Heller setzt die Linie von Wiederauflagen älterer, aber gesuchter Bausätze fort und dieses Mal wollen wir uns mit dem Bugatti 110 beschäftigen …
Das Projekt EB 110 wurde von Oliviero Pedrazzi, Tiziano Benedetti und Achille Bevini in die Hand genommen. Diese Techniker waren in der Lage, die genialsten technischen Feinheiten zu entwickeln, um ein modernes Auto zu bauen, dass dem unvergleichlichen Image von Ettore Bugatti selbst entspricht. Der EB 110 bringt alles zum Ausdruck, wofür Bugatti stehen kann: Leistung, Eleganz, Aerodynamik Schönheit, Komfort, Harmonie. Der EB 110 ist ein Tourenwagen der bis ins kleinste Detail durchgestylt ist. Er ist für Geschwindigkeiten geschaffen und bietet Sicherheit in allen Lagen. Komfort und Ausstattung haben darunter nicht gelitten. Um von allen avantgardistischen Techniken zu profitieren, hatte Bugatti sich die Zusammenarbeit großer Europäischer Unternehmen gesichert […]
So schreibt es Heller in seiner Bauanleitung und folgt mit den technischen Daten auf. Interessanterweise verlieren sie über die Geschichte von Bugatti, speziell dem EB110 sonst keine Worte.
Bugatti war dem Autofan kein unbekannter! Wer schon mal in den Genuß kam, das „Schlumpf“-Museum in Mulhouse (F) zu besuchen, der kann vielleicht auf die Wurzeln des Namens zurück greifen und war vielleicht so überrascht wie ich, als 1991 der EB110 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. War doch Bugatti bis dahin schon lange Geschichte.
Der EB 110 war zu dieser Zeit etwas Besonderes. Die Begriffe „Supercar“ oder gar „Hypercar“, wie sie heute in aller Munde der Autoverrückten sind, gab es in den 90er nicht. Supersportwagen? Ja. Diese Area leitet aus meiner Sicht die (geplante) Gruppe B in der Mitte der 80er ein.
Der Bugatti EB 110 bekam seinen Namen nicht zufällig. Er hat weder 110 PS, noch 11 Liter Hubraum. Er wurde am 15.September 1991 präsentiert: dem 110. Geburtstag von Ettore Bugatti. Somit trug erstmals seit 1956 wieder ein Fahrzeug den Namen der legendären Marke.
Der EB 110 wurde von 1992 bis 1996 lediglich 96 mal als „GT“ (Grand Turismo) und ca. 32 mal als „SS“ (Super Sport) produziert. Berühmte Neuwagenkäufer waren unter anderem Michael Schumacher, der einen von zwei produzierten Fahrzeuge in gelb erhielt. Danach folgte das Aus, Volkswagen erwarb die Namensrechte und u.a. wurde die gesamte Konkursmasse von Dauer-Racing aufgekauft. Dauer produzierte noch einzelne Dauer EB110SS aus den Restteilen. Deshalb schwankt die Anzahl der Produzierten Super Sport Fahrzeuge.
Ach ja,…technische Daten möchte ich noch hinterher schieben, bevor ich zum Bausatz komme:
12-Zylinder-V-Motor mit 3,5 Liter Hubraum, vier Turbolader und einer Leistung von ca. 560 PS. Seine Höchstgeschwindigkeit lag bei ca. 350km/h – was aufgrund der unterschiedlichen Motorleistung und Fahrzeuggewichts differenziert.
Der Bausatz erschien erstmalig 1992 unter der KitNr 80738 und hat bislang drei Wiederauflagen erfahren. Eine Auflage ist ebenfalls aus 1992 unter dem Label von Airfix zu finden, ansonsten blieb er Heller treu.
Den praktischen Karton zum Aufklappen kann ich nicht genug loben, erleichtert es das Verstauen der Bauteile und schafft ein ordentliches Verschließen und Lagern. Der Karton hat wie jetzt bei Heller üblich auf der Bodenseite die benötigten Farben von Heller / Humbrol / Revell, auch hier die Geschichte zum Original mit technischen Daten sowie die beiliegenden Decals.
Wie schon beim Öffnen das Karton habe ich festgestellt, dass nur die Klarteile in einer Tüte verschweißt sind. Alle anderen Spritzlinge und die Reifen lagen lose darin. Dass das nicht immer optimal sein kann, zeigt dieses Bild:
Ein Reifen hat sich in einem Aufbauteil verfangen. Das kann zu Verformung oder auch Beschädigungen führen. Da würde ich mir wünschen, dass Heller darüber nachdenkt.
Also mal ausgepackt. Der Bausatz besteht aus nur zwei weißen Spritzlingen, einem Bogen Klarteile, der Karosserie und den Reifen. Natürlich die Bauanleitung und ein kleiner Decalbogen.
Die Bauteile sind durchweg sauber gespritzt, es finden sich jedoch an Bauteilen wie den Fahrwerksfedern kleine Fischhäute. Das kann ich noch verkraften.
Die Details an den Motorteilen …
… oder die durchbrochenen Felgen gefallen mir sehr gut:
Die Frontscheibe ist superdurchsichtig …
… die Heckscheibe (Motorabdeckung in dem Fall) ist etwas milchig gelungen. Ob das so dem Original entspricht? Ich denke nicht:
Was ich jedoch nicht ganz verkraften kann und deutlich nicht gefällt ist die Qualität der Karosserie. Nicht nur, dass mir die Karosserieteile einen sehr dünnen und „billig“ anmutenden Eindruck des Kunststoffes machen …
Ich habe schon lange nicht mehr solche heftigen Formentrennnähte gesehen (beidseitig übrigens). Am Heck …
… kann das noch mit Schleifen in Form gebracht werden. An der Front jedoch …
… ist etwas mehr als nur Schleifen angebracht. Glücklicherweise ist die Designsprache geradlinig und macht es etwas einfacher. Aber andererseits frage ich mich wirklich, ob das sein muss. Dass es Heller anders kann, haben sie mit verschiedenen Wiederauflagen, die ich in den Fingern hatte, bewiesen.
Die Reifen sind dagegen wieder sehr gut. Sauberes Profil und eine exzellente Reifenbeschriftung:
Was bleibt sind die Decals und die Bauanleitung …
Die Decals sind von schon fast gewohnt guter Qualität und überzeugen. Kein Versatz, klare Farben – obwohl: die Holzimitate könnten noch eine schönere Maserung und Farbe vertragen:
Die Bauanleitung:
Klar gegliedert zeigt sich die Bauanleitung. Beginnt sie mit etwas Informationen und zu verwendeten Farben fängt auch sofort die Bauschritte an. Eine Erklärung der Symbolik finde ich in der Bauanleitung nicht (siehe Baustufe 10). Jetzt mag der Heller-Profi sagen: „Stimmt nicht, denn sie sind auf dem Karton beschrieben, wenn man ihn aufklappt!“ Nein, da muss ich enttäuschen:
Vielleicht kommt es mir speziell bei dieser Bauanleitung etwas ungewohnt vor, dass in jeder Baustufe nur die neu zu verbauenden Teilen farblich gedruckt sind. Die vorherigen Baustufen sind dann immer schwarz/weiß. Das wirkt etwas befremdlich für mich. Glücklicherweise bezeichnet Heller die einzelnen Bauteile noch mit der entsprechenden Farbnummer. Man muss nur genauer hinschauen.
Mein Fazit.
Ich habe den Bugatti wegen zwei Gründen ausgewählt:
In erster Linie, weil ich vor geraumer Zeit den Revell-Bausatz in der Sammlung hatte und es mich interessierte, ob es sich um denselben Kit handelt?
Revell hat eine annähernd einteilige Karosserie, diese von Heller besteht aus mehreren Teilen, speziell das Dach, Heckklappe oder die einzelnen Stege in der Stoßstange. Sie sind also grundverschieden.
Allen voran stört mich die bevorstehende Arbeit an der Karosserie. Die Formentrennnähte sind gelinde gesagt nicht mehr zeitgemäß. Die Passung der einzelnen Karosserieteile ist ein Kapitel, das Verkleben der Einzelteile, ohne den Lack danach zu beschädigen ist ein weiteres Kapitel für sich. Das wirft bei mir viele Fragezeichen auf, was das Resultat betrifft. Hier werde ich mehr Zeit in Probemontagen vorab investieren müssen als sonst üblich.
Unter der Karosserie sind die Baustufen (soweit ich beurteilen kann) einfach zu meistern.
Was war der zweite Grund? Nun… Aufgrund eines 4-sekündigem Videoausschnitts in einem Hochwasservideo der Fluten in NRW im August gesichteten, gelben Bugatti in einer Garage wurde ich neugierig. Nach etwas Recherche handelte es sich hierbei um kein geringeres Fahrzeug als das des mehrmaligen F1-Weltmeisters Michael Schumacher. Das Bugatti-Register ist da sehr gut aufgebaut – es gab schließlich nur zwei gelbe, „echte“ Bugatti EB110 SS. Auch wenn es sich um das SS Modell handelt, werde ich meinen entsprechend dem Vorbild umbauen.
Ist der Bausatz eine Empfehlung wert?
Ich denke ja. Nicht nur wegen seines technischen Hintergrundes und der Begründung einer völlig neuen Fahrzeugära. Sondern auch deshalb, weil für die Revell-Bausätze teils horrende Summen aufgerufen werden und dieser Heller Bausatz eine echte Alternative darstellt.
Er wird aufgrund der Karosseriebauweise bedingt für Einsteiger geeignet sein, der versiertere Modellbauer wird diese Hürden mit entsprechendem Probieren und Planen hin bekommen.
Erhältlich bei Modellbau Universe.
Dominik Weitzer, Modellbaustammtisch Recklinghausen