Einen Schüttelbausatz der besonderen Art liefert Heller aktuell mit diesem Bausatz in der bekannten Klappschachtel aus etwas dünner Pappe, die aber immer noch besser ist als die Seitenöffnerkartons anderer Anbieter. Das Deckelbild ist übrigens seit der Erstausgabe von Heller im Jahre 1992 unverändert geblieben …
An einer Kartonseite sind farbige Seitenansichten der (leider nur) zwei Markierungsvarianten aus dem Bausatz vorhanden:
Auf der Kartonrückseite gibt es etwas zum historisch-technischen Hintergrund in sechs! Sprachen, Farbhinweise aus dem Heller und Revell-Sortiment, eine Abbildung des Decalbogens und etwas Hinweise auf digitale Angebote:
In einer Ecke gibt es ehrliche Hinweise auf das Erstproduktionsjahr der Spritzäste in den Jahren 1991 und 1992 (der sogar die Ehre hatte, vor 15 Jahren von Eduard mit einigen neuen Teilen reboxed zu werden), aber auch auf eine Generalüberholung der Form im vorigen Jahr. Es handelt sich also um eine schon etwas ältere Modellbaudame, die aber noch ganz flott auftreten möchte, schließlich handelt es ja um eine Mirage:
Aber doch erst mal zurück zum Schüttelbausatz: Nun, es gibt hier keinen Bausatz eines japanischen Edelherstellers, der sprichwörtlich durch Schütteln des Kartons zusammenzubauen ist. Wenn man allerdings den Hellerkarton schüttelt (und welcher Modellbauer tut das nicht instinktiv, genau wie bei einem Farbgläschen oder -töpfchen), hört man allerhand. Leider sind das die lose im Karton herumpolternden Spritzgussteile, die teilweise schon vom Spritzast abgebrochen sind und sich munter aneinander reiben. So sieht das dann nach dem ersten Öffnen aus:
Nun ist das bei Heller nicht selten, aber mal ehrlich: Was soll das? Sind wir noch in den 60-er oder 70er Jahren der Modellbausteinzeit?? Ist das ein Hinweis auf eine stille Geringschätzung des eigenen Produkts, das keine schützenswerte Behandlung verdient? Doch wohl nicht. Also liebe Freunde bei Heller: Legt bei der Verpackung doch bitte etwas mehr Sorgfalt an den Tag. Die Endverbraucher werden es zu schätzen wissen!
Schauen wir mal nach dem ersten Schreck auf die Spritzgussteile. Los geht es mit den beiden Rumpfteilen, die ich hier schon mal grob von den Spritzastresten befreit habe:
Die vorhandenen Gravuren sind sauber ausgeführt, wie sich auch bei näherer Betrachtung zeigt. Ein heutiger Spitzenbausatz eines Flugzeugs aus der betreffenden Zeit würde noch weitere Darstellungen der Niete bzw. Verschlussschrauben an den äußeren Rändern der einzelnen Paneele haben. Hier ist das Alter der ursprünglichen Spritzform erkennbar: Seinerzeit war das noch obere Liga, heute dann leider nur noch Mittelmaß:
Die Details an den inneren Cockpitwänden sind allerdings äußerst dürftig:
Da beide Rumpfhälften schon mal aus den Ästen raus sind, bietet sich eine kleine Passprobe an. Das Ergebnis ist ermutigend:
Die Details am Übergang vom Rumpf zu den Tragflächen erscheinen allerdings etwas übertrieben:
Vom Spritzast mit den Rumpfhälften bleiben nach der Bereinigung der Abbrüche noch zwei Ecken mit Bausatzteilen übrig:
Hier gibt es Ergänzungsteil für den Unterrumpf zwischen den vorderen Tragflächen, das wieder ganz brauchbare Detaillierungen aufweist:
Die dort enthaltenen Pylone machen einen besseren Eindruck, es ist ein wenig Gussgrat vorhanden, der aber kein Problem ist:
Die Cockpitwanne steht beispielhaft für das sehr spartanische Cockpit. Damit kann man heute den sprichwörtlichen „Blumentopf“ nicht mehr gewinnen:
Auch die hier vorhandenen Matra 530 Raketen können nicht so recht überzeugen; die Leitflächen sind viel zu dick. Auch scheinen die Proportionen nicht so richtig getroffen zu sein. Die Raketen wirken etwas gestaucht:
Einen kompletten Spritzast haben wir rund um die untere Tragfläche, die durchgehend ausgeführt ist:
Auf der positiven Seite stehen hier wieder die Oberflächen an den großen Teilen der Tragflächen und die gelungenen Abdeckungen der Aktuatoren zu den Rudern und Landeklappen:
Die Räder sind so mittelprächtig, das gilt auch für die Tanksonde, die an einer Seite Nacharbeit erfordert:
Die Fahrwerkbeine sehen wiederum gut aus und kommen auch auf die Habenseite:
Enttäuschend sind dagegen der Bugfahrwerkschacht, der ebenso wie die Platte hinter dem Schleudersitz nur grob detailliert ist und auch hier wieder die Raketen, diesmal die Matra R 550 Magic, mit dicken Leit- und Lenkflächen und ohne Nachbildung der Befestigungsbänder:
Die Schubdüse kann ebenfalls mit der schwachen Detaillierung nicht überzeugen:
Der Spritzast um die Oberschalen der Tragfläche hat die Schüttelei im Karton ebenfalls vergleichsweise gut überstanden:
Auch hier sind wiederum die Flächen der Oberschalen mit guten, aber nicht spitzenmäßigen Details ausgeführt:
Das gilt auch für das zweiteilige Seitenleitwerk:
Das kleinere Seitenteil ist allerdings massiv verzogen. Hier muss aufwendig gerichtet werden. Bleibt zu hoffen, dass dies nur in dem hier vorliegenden Bausatz der Fall ist. Es ist auf jeden Fall ein Fehler bei der Entnahme aus der Form bzw. der Endkontrolle (bei dieser Form der „Verpackung“ vielleicht auch bezeichnend??)
Die Seitenteile für den Schleudersitz sind ganz brauchbar, das Sitzpolster ist dann allerdings komplett glatt. Damit entsteht ein nur mittelprächtiger Sitz, der damit aber trotzdem schon das Highlight im Cockpit darstellt. Das komplett glatte Instrumentenbrett ist da bezeichnend:
Die Pylone an diesem Ast sind wieder auf besserem Niveau, dagegen weisen die Teile für den hinteren Rumpf-/Tragflächenanschluss tiefe Sinkstellen auf, die eine ordentliche Nacharbeit erfordern:
Es gibt im Bausatz einen recht großen Klarsichtast, der auch die Haubenteile für die Doppelsitzer enthält:
Die Klarsichtteile sind zwar etwas dick, man kann dem Hersteller hierfür jedoch trotzdem ein uneingeschränktes Lob aussprechen. Die Haubenteile für den Einsitzer sind von hoher Qualität:
In der Nahansicht zeigt sich die hervorragende Klarheit der beiden großen Klarsichtteile. Verzerrungen sind nicht zu beklagen:
Der Decalbogen ist umfangreich und enthält neben den großen Markierungen und typischen Hinweisen in französischer oder englischer Sprache auch Decals für das Instrumentenbrett, Begehfeldstreifen, Leuchtstreifen und für Hinweise ohne Aufschrift. Der Druck macht ganz überwiegend einen sehr guten Eindruck. Einer der Leuchtstreifen ist leider verwischt, auch hier hat wohl die Endkontrolle nicht so recht funktioniert. Das ist schade aber wohl nicht typisch für die Gesamtauflage:
Zum Schluss noch mal eine kleine grobe Passprobe. Auf den Fotos sieht es etwas kritischer aus als in der Realität. Der Spalt zwischen Rumpf und Tragfläche ist schmal, vorne lässt sich die Höhendifferenz wegdrücken, lediglich hinten werden sich die dort ohnehin wegen der Sinklöcher (siehe oben) nötigen Spachtelarbeiten etwas ausdehnen:
Die Bauanleitung liefert hinter dem großen Deckblatt noch einmal die Hintergrundbeschreibungen in sechs Sprachen, die auf der Kartonrückseite ebenfalls zu finden sind:
Nach den Farbhinweisen (leider nur aus dem eigenen Sortiment) beginnt die Beschreibung zum Zusammenbau mit dem Fahrwerk, der schlichten Cockpitwanne und der Raketenbewaffnung. Damit sind dann schon sechs Bauschritte beschrieben:
Weiter geht es dann mit dem Zusammenbau des Rumpfes mit wenig „Innereien“ und dem Anbau der Miragetypischen Lufteinläufe. Auf der gleichen Seite folgt dann der Zusammen- und Anbau der Tragflächen, des Seitenleitwerks und der Triebwerkauslassdüse:
Der Zusammenbau endet schon im nächsten Schritt mit dem Anbau des Fahrwerks und dessen Klappen, einigen Kleinteilen und der Raketenbewaffnung. Leider gibt es keine Zusatztanks, die doch sehr typisch für die Ausstattung sind:
Der gesamte Zusammenbau wird damit in nur neun Schritten beschrieben. Dies ist auch ein Zeichen dafür, dass dieser Bausatz übersichtlich konstruiert und damit durchaus auch Anfängertauglich ist.
Für die beiden Lackierungs- und Markierungsalternativen gibt es jeweils Vier-Seiten-Ansichten in der gleichartigen Grau-Blaugrau-Tarnung mit leicht abweichenden seitlichen Farbflächen. Die erste Variante gilt einem Flugzeug der französischen Luftwaffe aus 1991:
Die zweite Möglichkeit gehört zur indischen Luftwaffe als einem der größeren ausländischen Betreiber. Hier gibt es einen auffälligen Tigerkopf unter dem Cockpit:
Damit hat Heller sich bezüglich der Auswahl gegenüber der Erstausgabe nicht fortbewegt, die hatte schon die gleiche Auswahl. Es gibt auf dem Markt allerdings eine große Auswahl von ergänzenden Decalsets auch mit vielen farbenfrohen Jubiläums- und Verabschiedungsmarkierungen.
Ja, wie ordnet man den Bausatz nun ein? Der Heller-Bausatz war bei seinem Erscheinen trotz der nach heutigen Maßstäben schwachen Bereiche wie Cockpit und Schubdüse der Marktführer. In der Neuauflage ist keine wesentliche Fortentwicklung zu erkennen. Mit dem später erschienenen Bausatz aus Korea kann er auch mit generalüberholter Form bei der Oberflächendarstellung nicht mehr mithalten. Auch die Ausstattung für Außenlasten fällt im Vergleich zu Ungunsten von Heller aus. Die Preise relativieren dies jedoch.
Denn der Heller-Bausatz ist bedeutend günstiger zu bekommen als die Kinetic Bausätze, so wie auch die 2000C. Falls diese überhaupt noch zu bekommen sind, werden 50 – 60 € aufgerufen, der neue Heller-Bausatz ist dagegen für unter 30 € so gut wie überall zu bekommen. Da bleibt dann im Zweifel auch noch Luft für After-Market-Sets zum Beispiel für das Cockpit. Es wird diesbezüglich bestimmt noch was kommen. Unter diesem Preis-Leistungs-Aspekt holt der Heller-Bausatz damit wieder richtig auf und stellt eine ernsthafte Alternative dar. Diese Schlussfeststellung hätte ich mir beim ersten Blick in den Karton noch nicht vorstellen können.
Erhältlich bei Moduni.
Hermann Geers, Wietmarschen