Automodellbauer bewegen sich üblicherweise im Maßstab 1:24/25, manche bevorzugen auch etwas größere Maßstabe.
Aber 1:43?
Eher ein Sammlermaßstab für Fertigmodelle!
Wenn da nicht HELLER wäre!
In den 1970er Jahren wurden in Trun eine ganze Menge sehr interessanter Bausätze in diesem Maßstab aufgelegt – zumeist „Brot-und-Butter“-Fahrzeuge wie der Renault 4CV, der als Modell 1980 seine Geburt erlebte …Doch vor der Bausatzvorstellung zuvor noch kurz einige Zeilen zur Geschichte dieser „Cremeschnitte“, wie derRenault im Saarland genannt wurde:
Der Renault 4CV (wobei sich „CV“ auf die Steuerklasse bezog und nicht etwa, wie gerne kolportiert wird, auf „quattre chevaux“ = 4CV – also 4 PS) wurde dem Publikum bereits im Oktober 1946 auf dem Pariser Autosalon vorgestellt und ist somit ein direkter Zeitgenosse des Citroën 2CV. Schon seit 1942, noch während der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht, gab es erste Vorüberlegungen, einen kostengünstigen Kleinwagen zu schaffen, der die Massenmotorisierung der Bevölkerung ermöglichen sollte. Noch im November 1945 wurde erste Prototypen gebaut und erprobt und bereits im Oktober 1946 hatte das „Cremeschnittchen“ auf dem Autosalon in Paris seine Premiere.
„Cremeschnittchen“ (oder wie die Franzosen den Renault nannten „Butterklumpne“)?
Die Erklärung liegt in der Rohstoffknappheit der unmittelbaren Nachkriegsjahre: Aus Mangel an Farben verwendete man bei Renault noch vorhandene sandgelbe Tarnfarben des deutschen Afrikakorps, für das auch in Frankreich Fahrzeuge produziert worden waren!
Vom Beginn der Serienproduktion 1947 bis zu deren Einstellung liefen ca. 1 Million Renault 4CV vom Band. Auch in Spanien und Japan wurde der Renault in Lizenz gefertigt!
Der langlebigste Teil unseres Renaults war zweifelsohne sein wassergekühlter Motor: Nach der Einstellung der Produktion 1961 wurde er im Nachfolger R4 und sogar noch bis 1997 im R5 verbaut! Für ein Antriebsaggregat aus den 1940er Jahren eine beachtliche Karriere!
Doch zurück zum Modell!
Wie früher bei HELLER üblich, befindet sich der Kit sicher in einer stabilen Stülpkartonage verpackt:
Die einteilige Karosserie kann sich meines Erachtens sehen lassen:
Daneben finden sich noch zwei beige Spritzlinge im Karton:
Das Chassis ist, gemessen am Herstellungsjahr, immer noch vorzeigbar:
Im Inneren herrscht spartanische Tristesse vor – ganz wie beim Originale:
Der zweite beidefarbene Gussrahmen beherbergt die Räder, die Stoßstangen sowie Rückbank und Armaturenbrett:Zweigeteilte Reifen sind gewiss nicht jedermanns Sache im Automodellbau – als Flugzeugbauer weiß man damit umzugehen:Die Stoßstangen finde ich recht gelungen und auch ausreichend filigran:Aber jetzt wird´s „kriminell“ – der „verchromte“ Spritzling:
Das war eine Zeitlang sehr in Mode (und ist es bei einigen Herstellern leider noch immer!), erschwert aber das Kleben, ohne dass dieses „Chrom“ wirklich überzeugen kann:In späteren Auflagen …… hat man glücklicherweise diesen „verchromten“ Spritzling durch einen unbehandelten Gussast ersetzt:
Der Rahmen mit den transparenten Teilen:
… vermag durchweg zu überzeugen:
Weniger überzeugend dagegen die Nassschieber:
Was soll(te) das?
Wenn es wenigstens Kennzeichen wären! Aber so …
Dafür vermag dann die Bauanleitung wieder ein Lächeln auf das Gesicht des Modellbauers zu zaubern:
Knapp, Präszise … und sogar mit detaillierten Farbangaben nach dem alten Heller-System!
Was soll ich sagen?
Ich habe mich echt in diese 1:43er Bausätze verliebt, denn sie bieten die Möglichkeit auf kleinem Raum in Windeseile ein attraktives Modellchen eines Fahrzeuges abseits des üblichen Renn- und Rallyewagens zu bauen. Und auch wenn ich von meinen Kollegen im Maßstab 1:24 (den „richtigen“ Automodellbauern!) deswegen belächelt werde: Mir gefallen diese Bausätze wie etwa der Peugeot 403 und ich kann jetzt schon sagen: Das wird nicht der letzte HELLER-Flitzer sein, den ich hier vorstelle!
Dr. Michael Brodhaecker, Lingen