier wirken die Oberflächendetails noch sehr gut, aber dazu gleich mehr.
Die Inneneinrichtung ist gut gestaltet:
Haken und Räder, die sogar gewichtsbelastet dargestellt sind:
Die Sitzreihen wirken arg rustikal. Wer die Tür öffnen möchte, sei auf den in Kürze erscheinenden Eduard-Satz verwiesen. Für den Fensterblick bei geschlossener Tür reichen die Sitze aber auf jeden Fall.
Die Rotorblätter sind leicht hängend dargestellt, genau wie es bei abgestellter Maschine der Fall ist:
Die Strukturen der Heckflossen gehen absolut in Ordnung:
Nach soviel Licht der erste kleine Schatten bei den Klarsichtteilen: Die Frontverglasung ist recht dick und alles andere als schlierenfrei. Zudem weist sie trotz seperater Verpackung einige leichte Kratzer auf.
Die kleine Platine enthält einige sinnvoll gewählte PE-Teile. Die Qualität der Teile ist einwandfrei, die Gitter fein und sauber geätzt.
Die Decals lassen drei Varianten zu und sind von hervorragender Qualität.
Hier die drei möglichen Versionen, jeweils schön in Farbe dargestellt. Eine Bundeswehrversion fehlt leider, aber da wird der Zurüstmarkt sicher reagieren:
Die Anleitung im aktuellen 3D-Style ist klar und übersichtlich. Hier eine Beispielseite, die komplette Anleitung zum Durchklicken direkt darunter:
Passprobe:
Nach meinen Erfahrungen mit der H-34 habe ich eine Passprobe vorgenommen, die dann leider alle Befürchtungen bestätigt hat, die ich hatte.
Unten weist die Haube beachtliche Spalte auf, auch wenn die auf dem Bild größer sind als wenn sie etwas angedrückt wird:
Auch oben sitzt das Teil nicht eben präzise:
Zum Rest des Rumpfes. Die Rotoraufnahme wirkt vorsichtig gesagt etwas unrund von der Wandstärke her:
Das volle Programm dann an der Unterseite. Zur Naht hin sind die Gravuren total verwaschen, zudem laufen sie teilweise in beträchtlichem Abstand aneinander vorbei. Als Sahnehäubchen ist die auf dem Foto linke Seite von der Oberfläche total rauh und uneben:
Die Öffnungen sind nicht wirklich rechteckig, auch nicht nach dem Entgraten. Auch hier ist Spachtel unverzichtbar:
Hier an der Unterseite des Hecks fand ich die einzigen beiden Gravuren, die sich wirklich treffen:
Oben dann schon wieder nicht:
Fazit:
Ich bin hin und hergerissen.
Wenn es ein Short Run Kit wäre, würde ich sagen: Ordentliche Qualität mit schönen Details, etwas Nacharbeit ist allerdings erforderlich.
Aber es geht hier um ein brandaktuelles Großserienmodell. Da liegt bei den Mitbewerbern die Meßlatte inzwischen verdammt hoch, was die Feinheit und die Qualität angeht. Zudem habe ich schon 35 Jahre alte Kits von Italeri gebaut, die von der Fertigungsqualität und der Passgenauigkeit perfekt waren. Sie wissen also wirklich, wie man gute Bausätze macht.
Eben darum ist es für mich enttäuschend, wenn man so massive Einbußen bei der Fertigungsqualität und der Passgenaugkeit findet (siehe Abschnitt „Passprobe“), und das bei einem Modell, das erst vor wenigen Monaten auf den Markt kam. Vielleicht habe ich ein Montagsmodell erwischt, aber es ist regulär erworben und darum muß man davon ausgehen, daß es kein Ausreißer ist.
Nicht falsch verstehen, die Fehler sind für einen Modellbauer mit ein wenig Erfahrung problemlos zu handhaben, aber es ist unter diesen Voraussetzungen einfach ärgerlich, daß man wohl große Teile des Modell abschleifen und neu gravieren muß. Zudem liegt der Bausatz mit Marktpreisen zwischen 45 und 50 Euro nun auch nicht eben im Niedrigpreis-Segment.
Dennoch, es ist eine solide Basis, und insgesamt lautet mein Fazit:
Empfehlenswert, wenn man bereit ist, den Mehraufwand für die Korrektur der Schwächen des Bausatzes zu betreiben. Ansonsten kann ich den Bausatz als entspannten out of box-Bau definitiv NICHT empfehlen.
Erhältlich ist der Bausatz beim Fachhandel, so zum Beispiel bei Modellbau König.
KlausH