Wenn einen in der Wolle gefärbten 1:48-er Militärflugzeugmodellbauer beim Blick in den Karton eines 1:35-er zivilen Kleinlasters das Gefühl überkommet den „Knipser“ holen zu müssen, um mit dem Bau sofort anzufangen, dann bedeutet es schon Etwas. Dann muss schon ein besonderer Bausatz vorliegen …
Das Original stammt aus der Modelllinie Baumuster 142 von Mercedes und ist insoweit auch ein Verwandter des Typ 320, den unser Modellbaufreund Stefan Hennrich hier schon in einer Zusammenstellung von ICM vorgestellt hatte. MiniArt hatte schon seit 2012 verschiedene Ausführungen des Typ 170 herausgebracht. Als ziviler Lieferwagen ist die Ausführung jedoch neu und als Bierlieferwagen schon erst recht. Schön ist, dass hier nicht die heute bekannten großen Brauereien dargestellt sind, sondern kleine Betriebe, die es teilweise heute gar nicht mehr oder nur noch in anderer Form gibt.
Im sehr stabilen Karton mit Darstellung eines schon etwas ramponierten Lieferwagens finden sich ein Klarsichtbeutel und die Bauanleitung:
Im Klarsichtbeutel sind dann gut, aber nicht einzeln verpackt die Spritzäste, ein Heftchen mit der Ätzplatine (sehr sicher hierin verpackt und beidseitig mit Schutzfolie auf de Platine) und der Decalsatz ebenfalls zusammen mit den Klarsichtteilen in einer Folie. Kein Bruch, keine losen Teile, alles prima! Mitunter ist etwas Flash in den größeren Spritzgussteilen zu erkennen, nach der Grundierung und Lackierung dürfte davon nichts mehr zu sehen sein:
Spritzast Da enthält die Teile für die Karosserie der Lieferwagenausführung:
An der unteren Karosserie sind die geschwungenen Kotflügel mit angespritzt, alles geht sauber ineinander über. Nacharbeiten sind – bis auf ein paar kleine und nicht wirklich problematische Auswerfermarken an der Unterseite – nicht erforderlich. Gegenüber der ursprünglichen Ausgabe sind insoweit Verbesserungen erzielt worden:
Die weiteren Teile für das Dach und den hinteren Aufbau, die durchgehende Sitz- und Rückenbank sowie den vorderen Rahmen für die Windschutzscheibe sind fein gelungen, das Original war nun mal nicht detaillierter:
Ast A stammt ursprünglich aus der ersten Auflage für die Limousine. Viele Teile hieraus werden hier nicht benötigt:
Der Rahmen ist sehr modellbauerfreundlich einteilig ausgeführt; das gibt es woanders deutlich aufwendiger und schlechter. Die Klebestellen für die Anbauteile sind scharfkantig und klar ausgeführt:
Die Teile für die offen oder geschlossen darstellbare Motorhaube präsentieren sich ebenfalls mit feinen Details. Der Rahmen für den Kühlergrill wird mit einem Ätzteil ergänzt, dadurch bleibt der dahinter liegende Kühler mit seinen Details sichtbar:
Die Abdeckung besteht aus vier Teilen. Oben mit toller Wiedergabe des Scharniers, an den Seiten sind die Schlitze offen. Was will man mehr? Spritzguss vom Feinsten! Da sind die Auswerfermarken innen (so feine Teile müssen mit „Schwung“ präzise ausgeworfen werden) doch zu verschmerzen:
Die Teile für Differenzial und Achswellen sind auf gleichem hohem Standard:
Schließlich ist das Armaturenbrett, das mit weitere Kleinteilen und Klarsichtabdeckungen für die Instrumente im Laufe des Zusammenbaus noch vervollständigt wird, eine nochmalige Steigerung in der Feinstdetaillierung. Sogar Zeiger sind vorhanden. Schade, dass man davon später so wenig sieht, ist ja kein Cabriolet hier – das gibt es natürlich in einem anderen Bausatz auch:
Die Spritzäste B (mit vielen Kleinteilen) und C (der Standardast für die Türen) hängen zusammen:
Die Türen werden jeweils aus einem Außenteil und einem Innententeil mit angeklebtem Klarsichtteil hergestellt. Die Innenteile haben an den Taschen prima ausdetaillierte Falten:
Bei den Kleinteilen sind die einzelnen Komponenten für den Motor und die Spiralfedern für die Vorderachse absolute Highlights; man ist ganz intuitiv versucht, die Federn zu drücken. Lediglich der Kühlerventilator hat etwas Grat, ist aber nicht wirklich dramatisch:
Die Spritzäste D und E hängen zweifach ebenfalls zusammen und es gibt noch einen Ast E solo, so dass Ast E für jeweils ein Rad insgesamt fünffach – auch für ein Reserverad – vorhanden ist. Aus den beiden Ästen D werden wieder nur einige Teile z. B. die Fensterkurbeln und der innere Öffnungshebel benötigt:
Die Reifen werden in Sandwichbauweise aus vier Teilen hergestellt und zeigen dann ein schönes Profil. Zur korrekten Ausrichtung sind jeweils vier Passlöcher vorhanden. Hinzu kommen die Felgen und bei den vier belasteten Reifen je eine Abdeckkappe:
Die Klarsichtteile sind vorbildlich klar, die Scheinwerferverglasungen zeigen sogar einen Schliff zur Lenkung des Lichtstrahls. Allerbeste Qualität!
Die beiliegenden Bierkästen und -flaschen hat Klaus Hoffmann hier schon einmal vorgestellt, da braucht nichts zu ergänzt werden.
Der Decalbogen ist im Druck von ebenso hervorragender Qualität wie der Bausatz. Scharfe Darstellungen mit kräftigen Farben für die Werbeaufschriften, die Zulassungskennzeichen und auch für die Etiketten der Bierflaschen:
Die Ätzteilplatine ist eine sinnvolle Ergänzung mit vielen nützlichen Teilen. Highlights sind hier natürlich der Mercedesstern, der Kühlergrill und der Ring am Lenkrad. Die kleinsten Teile sind für die Verschlüsse an der Motorhaube:
Die Bauanleitung ist ein schönes kleines Heft. Deckblatt (leider ohne historisch-technischen Hintergrund) und die Inhaltsübersicht bilden den Anfang:
Dann geht es los mit rein schwarz-weißen Darstellungen und mit dem Zusammenbau von Rahmen, Motor und Motorraum bis zur „Hochzeit“ mit dem unteren Karosserieteil. Ein paar genaue Biegehinweise für selber zuzusteuernde Drahtstücke sind auch enthalten:
Dann geht es zum Inneren des Fahrerhauses und zur Montage der Räder, des weiteren Aufbaus mit allen Einzelheiten und der Motorhaube:
Es ist alles selbsterklärend und verständlilch dargestellt und auch ein Anfänger im Bau solcher Modelle dürfte die Aufgaben ohne Probleme meistern können. Farbhinweise sind an allen Stellen vorhanden.
Der Bausatz ermöglicht die Auswahl aus drei Lackierungs- und Aufschriftalternativen , die durch je eine großformatige Vierseitenansicht vorgestellt wird.
Zunächst einmal „Winkler Bräu“ aus Mainburg im Landkreis Kehlheim in Niederbayern, 1974 aufgelöst. Dies ist eine eher unspektakuläre Variante:
„Zwickauer Vereinsbier“ war eine Brauerei, die nicht für Vereine braute, sondern 1857 in Zwickau/Sachsen als Verein gegründet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es ein VEB. Nach der Wiedervereinigung wurde sie zur Mauritius-Brauerei innerhalb der Dinkelaker-Gruppe, später dann Teil des Brauriesen Interbrew/Inbev, der größten Brauereigruppe der Welt. Seit 2005 als Mauritius-Privatbrauerei vom Management vor Ort übernommen. Das Fahrzeug ziert ein prostender Schützenbruder – nehme ich jedenfalls mal an – vielleicht ist auch doch ein Förster:
„Lauterbacher Biere“ gibt es seit 1889 in Augsburg/Bayern. Der „Lauterbacher Landmann“ mit dem Bierglas in der Hand ist heute noch in ganz ähnlicher Form auf den Etiketten. Die Marke gehört heute zur privaten Riegele-Gruppe. Und da kam mir etwas bekannt vor: Da war nach dem Zweiten Weltkrieg der ehemalige Jagdflieger Josef Priller Braumeister und Geschäftsführer. Von seinen Flugzeugen gibt es jede Menge Modelle. Heute ist es wohl sein Enkel, der die Geschäfte dort (mit-)führt. Und damit schließt sich der Kreis zum Flugzeugmodellbau:
Ganz zum Schluss erscheinen unter den Bierkisten die Farbhinweise mit generischen Angaben und Hinweisen zu insgesamt acht! Farbsystemen. Das ist schon eine ganze Menge!
Insgesamt ein sehr hochwertiger und auch für hohe Ansprüche vollständiger Bausatz, der viele Alternativen für geöffneten Motorraum, offenen Türen und Klappen und die Ausstattung mit einer „Nutzlast“ hat. Für Liebhaber des Genres sowieso eine ganz klare Empfehlung wert und für andere Modellbauer, die mal abseits bekannter Pfade wandeln wollen auch.
MiniArt hat immer wieder tolle Ideen für außergewöhnliche Bausätze. Dieser gehört auch mal wieder dazu. Weiter so! Und demnächst sollen ja auch noch Flugzeuge in 1:48 kommen. Seien wir also gespannt.
Erhältlich im online-shop von Modellbau König.
Hermann Geers, Wietmarschen