Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369

„Auburn Speedster“? Noch nie gehört?
Pyro als Bausatzhersteller? Noch nie gehört?
Dominik Weitzer bringt mit seinem Review ein wenig Licht in´s Dunkel …
Auburn – ein Unternehmen, das 1902 in Auburn (IN) aus dem Kutschenbau eines deutschen Einwanderers hervorging, wurde schon als Eckhart Carriage Company im Jahr 1875 gegründet. Nach einer nicht so langen Geschichte wurde das Unternehmen schon (kriegsbedingt) 1919 an eine Investorengruppe verkauft. In den folgenden Jahren wurde ein gewisser Herr Cord Präsident. Er gründete 1929 die Cord Holding – unter anderem gehören die Marken Cord, Duesenberg und Auburn zu dem Konsortium. Wer sich ein bisschen in der Autogeschichte auskennt, dem sagen die Namen etwas. Sie waren allesamt für ihre in Design und Technik fortschrittliche Fahrzeuge bekannt – ebenso wie für ihre Hochpreisigkeit. Ab Mitte der Zwanzigerjahre konzentrierte sich Auburn auf die Herstellung von Luxusfahrzeugen, die sich vor allem Hollywood-Stars und andere wohlhabende Kunden leisten konnten.
Auburn-Cord-Duesenberg etablierte sich gut am Markt, jedoch wurden die Verkäufe durch die Wirtschaftskrise 1931-1933 immer schwieriger. 1937 war es auch schon mit dem Unternehmen vorbei.

Der Auburn 851 „Supercharged Boattail Speedster“ erschien 1935. Sein Spitz zulaufendes Heck gab ihm den Beinamen „Boattail“. Angetrieben wurde der Speedster von einem 4.5 Liter Reihen-Achtzylindermotor mit einem Strombergvergaser. Er leistete dank des Kompressors 150 PS. Der Speedster war mit seinen stattlichen 4.93 Meter Länge, 1.80 Meter Breite und einem Gewicht von rund 1700 KG nicht kompakt, galt aber dennoch als veritabler Sportwagen, und fuhr mehrere Geschwindigkeitsrekorde und Rennerfolge ein. Eine nette Gegebenheit war, dass ein Auburn vor der Auslieferung stets getestet und auch die Höchstgeschwindigkeit gemessen wurde. Beim Boattail Speedster lag diese bei beachtlichen 180km/h!

Der Auburn Speedster fiel mir als Kind schon in der Fernsehserie „Remington Steel“ mit Pierce Brosnan in der Hauptrolle auf. Ein schneeweißes, wunderschön elegantes Fahrzeug. Er hatte so außergewöhnliche Linien:

Ob das Fahrzeug in der Serie (von 1982-1987) ein Original oder „nur“ ein Nachbau der Auburn Speedster Co.Inc. (gegründet 1971) war, habe ich nun nicht recherchiert…wobei aber von einer Replika auszugehen ist.

Der Bausatz des Auburn Speedster:

Wenn wir gleich zum Inhalt des Bausatzes kommen, kann der Ursprung erkannt werden. 1963 wurde er erstmalig von Pyro (#C331-98) herausgebracht, die ihn 1967 wiederauflegte.

Diese Ausgabe von Lindberg (#369) aus dem Jahr 1979 wurde uns unter gleichem Label zuletzt 2006 als 1935 Auburn Boattail Speedster noch einmal beschert. Mehr konnte ich in der Ahnengalerie nicht finden. Also ist er mit 4 Auflagen recht „jungfräulich“, wenn wir die Zeitspanne von fast sechzig Jahren betrachten.

Schauen wir mal in die Schachtel:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-5 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369

In einem immer praktischen Stülpkarton erwarten uns nur vier weiße und zwei Chrom Spritzlinge. Natürlich ein kleiner Klarteil und vier Reifen. Schön ist, dass für manche Hersteller ein Wechsel zwischen Stülpkarton oder Seiteneingriffdinger vermeiden und bei den praktischen Kartons bleiben. Auch in neuerer Zeit hält Lindberg an den Stülpkarton fest und diese sind wie bei Heller sogar mit klappbaren Oberteil ausgesattet.

Wie bei vielen alten Bausätzen lösen sich gerne Bauteile von den Gießästen. Ich kann nicht nachvollziehen, ob die Spritzlinge damals separat verpackt wurden.

Grundsätzlich sind die Bauteile von der Oberfläche sehr sauber gespritzt. Sie haben eine teils sehr gute Detailtreue, glänzende Oberfläche wo es sein soll, sind scharfkantig und es gibt eigentlich nichts zu meckern:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-7 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-11 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-13 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-17 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369 In den weiteren Detailaufnahmen sieht man jedoch Licht und Schatten. Man könnte sie schon fast direkt so unlackiert zusammenkleben. Wäre da nicht die zweiteilige Karosserie… Das lässt den Fachmann eindeutig auf die Herkunft von Pyro als Hersteller schließen – denn von da kenne ich diese alte Bautechnik. Sie ist oftmals bei den 50er/60er Jahren Bausätzen zu finden.

Die Chromteile sei noch erwähnt, dass sie für das Alter noch sehr gut erhalten sind. Das der Motor auch verchromt ist…nun ja.

Bei den klaren Bauteilen lässt sich nicht viel sagen:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-19 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369 Klein und durchsichtig, Materialstärke der Zeit und deren Möglichkeiten entsprechend eher Lupe als Glas. Selbstverständlich geht das heute besser.

Ein genauerer Blick auf die Bauteile:

Kühler und Sitzbank sind super detailliert und ausgezeichnet!
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-9 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Die Ausführung der Bauteile der seitlichen Motorhaubenelemente weiß auch zu gefallen. Perfekte Aussparungen der seitlichen Abgasrohre, teildurchbrochene Schlitze. Hier kann mit Schwärzen der Schlitze die Tiefe mit Sicherheit rausgeholt werden. Wer einen Schritt weiter gehen will, der öffnet alle Schlitze hier:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-16 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369

Der Grill ist in der Detaillierung des Musters noch gut, jedoch erkennt man hier schon deutliche Fischhaut. Auch das daneben liegende Haubenteil ist davon nicht verschont:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-15 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369 Es zeichnet sich ab, dass viele Bauteile (auch die wunderschönen Kotflügel) von Fischhäuten befreit werden müssen:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-12 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Nun, mit dieser Arbeit kommen wir Modellbauer schon klar.
Aber:
Die Seitenteile sind nicht graviert, die Sicken sind durchweg erhaben:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-18 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Das trübt meine Freude doch sehr. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, das realistisch hinzubekommen. Wenn man das will, bleibt einem nichts weiter übrig, als die Kanten weg zu schleifen und neu zu gravieren. Da ich kein Flugzeugbauer bin, der vielleicht in dem Aufwand geübt ist, wird das schon eine Hausnummer für mich.

Warum ich mit der glänzenden Oberfläche nicht ganz zufrieden bin, habe ich versucht in Bildern festzuhalten. Die Rundungen der Kotflügel sind wellig. Solche Welligkeit kenne ich nur, wenn man Teile im Tiefziehverfahren herstellt. Mir fiel es erst beim zweiten Blick auf und ist vielleicht nicht dramatisch. Ich denke schon. Je nachdem, welche Farbe lackiert wird, wird das auffallen. Weiß schluckt das vielleicht…aber wenn ich Schwarz wähle? Oder einen Metallic Farbton?

Bei den Chromteilen sieht es wieder außerordentlich gut aus!
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-20 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-22 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Die Felgen bestehen aus Innen- und Außenseite und sind gut durchbrochen – das alles ohne Fischhäute:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-21 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369 Was den Eindruck etwas schmälert sind die breiten Angußstellen, was eine Nacharbeit an den Chromteilen bedeutet:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-23 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369

Die Reifen letztendlich sind einfach profiliert und haben nur einen umlaufenden, erhabenen Ring. Das ist auch heute noch so üblich. Man kann diesen nutzen um entweder einen dünnen Weißwandring aufzumalen oder man nutzt ihn als Grenze für eine schöne fetten Weißwandflanke. Reifenaufschrift sucht man vergebens:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-24 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369

Das war es schon an Bauteilen. Mehr gibt es nicht.

Die Bauanleitung gibt zu Beginn etwas über die Geschichte des Auburn preis, dann noch Hinweise für das Lesen der Bauanleitung und eine Aufstellung, welche Bauteile in welchen Farben angemalt werden sollen:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-25 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369Dann starten die Bauschritte. Begleitet werden die Bilder mit einer Handlungsanweisung je Bauschritt und der Bezeichnung der einzelnen Bauteile:

Ich mag das:
Wer nicht lesen kann, schaut sich die Bilder an. Wer mit einer Zeichnung nichts anfangen kann, der liest sich den Text durch. Und weil viele ja kein Englisch können (konnten), sind zwei Seiten mit den Arbeitsschritten in Deutsch, Französisch und Spanisch beigeheftet:

Als Letztes ist noch ein netter Beipackzettel:
Lindberg-369-1935er-Auburn-Speedster-29 Kit-Archäologie: 1935er Auburn Speedster (1:25) von Lindberg #369

Stimmt die Adresse noch?

Mein Fazit:

Bei dem Bausatz habe ich immer das Alter im Hinterkopf. Gemessen an den damaligen Möglichkeiten ist er sehr gut. Natürlich gibt es Licht und Schatten. Das kann der geübte Modellbauer jedoch weitestgehend meistern. Wer ihn aus der Schachtel bauen will, der kommt nicht um das Entfernen der Fischhäute herum. Ist die Karosserie mal zusammengeklebt muss auch die Klebenaht verschliffen werden. Wenn dann schon geschliffen wird, sollten die Kotflügel auch gleich mit rund geschliffen werden. Von Vorteil ist, dass sich die Bauweise der Karosserie und der Innenausstattung nicht voneinander abhängig sind. Das bedeutet:

Man kann sich in Ruhe der verklebten Karosserie widmen und lackieren, dann die Innenausstattung usw. einbauen. Das ist sehr gut! Zur Sicherheit würde ich die Karosseriehälften an den Klebenähten innen verstärken.

Was eine deutliche Herausforderung für mich darstellt ist das Ziehen der Türsicken u.ä., um ein besseres, realistisches Ergebnis zu erzielen. Ein Nachmalen der erhabenen „Sicken“ mit einem schwarzen Stift scheint in meinen Augen nicht so optimal. Wie gesagt: Kann man machen, muss man nicht.

Wenn man diese Hürden meistert, entsteht garantiert ein wunderschönes Modell. Ich freue mich jedenfalls darauf, wenn ich ihn in Angriff nehme.

Dominik Weitzer, Modellbaustammtisch Recklinghausen