Seit kurzem bietet Kinetic in der ambitionierten „Gold-Serie“ einen 1:48-er Starfighter an. Dieser Bausatz ist auf späte Luftwaffen- (und abweichend von der Bezeichnung auch Marineflieger-) Starfighter ausgelegt …
Bisher galt der Hasegawa-Bausatz als das Maß der Dinge in diesem Maßstab, wenn er auch wegen der Nietdarstellungen nicht ganz unumstritten ist, so gilt er doch auf jeden Fall als Muster für Passgenauigkeit und Vorbildgenauigkeit. Diesen Marktführer fordert Kinetic nun heraus. Sehen wir also mal, wie der neue Bausatz sich darstellt und stellen wir auch mal den einen oder anderen Vergleich an.
In einem vorbildlich stabilen Karton finden sich jeweils sicher einzeln verpackt drei große graue Spritzäste, ein Klarsichtast, ein kleiner Ätzteilsatz, der Decalbogen und die Bauanleitung:
Die wesentlichen Rumpf-, Tragflächen- und Leitwerkteile befinden sich am Spritzast A:
Im recht glatten Plastik befinden sich sehr fein ausgeführte vertiefte Gravuren und Nietdarstellungen. Hier die Darstellung an den Rumpfhälften:
Die Gravuren und Niete sind auch an den richtigen Stellen dargestellt bzw. da, wo beim Original keine Niete zu sehen waren, auch nicht abgebildet. Somit ergeben sich einige größere glatte Flächen.
Bei den Tragflächen und dem Höhenleitwerk sowie den Fahrwerkklappen setzt sich diese Darstellung fort:
Die innere Detaillierung an den Cockpitseiten und in den Fahrwerkklappen (hier leider mit ein paar sanften Auswerfermarken) ist ebenfalls gut gelungen. Der Einblick in diese Bereiche ist allerdings nur mit großen Verrenkungen möglich:
Kleines Zwischenfazit: Im Vergleich zu Hasegawa hat Kinetic hier wegen der vorbildgetreueren Detaillierung klar die Nase vorn.
Spritzast B ist der kleinteiligste und enthält weitere Rumpfteile, die Cockpitwanne, Fahrwerkschächte (die teilweise aus mehreren Komponenten zusammengeklebt werden müssen), die Räder und einiges an Kleinteilen, insbesondere für das Fahrwerk aber auch z. B. für eine offene oder verkleidete Kanonenmündung:
Cockpitwanne und Instrumentenbrett sind toll nachgebildet. Der Bausatz enthält keine Decals dafür, ist aber mit den Strukturen eine hervorragende Ausgangsbasis für eine Pinselbemalung. Vom Aftermarket kommt hier bestimmt noch mindestens ein Zoom-Set bzw. sollten auch die Produkte für Hasegawa hier passen:
Eine schöne Zugabe ist das Teil für den Elektronikschacht hinter dem Cockpit (bei Hasegawa nicht vorhanden). Wer diesen offen darstellen möchte, wird aus dem Bausatz heraus passend bedient:
Die Fahrwerkschächte (mit kräftigen Löchern für eine sichere Verklebung der Fahrwerke) und die Teile für die unteren Rumpfpaneele sind wieder fein ausgearbeitet. Hier ist auch die sehr schön gestaltete Instrumentenabdeckung abgebildet:
Die Räder sind gut detailliert in früher und später Version vorhanden und haben eine schöne Darstellung der Gewichtsbelastung:
Kinetic gerät hier in unserem Vergleich nicht ins Hintertreffen, sondern hat vielmehr wegen der zusätzlichen Detaillierung des Elektronikschachts und der gewichtsbelasteten Räder eher einen Vorteil.
Kommen wir zum Spritzast C. Hier fällt als erstes ins Auge, dass alle Teile für die Ausrüstung als „Viertanker“, die sehr häufig Anwendung gefunden hat, vorhanden sind. Daneben sind hier die Teile für das Triebwerk, die Schleudersitze, verschiedene Lastträger und zwei Raketen sowie weitere kleine Teile angesiedelt:
Hier die Tanks unter den Tragflächen, die beim Hasegawa Bausatz so schmerzlich vermisst werden. Die notwendigen Details sind abgebildet:
Weiterhin die Tiptanks mit richtigerweise glatten Leitwerken und etliche Raketenpylons, die hier nicht alle benötigt werden:
Die Triebwerkseinheiten sind sehr schön dargestellt; hier Einblicke aus verschiedenen Winkeln. Weiterhin der Nachbrennerzündring und das hinterste Verdichterrad. Alles völlig ausreichend für eine Darstellung des Triebwerkinneren:
Weiterhin einige Nahaufnahmen zu den Schleudersitzen. Wieder eine spitzenmäßige Detaillierung, aus der sich jeweils sehr gute Sitze herstellen lassen:
Schließlich noch die beiden Raketen. Nachgebildet sind die sehr frühen AIM-9B Raketen. Sie können auch als ab 1969 eingeführte und bis zum Ende der Nutzung an deutschen Starfightern verwendete verbesserte AIM-9B FGW Mod.2 durchgehen. Die Unterschiede in den Maßen liegen hier nur im Millimeterbereich oder sogar noch darunter.
Die Detaillierung erreicht nicht ganz die Qualität von Aftermarket-Produkten, ist aber immer noch besser als bei Hasegawa, dort sind nämlich wie so häufig gar keine Raketen drin:
Der Klarsichtast D macht schon beim ersten Betrachten einen klasse Eindruck:
Sehr schöne dünne und klare Haubenteile sind ebenso vorhanden wie Teile für Scheinwerfer und das Visier. Die durchaus zahlreichen Leuchten am Lufteinlauf, am Heck und an den Tiptanks werden erst nach Vollendung der Lackierung angebracht. Sie sind filigraner als die Hasegawa Teile, die auch schon in frühen Baustadien nach der Bohrung von Löchern von innen angebracht werden sollen und dann vorsichtig behandelt werden müssen:
Die kleine Ätzteilplatine enthält sinnvolle Teile. Zunächst für das Gurtzeug, den Kabinenrahmen, den sehr filigranen Auswurf für die Gurtverbinder (Teil 2, der allerdings nur bis etwa 1967 an den Luftwaffenmaschinen verwendet wurde) und die Anstellwinkelgeber. Weiterhin sind Teile für die Außenkanten der Tragflächen bei Verwendung in „Clean-Configuration“, also ohne Tiptanks oder Raketenträger an dieser Stelle, vorhanden. Das große Teil 1 ist eine Abdeckung für den Lastträger unter dem Rumpf, falls dieser nicht belegt ist:
Der Decalbogen ist von Crossdelta recherchiert und bei Cartograf gedruckt. Er entspricht mit dem, was abgebildet ist den Erwartungen, die man damit haben darf. Alles ist hier von bester Qualität:
Bei der Quantität muss man allerdings – wie auch schon bei Hasegawa – Abstriche machen. Die vorhandenen Wartungsmarkierungen entsprechen insbesondere für die Lackierungsoptionen 1 und 3 nicht dem hohen Standard des eigentlichen Bausatzes, da sie nur eine Auswahl der größeren Markierungen bilden. Tatsächlich waren an den Originalen ganz erheblich mehr Hinweise und Abgrenzungen vorhanden. Bei der Lackierungsoption 2, dem Rundum- oder Lizard-Anstrich, wurde die Anzahl der Markierungen allerdings erheblich verringert. Es bleibt zu hoffen, dass die ganz hervorragenden und vollständigen Daco-Decalsätze für den Hasegawa-Bausatz auch hier passen.
Die Bauanleitung bringt am Anfang einen kurzen Einblick in die Entwicklung des Starfighters in Englisch. Es folgt ein sehr gedrängt dargestellter Überblick über die Spritzäste und eine Tabelle über die benötigten Farben in fünf häufig verwendeten Farbsystemen. Teilweise sind auch RAL- oder FS-Nummern angeben. Für andere Systeme können die entsprechenden Farben mit den üblichen Vergleichsmitteln daraus festgestellt werden. An dieser Stelle befindet sich auch ein Hinweis auf Farbausgaben der Markierungsalternativen im Internet:
Die eigentliche Bauanleitung ist „Old-Style“ in schwarz-weiß gedruckt. Rein inhaltlich ist alles vorhanden. Nummerierung der Teile, Farbangaben und Hinweise zu „Schnitzarbeiten“ für alternative Montagelöcher. Häufig sind auch Ausschnitte und Vergrößerungen vorhanden. Insgesamt ist die Anleitung auf 30 Schritte verteilt. Die Konstruktion des Bausatzes ist recht einfach aufgebaut und erfordert keine Spezialkenntnisse. Wer schon mal zwei/drei etwas einfachere Jets zusammenbekommen hat, ist hier bestimmt nicht überfordert:
Der letzte Schritt stellt die Beladealterativen dar. Hier wird auch ein Fehler vom Deckelbild korrigiert, indem der Katamaranträger für die Raketenbewaffnung nur für die Marinefliegerversion ausgewiesen wird. Das ist so auch richtig, bei Luftwaffenjagdbombern wie auf dem Deckelbild ist diese Ausstattung nicht belegt, wohl aber bei den Marineflugzeugen (dort sogar sehr häufig) und gelegentlich bei Luftwaffenjägern (dort häufiger beim Mölders-Geschwader, seltener bei den Richthofenern):
Die Anleitungen für Lackierung und Decalanbringung der letzten Seiten stellen die Alternativen 1 (Luftwaffe-Segmentanstrich), 2 (Luftwaffe Lizard-Anstrich) und 3 (Marine Zwei-Farb-Anstrich/“Delfin-Lackierung“) in dem beiliegenden Ausdruck für die Bauanleitung leider nur in schwarz-weiß dar. Wie oben geschrieben, kann man die sich die farbige Version aus dem Internet laden. Die Hinweise hier sind korrekt und vollständig und so sehen sie dann aus:
Die Bauanleitung ist daher so nicht unbedingt ein aktuelles Spitzenprodukt. Sie reicht aber allemal, um den Bausatz gut zusammen zu bekommen.
Eine Zusammenfassung fällt daher wie folgt aus:
Die Detaillierung ist auf sehr hohem Standard und entspricht dem Original.
Der Bausatz ist auf Zuwachs durch weitere Versionen angelegt (zwischenzeitlich sind bereits Japanische und Taiwanesische erschienen). Er enthält gewichtsbelastete Räder, Schleudersitze, Fahrwerkabdeckungen und Triebwerkauslässe in früher und später Version. Ruder und Klappen haben stabile Befestigungen für die gerade oder auch abgesenkte Anbringung. Radargerät und die Elektronikschächte sind vorhanden und können offen dargestellt werden. Es sind auch alle vier Zusatztanks vorhanden.
Im Vergleich mit dem Hasegawa Bausatz, der hier „keine Schnitte“ mehr bekommt, übernimmt Kinetic hiermit ganz klar die Führung in diesem Maßstab. Das Bessere ist der Feind des Guten, kann man nur tröstend nach Japan sagen.
Was könnte noch verbessert werden? Ein umfangreicherer Decalsatz mit mehr Wartungsaufschriften und unbedingt auch Decals für die Instrumentenbretter. Auch die Bauanleitung hat noch Optimierungsmöglichkeiten.
Was wünschen wir uns noch?? Weitere Versionen und schnellstens einen Doppelsitzer in dieser Qualität!!
Also ein ganz hervorragender Bausatz, sehr vollständig, so wie er aus dem Karton kommt. Ich kann hier eine unbedingte Kaufempfehlung geben. Wenn ein 48-er Starfighter, dann jetzt dieser!!
Erhältlich zum Beispiel bei Modellbau Universe oder im Fachhandel.
Hermann Geers, Wietmarschen