Die Idee, mal einen Porsche in 1:16 herauszubringen, ist eigentlich richtig großartig. Unlängst hat Revell mit den beiden 356ern ein gutes Beispiel geliefert, sind diese ja mit wirklich geringem Aufwand zu wirklichen Meisterstücken aufwertbar. Auch bei diesen beiden Kits waren die Einstufung des Levels und die Preisgestaltung etwas verwirrend.
Was die Produktentwicklung in Bünde im Anschluss daran geritten hat, ausgerechnet diesen Kit aus dem Jahr 1980 aus der Ecke zu ziehen, in der er mal besser geblieben wäre, bleibt im Verborgenen …
Kurz gefasst erfüllt das Modell kaum ein Kriterium, dass ein einigermaßen seriöser Modellbauer erwarten würde, hat mit 62 Teilen Level 4 (der 356B aus gleichem Hause hat mit 127 Teilen den Status „Easy Kit“ und Level 2?) und bleibt in seinen Details auch nach dem 2. oder 3. Blick schauderhaft.
Level 4 ist wohl insofern angemessen, da man nur mit sehr viel Mühe und Aufwand ein ansehnliches Modell daraus zaubern wird.
Widmen wir uns den einzelnen Teilen:Die Karosserie hat einige Auslassungen, die bei einem Kit in 1:72 OK wären, einem 1:16er aber in keiner Weise gerecht werden:
– Scheibenwischer und Motorteile sind angegossen und daher sehr Klobig.
– Außer der Motorhaube ist nichts geöffnet darstellbar
Die Achsen sind nicht anlenkbar, die Felgen rückseitig geschlossen und vorn wurde ein Modell mit recht großen Öffnungen gewählt, an muss also die Felge Schwarz ausmalen, damit man nichts merkt. Die Bremsanlage ist vage angedeutet, letztlich ist es fast besser, dass sie beim fertigen Modell verborgen bleibt.
Die Motordetailierung ist minimal.Der Innenraum aus einer einteiligen Wanne gibt ebenfalls keinen Anlass zur Freude.
Die Scheinwerfer lassen sich ausgefahren oder geschlossen darstellen. Keine Mechanik dazu, entweder auf oder zu.Damit es irgendwie cooler wirkt oder man das Elend nicht so gut erkennt, wurden die Scheiben, und damit das ganze Klarteil, getönt. Damit natürlich auch Blinker und Scheinwerfer.
Die Nebelschlußleuchte und Seitenblinker sind nur als Decal vorhanden.Die Reifen sind hohl und wirken sehr weich, werden also vermutlich irgendwann einsinken, da die Felgen den Hohlraum nicht ausfüllen.
Ein tatsächlicher Lichtblick ist der Decalbogen mit diversen Kennzeichen und einem Musterdecal für die Sitze, die nur in den 80ern und nur unter Drogeneinfluss designt werden konnten:Die Bauanleitung ist nach neuen Revellstandards erstellt und gut, auch wenn eine gut verständliche Anleitung die verheerenden Defizite des Modells nicht ausgleichen kann.
Link zur Bauanleitung
Eine richtige Kaufempfehlung kann ich daher nur an diejenigen aussprechen, die entweder ein etwas überteuertes Spielzeugauto bauen oder sehr viel Aufwand, Material und Zeit in ein Modell investieren wollen, damit es ansehnlich wird.
Schade eigentlich, dass ein renommierter Hersteller, der grade einige sehr beachtliche Modelle auf den Markt gebracht hat, riskiert, durch Wiederauflagen dieser Qualität das grade gewonnene Vertrauen in die Qualität der Produkte wieder zu verlieren.
Anmerkung am Rande: Wenn Revell von Vorneherein auf jeden Karton „NEW“ eindruckt, bleibt das ja für den gesamten Lebenszyklus des Produkts dort stehen. Irgendwann nimmt das dann sowieso keiner mehr ernst. Davon ab ist eine Wiederauflage von 1980 nicht wirklich „NEW“. Ausserdem ist die Faltschachtel in diesem Format extrem instabil und schützt den Inhalt nicht wirklich. Das kann man auch gar nicht oft genug schreiben, bei den neu entwickelten Porsches gab es ja auch den wesentlich brauchbareren Stülpkarton. Bei einem UVP von 49,99 sollte das drin sein.
Erhältlich im online-shop von Modellbau König.
Karsten Schulz, Modellbaustammtisch Recklinghausen