Ein 1:24er Jaguar E-Type! Aus neuen Formen!
Wow!
Und dieses „Wow“ will ich nun gleich auspacken …
Erster Befund: Revell halt! Augenbrauen hochziehen inklusive – eine Faltschachtel! Mal wieder:
Wann wird man uns Modellbauer erhören und ein paar Cent mehr in praktische Stülpkartons investieren? Von einer solchen Investition kann doch die Firma danach nicht am Hungertuche nagen!
Ehrlich: Diese Faltschachtel machen nicht nur einen „billigen“ Eindruck – sie verhindern auch die Unterbringung gebauter Komponenten. Wohin damit?
Nun: Ich greife zu Kartons der Konkurrenz zurück!
Peinlich für den Hersteller … oder?
Egal, wird sich mancher (auch in Bünde!) denken – Hauptsache der Inhalt ist gut. Die „inneren Werte“ eben …
Und die können bei diesem billig verpackten Bausatz voll und ganz überzeugen:
In mit Tesastreifen zugeklebten Beutelchen (die Konkurrenz investiert da in wiederverschließbare Tütchen!) finden sich drei hellgraue, zwei rote, zwei verchromte sowie zwei transparente Gußrahmen; dazu noch Karosserie und Gummireifen, Bauanleitung und Decals.
Fangen wir mit der Karosserie an:
In spielzeughaftem Rot gespritzt, sind die beiden Teile mit einigen schönen Details versehen:
Bei der eigentlichen Karosse fällt der grobe Fahrzeughimmel auf – was ist da passiert?
Leider nicht zu übersehen (spätestens nach der Grundierung!): Am Heck prangen zwei über die ganze Heckpartie gehende Formentrennnähte! Ich habe mein Bestes gegeben, sie zu verschleifen und hoffe, etwaige Betrachter werden nicht zuuu genau hinschauen!
Die Motorhaube – leider sind die Lüftungsschlitze nicht durchbrochen! Sie soll später am Modell beweglich angebracht werden können – dann kann man den ganz ordentlichen Motor zeigen.
Die Bodenplatte unseres Jaguar – auch in Spielzeugrot! Positiv hervorzuheben: Alle Anbauteile passen perfekt und ich finde die aufgeprägte Detaillierung durchaus ok!
Der Beweis – es ist keine Wiederauflage des Altmodells in 1:25 von 1963:
Die drei grauen Gussrahmen:
An ihnen befindet sich das Gros der Bauteile. Sie sind ordentlich gespritzt, lassen allerdings, das muss man leider schreiben, die heutzutage schon gewohnte „Knackigkeit“ und Detailschärfe tschechischer, ukrainischer oder chinesischer Produkte vermissen. Dennoch sind die Teile ausreichend gut wiedergegeben und man kann daraus ein wahres Schmuckstück entstehen lassen:
Der Motor sieht wirklich gut aus:
Warum der Auspuff zweigeteilt ist?
Die Trennstelle befindet sich glücklicherweise unterhalb, sodass sie nicht zu sehen ist.
Die Bodengruppe wird mit den Teilen recht gut wiedergegeben:
Die Federn des Heckfahrwerks sollen dann Rot lackiert werden – ein Hingucker, sofern man noch viel davon sieht!
Einige Teile für den Motorraum:
Für Detailverliebte: Lenkgestänge für Rechts- und Linkslenker sind vorhanden:
Und natürlich die passenden Armaturenbretter:
Klasse gemacht Revell!
Kommen wir zum roten Spritzling:
Auch hier sind die Teile für einfache und passgenaue Montage ausgelegt und ausreichend robust:
Sodann das Ärgernis für jeden ambitionierten Modellbauer – die Chromteile:
Warum „Ärgernis“?
Nun, ehrlich gesagt kenne ich keinen Automodellbauer, der solcherart verchromte Teile wirklich toll findet! Erstens ist die Chromschicht meist viel zu heftig, zweitens entstehen beim Abtrennen vom Spritzling unweigerlich Schadstellen, an denen die Chrombeschichtung fehlt und drittens muss man die Klebestellen entchromen, damit Plastikkleber die Teile überhaupt verbinden kann. Dann lieber unverchromt und später chromfarben lackieren!
Abgesehen davon sehen die Teile ganz ordentlich aus:
Nur: Wegen der Chromschicht kann man oftmals die Details gar nicht richtig sehen wie hier beim Zylinderblock:
Da wird das Arbeiten echt anstrengend für die Augen!
Ich empfehle unbedingt das Entchromen der Gussrahmen in einem DOWANOL-Bad!
Der Frontscheibenrahmen:
Ihn muss man hinten an der Klebestelle zur Karosserie entchromen, sonst hält er nicht und vorne muss die Klebestelle für die Windschutzscheibe ebenfalls entchromt werden!
Ich habe das mit einem Wattestäbchen und azetonhaltigem Nagellackentferner im Handumdrehen erledigt.
Die vier Felgen …
… sind leider nicht durchbrochen:
Aber ein dezentes dunkelgraues Washing wird vielleicht etwas Tiefe simulieren können.
Und was kommt auf die Felgen? Richtig: Revells Vinylreifen:
Sehr schöne Strukturen, aber keine Herstelleraufdrucke (Lizenz?) und die recht großen Stabilisierungskreuze machen die Versäuberung nicht gerade zum Spaziergang – aber die Innenseiten der Reifen verschwinden ja auf den Felgen und durch ihre Elastizität lassen sie sich auch mit ein wenig Gussgrat noch gut anpassen!
Zum krönenden Abschluss noch ein Blick auf die ebenfalls separat eingepackten Klarsichtteile:
Die sehen nicht nur auf den ersten Blick richtig gut aus …
… sie sind auch von einer umwerfenden Transparenz und völlig schlierenfrei:
Das fehlende Scheinwerferglas an Spritzling „F“ fand sich übrigens noch in der Tüte – Glück gehabt!
Die Bauanleitung mit Detailbemalungshinweisen ist absolut anfängertauglich und wenn man sich genau an die Reihenfolge der Montage hält, passt alles wunderbar ohne Probleme:
Nur bei der „Hochzeit“ von Karosserie und Chassis hege ich Zweifel, ob das zerstörungsfrei über die Bühne geht:
Man soll die Karosserie auseinanderbiegen, um sie auf das Chassis zu setzen – ich bin mal gespannt, wie das bei meinem Jaguar klappt!
Der recht umfangreiche Decalbogen mit jeder Menge Details …
… ermöglicht eine einzige Farbvariante …
… deren Hauptfarbe K (typisch Revell!) aus zwei hauseigenen Farbtönen angemischt werden soll:
Viel Erfolg dabei! Ich finde es nicht wirklich anwenderfreundlich, solche Mischerei einem „Gelegenheitsbastler“ (für den die Level 3 Bausätze ja ausgewiesen sind) zuzumuten. Eher wird er seinen Jaguar im „hübschen“ Spielzeugrot belassen.
Womit ich bei meinem einzigen wirklichen Kritikpunkt dieses Bausatzes angelangt wäre – die Farbe der Karosserie- und einiger Chassisteile!
Mal ganz ehrlich: Glaubt irgendjemand, mit einer knallig roten Farbe uns Modellbauern einen Gefallen zu tun?
1. Die Farbe ist nicht annähernd so angenehm wie normales Grau – beim Abtrennen und Anpassen der Teile ist diese Farbe wirklich unangenehm.
2. Die Farbe hat die unangenehme Angewohnheit trotz Grundierung „durchzubluten“: Jede andere Farbgebung als Rot bedarf einer peniblen Vorarbeit, um dieses „Durchbluten“ zu verhindern!
Einzig Anfänger, die „ihren“ Jaguar nicht bemalen, werden für die „hübsche“ Plastikfarbe Begeisterung empfinden – für den Rest der Modellbauer ist es, ebenso wie die „verchromten“ Teile, ein Ärgernis.
„Level 3“ trifft unbedingt zu: Auch ein Gelegenheitsbastler wird mit dem Bausatz dank der tollen Bauanleitung gut zurecht kommen.
Und wir etwas Erfahreneren werden auch unsere Freude daran haben – ich als ausgewiesener Nicht-Autobastler jedenfalls bin bislang mehr als zufrieden mit diesem Kit.
Abgesehen von meiner Kritik an Chromteilen und roter Plastikfarbe muss ich sagen: Ein klasse Bausatz, bei dem wirklich alles passt.
Und bis auf einige Fummelei im Motorraum und dem Wagnis, Karosserie und Chassis miteinander zu verbinden, auch durchaus Anfängertauglich!
Erhältlich im online-shop von Modellbau König.
Dr. Michael Brodhaecker, Lingen