Kit-Archäologie: S.O. 6000 Triton in 1:72 von MACH 2

Der französische Hersteller MACH 2 hat uns Modellbauer in den 1990er Jahren das Fürchten gelehrt – wie auch folgendes Review belegt …
1992 erblickte ein Spritzgussbausatz der S.O. 6000 Triton unsere kleine Plastikwelt. Ein Bausatz, bei dem die Bezeichnung „short-run“ noch einem Adelstitel gleichkäme!
Aber der Reihe nach – was zum Deibel ist eine „Triton“?
Die Sud-Ouest (Süd-Ost, die Franzosen pflegten ihre verstaatlichten Firmen gerne mit Windrosenbezeichnungen zu belegen) SO 6000 Triton (Sohn Poseidons) war der erste französische Jet mit einem allerdings deutschen JuMo 004 Triebwerk, der im November 1946 seinen Erstflug absolvierte und sage und schreibe 250 km/h Geschwindigkeit erreichte! Danach musste die Maschine erstmal 6 Monate am Boden bleiben bevor im April 1947 nun wahnwitzige 350 km/h erreicht wurden!
Was hier ein wenig ironisch klingt, mag für die Verantwortlichen damals schlicht blamabel gewesen sein: Ein „moderner“ Jet, der nicht einmal die Leistungen eines Kolbenmotors erreichte!
Also wurde in den vierten Prototypen ein Rolls Royce Nené Triebwerk eingebaut, was jedoch dazu führte, dass man den Lufteinlauf im Bug durch zwei seitliche „Ohren“ ergänzen musste, was dem Flugzeug nicht wirklich ein Plus an Eleganz verschaffte!
Aber: Am 19. März 1949 erreichte der 4. Prototyp mit dem neuen Triebwerk eine Geschwindigkeit von 950 km/h!
Dennoch wurde die weitere Entwicklung der Triton im November 1950 eingestellt und der ursprüngliche Auftrag von 54 Maschinen für die französische Luftwaffe blieb nur ein hoffnungsvoller Traum.

Eine Art von Traum ist auch der Bausatz von Mach 2. Das Positive vorweg: Aufgrund des stabilen Kartons hat der Zahn der Zeit dem Bausatz selbst nichts anhaben können:MACH-2-SO-6000-Triton-14 Kit-Archäologie: S.O. 6000 Triton in 1:72 von MACH 2Der Karton ist ramponiert – der Inhalt aber noch relativ unbeschadet.
Allerdings macht schon der allererste Blick in die Schachtel klar: Das ist KEIN moderner Bausatz zum Zusammenkleben und Spaß haben!
Mitnichten!
Der Kit aus dem Jahre 1992 verlangt uns Modellbauern schon Einiges ab – da passt NICHTS, aber auch gar nichts auf Anhieb! Jedes Bauteil muss mühsam versäubert werden, alle Gravuren müssen begradigt und teils nicht vorhandenene Gravuren nachgezogen werden. Und Probeanpassung, Schleifen und Spachteln sind während des gesamten Baus unsere täglichen Begleiter!
Schon bei den Rumpfhälften wird klar – der Bau wird kein Vergnügen:

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Und der Gussrahmen mit den restlichen Teilen verrät nichts Gutes:MACH-2-SO-6000-Triton-2 Kit-Archäologie: S.O. 6000 Triton in 1:72 von MACH 2

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Diese beiden Teile bilden die Grundlage für das Innenleben der Triton:MACH-2-SO-6000-Triton-11 Kit-Archäologie: S.O. 6000 Triton in 1:72 von MACH 2
Und die Kanzel (ich wage nicht von einem KLARSICHTteil zu reden!) setzt dem Ganzen echt die Krone auf:MACH-2-SO-6000-Triton-12 Kit-Archäologie: S.O. 6000 Triton in 1:72 von MACH 2Da gibt es nur eins: Polieren, Polieren, Polieren und dann ein Bad in FUTURE!
Die Bauanleitung entspricht dem „hohen“ Qualitätsstandard des Bausatzes:MACH-2-SO-6000-Triton-13 Kit-Archäologie: S.O. 6000 Triton in 1:72 von MACH 2Ob die Decals noch brauchbar sind, wird sich zeigen:MACH-2-SO-6000-Triton Kit-Archäologie: S.O. 6000 Triton in 1:72 von MACH 2

Kurz und schmerzlos: Wer nicht unbedingt eine S.O. 6000 Triton in seiner Vitrine haben möchte, sollte um diesen Bausatz einen großen Bogen machen!
Aber da er sich nun schon einmal in meinem Lager befindet (zusammen mit anderen französischen Prototypen von MACH2), werde ich mich nach einer längeren Meditationssitzung und nach einem anti-Aggressionstraining und mit viel Schleifpapier und Spachtelmasse bewaffnet an den Bau wagen …

Dr. Michael Brodhaecker, Lingen