Heller bringt hiermit nicht zum ersten Mal eine Wiederauflage aus generalüberholten Formen. Bei der diesjährigen EME hatte ein niederländischer Händler den Bausatz für 25 € im Angebot, dem ich in Kenntnis der Herkunft des Bausatzes nicht widerstehen konnte. Das Deckelbild des Bausatzkartons ist ebenso wie die Herstellernummer unverändert geblieben …
Heller nutzt ja schon seit einigen Jahren den Karton, um darauf eine ganze Reihe von Informationen unterzubringen. So ist die Kartonrückseite auch komplett bedruckt:
Neben den abgebildeten Decalbögen gibt es hier schon erste Farbhinweise mit Farbchips, wenn auch nur aus dem Humbrol-Programm und von Revell:
Hier gibt es auch den ehrlichen Hinweis auf das Alter der ursprünglichen Form und das Jahr der Generalüberholung. Der Bausatz hat also schon 30 Jahre auf dem Buckel. Ich hatte so einen mal und kann bestätigen, dass eine Überarbeitung auf jeden Fall geboten war. Heller ist hier ehrlicher als andere Anbieter, die solche Ausgaben ohne Überarbeitung gerne mal als „Neu“ bzw. „New“ (vielleicht wegen dem Deckelbild oder der Herstellernummer, im besten Falle wegen eines neuen Decalbogens?) auf den Markt bringen:
Auf einer Kartonseite sind die fünf Lackierungs- und Markierungsmöglichkeiten aus dem Bausatz beieinander abgebildet. Der gesamte Karton ist also sehr informativ:
Wie ebenfalls mittlerweile bei Heller üblich, sind die Spritzäste mit einem schwarzen Recyclingpapier gegeneinander vor Verkratzen geschützt. Plastiktüten gibt es hier nur zum Schutz der Klarsichtteile, ansonsten nicht. So manch einer belächelt diese Praxis. Ich finde diesen ressourcenschonenden Ansatz von Heller, der sich durch die ganze Produktion (Recycling-Kunststoff für die Spritzäste) und die Verpackung zieht, vorbildlich:
Im Karton gibt es die Spritzäste, zwei große Decalbögen (Der Bogen für die Außenlasten fehlte ursprünglich in meinem Karton, wurde auf Anfrage beim Heller-Service aber innerhalb weniger Tage kostenlos nachgesandt. Sehr guter Service!!), die Anleitung und als Zugabe wieder einen Türklinkenanhänger:
Kommen wir zu den Spritzästen:
Die Gravuren und Nietdarstellungen sind, wie zu sehen sein wird, recht kräftig und abgerundet ausgefallen. Das waren sie auch schon bei der Erstausgabe. Die Oberflächen an den großen Bauteilen erfordern beim fertigen Rohbau des Rumpfes sicherlich eine umfangreiche Nachbearbeitung um den Gesamtzustand noch weiter zu verbessern, da doch gelegentlich Sinkstellen und auch andere Unsauberkeiten behoben werden müssen.
Die beiden Rumpfhälften sind bis auf die Rumpfspitze auf voller Länge hergestellt. Es muss jedoch einiges angebaut werden:
Hier noch die nähere Ansicht der beiden Rumpfhälften, nachdem sie von den Spritzastrahmen „befreit“ wurden:
Die nahen Ansichten zeigen die Oberflächengestaltung mit den oben schon angesprochenen Gravuren und Nietdarstellungen. Man sieht, dass die Oberflächen auch mit generalüberholten Formen bestimmt einer Nachbehandlung bedürfen:
Bei noch näherer Betrachtung wird dies noch deutlicher:
Die Cockpitwände sind komplett nackt und an einigen Stellen ist noch Spritzgrat vorhanden:
An einem kompletten Spritzast haben wir als nächstes die Teile für die Tragflächen, etliche Teile zum Rumpfanbau und für den Innenraum und das Fahrwerk:
Die obere Tragflächenschale ist durchgehend konstruiert:
Hier sind die Oberflächen doch deutlich besser als am Rumpf! Hier wird eine Nachbearbeitung deutlich weniger Aufwand haben müssen:
Die obere Schale der Tragflächen ist an den äußeren Bereichen nach unten heruntergezogen, so dass die unteren Schalen nur an den mittleren und inneren Bereichen mit der Oberschale verklebt werden müssen. Die Detaillierung der Abdeckungen für die Aktuatoren der Klappen und Ruder ist sogar sehr schön ausgeführt:
Die kleineren Bauteile an diesem Ast sind von sehr unterschiedlicher Qualität. Der Bugradschacht z. B. versprüht in seiner groben Ausführung den Charme eines Bausatzes aus den 60-er und 70-er Jahren des Modellbaus. OK, viel Einsicht in diesen Schacht wird es bei einem aufgestellten Modell nicht geben:
Ganz anders wird es jedoch mit der in gleicher Weise ausgeführten Cockpitschale. Nach einer ordentlichen Versäuberung müssen hier schon die Decals alleine die Details in den Innenraum bringen. Stand der Technik ist das heute bei neu entworfenen Bausätzen nicht mehr, aber so einen Bausatz haben wir hier ja nicht vor uns:
Auch die Rumpfplatte zur Montage unten im Rumpfheck bedarf der Nacharbeit und liefert nur eine Grundlage dafür:
Für die offen darstellbaren Luftbremsen und die offenen Teile der Fahrwerkklappen gilt das Gleiche:
Die Luftbremsen weisen allerdings schöne Öffnungen auf, die seinerzeit bei Ersterscheinen des Bausatzes Spitzenausführung waren:
Die Triebwerkauslässe fallen wieder unter die erkennbar nicht mehr zeitgemäßen Bauteile. Da wird ordentlich Arbeit notwendig:
Etwas besser wird dann die Detaillierung der Stabilisierungsflossen:
Sehr viel besser fallen dann die Lufteinläufe aus. Damit kann man sicherlich leben:
Die Hauptfahrwerkräder fallen wiederum in die negative Waagschale. Dürftige Details, ganz hässliche Auswerfermarken und letztlich eine völlig falsche viel zu runde Form der Reifen haben wir hier:
Die Fahrwerkbeine sind wie beim Original sehr kräftig ausgeführt und weisen einiges an Details auf; allerdings auch jede Menge Gussgrat an jeder denkbaren Stelle. Die kompletten Beine sind aus mehreren Einzelteilen herzustellen:
Heller ist bei dieser Ausführung in guter Gesellschaft mit anderen Herstellern. Die Fahrwerke sind ja häufig recht stiefmütterlich bearbeitet. Also haben wir hier nötige Feinarbeit, die es in anderen Fällen auch häufig gibt. Wenn alles beieinander ist, ergeben sich hier jedoch sehr stabile Konstruktionen:
Der dritte und hier letzte graue Spritzast enthält weitere Teile für das Cockpit, für einige äußere Bereiche und insbesondere für die Außenlasten:
Der Schleudersitze besteht aus drei Teilen:
Der Sitz hat außen ein paar Details, die Polsterung in der Mitte ist gänzlich glatt. Gurtzeug ist nicht vorhanden. Die Ausführung ist also recht schlicht. Mit einer Pilotenfigur im Sitz mag es knapp reichen:
Auch das Instrumentenbrett ist glatt und ohne Details, aber sauber gespritzt. Decals für die Instrumente sind im Bausatz enthalten:
Für die weitere Ausstattung des Rumpfes gibt es hier die Verkleidungen der Kanonen in recht guter Ausführung. Die Löcher für die Kanonenmündungen müssen noch ergänzt werden:
Für den unteren Hinterrumpf gibt es noch die Verkleidungen für die Düppel- und Fackelwerfer:
Weiterhin gibt es für den Vorderrumpf die zweiteilige Verlängerung nach vorne, die noch um das Staurohr ergänzt werden muss:
Das Staurohr ist jedoch viel zu massiv und zu gnubbelig ausgefallen. Hier ist Ersatz vom Aftermarket dringend empfohlen:
Für ganz hinten gibt es noch den bei der RAF ab den mittleren Versionen nachgerüsteten ECM-Behälter am Seitenleitwerk:
Bei den Außenlasten gibt es für die Jaguar typisch was zum drunter- und auch zum draufhängen. Auf die Tragflächen kommt an jede Seite eine Halterung für eine Luft-Luft-Rakete. Diese Halterungen sind ganz brauchbar detailliert:
Die Sidewinder-Raketen zum Aufbau sind richtig gut gelungen. Die findet man auch in aktuell neu entworfenen Bausätzen anderer Hersteller meist nicht besser. Hier hat die Überarbeitung richtig durchgeschlagen!
Für unter die Tragflächen gibt es zunächst erst mal zwei große Tanks bestehend aus je zwei Hälften und den Heckleitwerken. Sie machen auch einen guten Eindruck:
Weiterhin gibt es zur Unterrumpfmontage eine Aufklärungsbehälter mit guter Formgebung, aber leider nur geringen und erhabenen Details:
Ebenfalls für die Unterrumpfmontage gibt es einen Träger für bis zu drei Bomben oder einen Zusatztank. Die Ausführung ist wieder auf brauchbarem Niveau:
Für den Anbau unter den Tragflächen gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen zwei Pylone als Einfachträger und ebenso als Doppelträger mit bereits angespritzten Pylonen:
Als Bombenlast sind vier Bomben vom Typ BL 755 enthalten, die weite Verbreitung hatten. Diese Bomben sind vierteilig hergestellt. Zum einen gibt es der Länge nach halbierte Bombenkörper:
Die Heckleitwerke sind ebenfalls zweiteilig. Sie sollten an den Leitflächen etwas dünner und scharfkantiger geschliffen werden:
Die Ausführung mit verstärkten oberen Wandungen und den typischen „Zahnrädchen“ vorne am Zünder ist auch hier wieder recht ordentlich, kommt aber an die von speziellen Aftermarket-Waffensets nicht so ganz heran. Die vorhandenen vier Bomben reichen für typische Beladungen vollständig aus:
An Zusatzausrüstung gibt es direkt an einem Pylonen den Behälter AN/ALQ-101 für elektronische Gegenmaßnamen. Die Ausführung ist hier wieder recht schlicht mit erhabenen Details:
Weiterhin gibt es für die andere Tragflächenseite den Matra Phimat Düppel- und Fackelwerfer. Hier ist die Detaillierung im Ergebnis etwas besser:
Die Außenlasten profitieren insgesamt von dem sehr umfangreichen Decalbogen für diese Teile, die einen erheblichen Beitrag zur Schlussdetaillierung leisten.
Der Klarsichtast enthält die Teile für eine zweiteilige Cockpithaube und einige Kleinteile:
Die Haubenteile sind in mittlerer Stärke ausgeführt und von guter Qualität ohne nachzubearbeitende Mittelnaht:
Bei den Kleinteilen gibt es eine Visierscheibe, die Verglasung für den Zielmarkierer unter der Rumpfspitze und zwei Scheinwerfer am Bugrad:
Die Durchsicht ist bei den Klarsichtteilen als recht gut zu bewerten. Ein Bad in einem Glanzverbesserer kann sicherlich nicht schaden, ist aber auch nicht unbedingt erforderlich:
Insgesamt fällt der Klarsichtast als positiv in die Bewertung.
Die Decalbögen sind sehr umfangreich und entsprechend auch groß ausgefallen. Auch Heller liefert mittlerweile Decals mit einem oberen Trägerfilm, der nach der Anbringung (auf glänzendem Untergrund, Trockenzeit von mindestens einem Tag nach Verwendung einer Settingflüssigkeit) abgezogen werden kann und dann nach der Endbehandlung einen sehr realistischen Eindruck „wie auflackiert“ hinterlässt. Zunächst gibt es den über DIN-A4-großen Bogen für die große Markierungen der vier Lackierungs- und Markierungsmöglichkeiten und die Wartungshinweise und Begehflächen. Außerdem gibt es Decals für das Cockpit mit zwei unterschiedlichen Instrumentenbrettern.
Hier der obere Teil dieses Bogens:
Der Druck ist sehr sauber, die kleinsten Zahlen und Buchstaben sind in der Vergrößerung gut lesbar. Hier der untere Teil des Bogens:
Für die Außenlasten gibt es einen umfassenden weiteren Decalbogen für alle aus dem Bausatz möglichen Bestückungen. Hiermit liefert Heller deutlich mehr als viele andere Hersteller. Vorbildlich!
Die Bauanleitung präsentiert sich großformatig im typischen Heller-Gelb:
Auf den folgenden zwei Seiten gibt es kurze historisch-technische Erläuterungen in sechs! Sprachen (findet man sonst wohl nirgendwo mehr), Farb- und Mischhinweise für Farben aus dem Humbrol-Sortiment und Hinweise dazu in immer noch vier Sprachen:
Auf der ersten Seite der dann folgenden Zusammenbauanleitung sind erst noch einmal die fünf Lackierungs- und Markierungsalternativen abgebildet, da in der Anleitung gelegentlich spezifische Hinweise vorhanden sind. Man sollte sich also bei Baubeginn für eine Alternative entscheiden. Beim Zusammenbau beginnt es mit dem Cockpit und den Hauptfahrwerken. Bei allen Einzelschritten der Anleitung sind die benötigten Farben besonders angegeben:
Etwas unkonventionell geht es dann mit den Zusatztanks und dem Aufklärungspod weiter, bevor es an den Rumpfzusammenbau geht:
Weiter geht es mit den Tragflächen und der Komplettierung des oberen und seitlichen Rumpfes:
Auf der nächsten Seite geht es an den Zusammenbau der Bomben, des Bugfahrwerks und die Komplettierung des Unterrumpfes. Es geht also flott voran:
Die Montage der Hauptfahrwerke mit den Abdeckklappen und der offen dargestellten Luftbremsen (bei abgestellten Maschinen ist das meistens der Fall) steht im Mittelpunkt der nächsten Seite, womit das Modell schon auf seinen Beinen steht:
Die Auswahl und Montage und vor allem auch die Lackierung und Decalanbringung für die weiteren Außenlasten bildet dann den letzten Teil der Zusammenbauanleitung:
Die Hinweise für die Lackierung und Anbringung der Decals am Rumpf erstrecken sich für jede Alternative über zwei Seiten für die Ansicht von Ober- und Unterseite sowie beider Seitenansichten. Lobenswert!
Zunächst gibt es eine Maschine im ursprünglichen Standardanstrich der RAF in Grau und Grün. Besonderheit ist die umfangreiche Schachbrettmarkierung auch auf den Zusatztanks und das blaue Seitenleitwerk. Das ist schon eine Showmaschine als „Squadron-Flagship“:
Die nächste Maschine ist eine späte GR3A Ausführung mit einer entsprechenden Lackierung in zwei Grautönen. Besonderheit ist eine bunte Ausführung des Seitenleitwerks mit dem großen Staffelwappen und der Darstellung wichtiger Einsatzstationen der Staffel seit 1914 im Ersten Weltkrieg über den Mittelmeerkriegsschauplatz im Zweiten Weltkrieg bis zum Golfkrieg 1991 in der Art wie auf den britischen Truppenfahnen:
Maschine C ist Schwaz über Alles. Die Staffel trägt den Beinamen „The Saints“, also „Die Heiligen“ und präsentiert entsprechend ein Strichmännchen mit Heiligenschein auf dem Seitenleitwerk:
Die vierte Möglichkeit ist mein persönlicher Favorit als Maschine mit Lackierung und Markierungen im Golfkrieg 1991. Die Farbe nennt sich Desert-Pink ist aber wohl tatsächlich eher eine Sandfarbe. Auffällig sind die Kokarden in „Toned-Down“-Farben, die Dame namens Mary-Rose, die der Maschine auch den Namen gibt, und die Einsatzmarkierungen für Jabo- und Aufklärungseinsätze:
Zu den ausländischen Nutzern der Jaguar geht es mit der letzten Möglichkeit einer Maschine der indischen Luftwaffe in der frühen RAF-Standardlackierung:
Die Möglichkeiten sind also breit und auch bunt gestreut. Das ist eine gute Auswahl, wie ich finde.
Fazit
Dieser Uraltbausatz hat eine umfassende Überarbeitung der Form erhalten, die er allerdings auch dringend brauchte. Man hätte sich sicherlich gewünscht, auch an ein oder anderer Stelle mit der Überarbeitung fortzufahren, aber damit steigt natürlich der Aufwand noch einmal beträchtlich an, mit den Folgen für die nötige Preisgestaltung. Hier haben wir einen brauchbaren Kompromiss in der Verbesserung.
Allerdings kann man aus einer alten und heute alles andere als optimalen Form keinen neuen Spitzenklassenbausatz machen. Auf dem Markt gibt es, nachdem die Formen von Kittyhawk – die ja auch nicht so ganz ohne Probleme waren – nicht mehr bzw. wohl noch lange nicht wieder erhältlich sind, kein besseres Angebot. Wer also eine Jaguar aus einem aktuellen Angebot bauen möchte, kommt an diesem Bausatz nicht vorbei. Daher ist diese Wiederauflage zu begrüßen. Uneingeschränkt positiv zu vermerken ist dabei auf jeden Fall die sehr gute Ausstattung mit den Decalbögen und die Qualität der Klarsichtteile. Wer ein ansehnliches Modell auf die Beine stellen möchte, muss jedoch trotzdem auf jeden Fall einiges an Nacharbeit einplanen. Es gibt ja aber auch eine ganze Reihe von Modellbauern, die gerade darin eine Herausforderung sehen und dieser Herausforderung möchte ich mich auch stellen.
Der vergleichsweise günstige Preis des Grundbausatzes lässt es sicherlich zu, in den einen oder anderen Ergänzungssatz zu investieren. Auch damit bleibt man dann im Endergebnis bei einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis. Je nach modellbauerischen Fähigkeiten und ggf. auch der Bestückung der berühmten Grabbelkiste kann sich hier die Bewertung durchaus auch auf „Gut“ steigern.
Erhältlich ist der Bausatz bei Modellbau Universe.
Hermann Geers, Wietmarschen