Anigrand – ein Modellhersteller aus Hong Kong, ist dem ein oder anderem Modellbauer sicherlich ein Begriff, falls nicht, sollte man mal nach deren Modellen Ausschau halten. Nicht für jeden Modellbauer sind diese Resinmodelle auch interessant, da sie etwas scheu vor Resin haben, muss man aber nicht und bei Anigrand kann man nichts falsch machen. Es gibt viele Bausätze die sonst von keinem Hersteller im Spritzgussverfahren angeboten werden.
Bei dem vorliegendem Modell im Maßstab 1:72 handelt es sich um die Bell YAH-63.
Die Bell YAH-63 kam über den Prototypenstatus nicht heraus. Der erste von drei Prototypen hatte seinen Erstflug am 1. Oktober 1975 und stürzte im Folgejahr ab. Da das Flugerprobungsprogramm nicht mit einem Prototypen (Prototyp 2) weiterverfolgt werden konnte, wurde eine statische Bruchzelle zum Prototyp 3 umgebaut.
Das ganze lief für das „Advanced Attack Helicopter“ Programm der US Army. Letzten Endes unterlag die YAH-63 – Herstellerbezeichnung Modell 409 – dem YAH-64 von Hughes, aus dem der Apache entstand.
Beim Öffnen des Kartons findet man eine große verschweißte Kunststofftüte vor, in der alle Teile in drei Kammern verteilt sind. Ein klares Resinteil, die beiden Rumpfhälften und in der dritten Kammer weitere 46 Resinteile. Die doppelseitig auf DIN A4 gedruckte Bauanleitung und einen kleinen Decalbogen.
-Rumpfhälften-
Die beiden Rumpfhälften weisen schon mal keine Lufteinschlüsse oder Blasen an der Aussenseite auf. Leider ist eine der beiden Rumpfhälften leicht verbogen. Schleifarbeiten sind von Nöten, um die beiden Hälften anzupassen, jedoch ist die Passgenauigkeit (Trockenpassung) sehr gut. Haltezapfen sucht man vergebens.
-Cockpit-
Sehr rudimentär kommt das Cockpit daher. Viel wird man davon später nicht mehr sehen, möchte man jedoch das Cockpit offen darstellen (was zum aufschneiden der Kanzel führen würde) müsste man noch einiges nachdetaillieren. Leider fehlen auch Decals für die Instrumentenbretter.
-Fahrwerk-
Abgesehen von den zu überarbeitenden Trennstellen an den Rädern gibt es nicht viel über das Fahrwerk zu sagen. Einzig und allein sollte man, am Hauptfahrwerk, den nicht benötigten Zapfen für den Reifen entfernen.
-Rotorsysteme-
Die Rotorsysteme sehen soweit gut aus. Die beiden Hauptrotorblätter sind jedoch zu stark gebogen, hier sollte man vorsichtig versuchen diese wieder gerade zu biegen, notfalls in einem Wasserbad.
Eines der Heckrotorblätter benötigt eine „Maniküre“ da dort leider beidseitig Beulen vorhanden sind, die es gilt abzufeilen. Das lange dünne Stäbchen ist die bei der YAH-63 offenliegende Heckrotorantriebswelle. Wie zu erkennen, auch diese ist verbogen, entweder legt sie sich beim ankleben, oder man sollte auch hier Vorsicht walten lassen, wenn man diese wieder gerade bekommen möchte. Der Hauptrotorkopf, bestehend aus 3 Teilen (Mast, Kopf und Ansteuerung) sollte NICHT nach Anleitung gebaut werden. Diese ist falsch wiedergegeben. Ein Studium an Vorbildfotos ist hier hilfreich.
-Finne-
Die Finne besteht aus drei Teilen. Auf dem Bild etwas schwach zu erkennen, aber leider vorhanden, die nicht korrekt bzw. vollständig ausgegossene linke Seite, des größten Teils. An den beiden kleineren Teilen wurden jeweils eine Nut eingegossen, jedoch an dem großen Teil keine Feder. Immerhin hilft die Nut bei der Positionierung der Teile. Was das lange dünne Teil für eine Funktion hat, weiss ich nicht, es taucht nicht in der Anleitung auf. Ich vermute aber, dass es sich um den Hecksporn handeln könnte, der jedoch nicht so leicht, sondern stark gebogen sein muss.
Triebwerke-
Die beiden Triebwerke sind sauber gegossen, hier und da muss ein wenig verschliffen werden. Sie verfügen über je zwei Federn und die Rumpfhälften über zwei Nute, somit lassen sie sich nicht schief ankleben.
Lediglich die Öffnung für die Triebwerkauslässe müssen vergrößert werden, damit diese auch passen.
-Triebwerkauslass-
-Bewaffnung-
Die Bewaffnung bezieht sich auf die Bordkanone, zwei Raketenpods und pro Seite auf je 4 Raketen.
Die Stummelflügel verfügen über Zapfen, die in die Rumpfhälften passen, nachdem man auch hier teilweise etwas aufgebohrt hat, da nicht jedes Loch komplett frei ist.
Die Detaillierung der Zielvorrichtung und der Halterung der Bordkanone sind gut gelungen, lediglich die Kanone kann nicht überzeugen. Die Raketenpods sind auch alles andere als gut gelungen, vielleicht findet sich noch was in der Grabbelkiste, dann sollten sie getauscht werden, da eine Überarbeitung zu aufwendig wäre.
-Raketenpods-
-Details Zielvorrichtung-
-Klarsichtteil-
Das Klarsichtteil dieses Bausatzes ist auch aus Resin. Im Vergleich zu den klaren Teilen aus deren 144er Bausätzen sogar klar und als solches zu bezeichnen. Jedoch sieht es etwas vergilbt aus. Als ich den kleinen Zipperbeutel öffnete dachte ich, das nur etwas Staub auf dem Teil wäre, aber falsch gedacht. Das was aussieht wie Staub, sind viele kleine Luftbläschen im Material, somit kann man diese leider auch nicht wegpolieren. Ersatz bei Anigrand ordern könnte mit dem selben Resultat enden und eine Vakuhaube herzustellen wäre zu aufwendig, also lebt man wohl oder übel damit.
-Decals-
Die Decals sind sauber und scharf gedruckt. Aber auch sehr übersichtlich. Es wird nicht auf die beiden darzustellenden Versionen eingegangen. Wie bereits geschrieben, fehlen leider Decals für die Instrumentenbretter.
-Bauanleitung-
Wie eingangs erwähnt ist die Bauanleitung sehr übersichtlich gehalten. Dies ist jedoch typisch für Anigrand.
Es gibt auch keine Farbangaben, wie man es von anderen Herstellern gewohnt ist, sondern einfach nur die Farbnamen.
Für den ambitionierten Modellbauer und leidenschaftlichen Hubschrauberbauer ist dieses Modell einfach Pflicht. Wer etwas aussergewöhnliches und nichts alltägliches wie einen Apache, Cobra, oder Mi-24 in seiner Sammlung haben möchte, ist mit diesem Bausatz bestens bedient.
Mit etwas Eigeninitiative lässt sich das Modell noch aufwerten und verbessern, ist aber kein Muss.
Ich für meinen Teil habe bis jetzt nur gute Erfahrungen mit Anigrand gemacht und kann die Bausätze jedem Empfehlen, ausser Anfängern, aber dem etwas fortgeschrittenem Modellbauer, der seine Erfahrungen mit Resin machen möchte, leg ich die nicht günstigen Bausätze ans Herz.
Ich empfehle auch dringends beim schleifen von Resin unbedingt eine Schutzmaske (Staubschutzmaske für ein paar Cent aus dem Baumarkt um die Ecke reicht aus) zu tragen. Das Resin von Anigrand riecht etwas extrem beim schleifen, somit sollte man auch ab und an das Fenster öffnen.
Erhältlich sind die Anigrand-Bausätze direkt im online-shop des Herstellers.
Florian Hölzel, Aurich