Wenn irgendwo die Schlagwörter „Schneider Trophy“, „1/48“ und „Neuheit“ gemeinsam auftauchen, werde ich hellwach und hab schon den Finger über dem Bestellbutton. Ich liebe einfach die Rennflugzeuge dieser Ära …
Die letzte Neuheit dazu ist die Macchi Castoldi M.C.72. Ich hatte mir vor vielen Jahren den alten Kit der Macchi von SMER gekauft und ich muß gestehen, daß ich da letztendlich an der Darstellung der zahlreichen Kühlflächen gescheitert bin. Darum rannte AMP mit diesem Bausatz bei mir offene Türen ein. Ich mag die unglaublich elegante Form dieser Maschine.
Vorbild
Die Macchi Castoldi M.C. 72 wurde vom Designer Mario Castoldi entworfen und war ursprünglich für die erfolgreiche Teilnahme an der Schneider Trophy konzipiert.
Der Antrieb erfolgte mit einem riesigen 24-Zylinder-Fiat-Motor mit 3.100 PS in der letzten Evolutionsstufe. Mit nur 8,32 m Länge und 9,48m Spannweite und einem maximalen Startgewicht von knapp über 3.000 kg. kann man sich ausmalen, über welche brachiale Kraft dieses einsitzige Wasserflugzeug verfügten musste.
Leider kam es nicht mehr zum geplanten Einsatz bei der 1931er Schneider Trophy, weil Probleme mit dem Motor diesen verhinderte. Generell war die Maschine wahrlich nicht ungefährlich. Noch 1931 stürzten drei der vier gebauten Exemplare bei Testflügen ab. Da der Wettbewerb 1931 zugleich die letzte Trophy der Serie war, entschied man sich 1934 für einen Rekordversuch. Dieser war überaus erfolgreich, denn am 23.10.1934 erreichte der italienische Testpilot Francesco Agello über 709 km/h und errang damit den Geschwindigkeitsrekord für Flugzeuge, der erst fünf Jahre später übertroffen wurde. Den Rekord für kolbengetriebene Wasserflugzeuge hält die Macchi bis heute.
Die Original-Rekordmaschine ist erhalten und steht im Italienischen Luftfahrtmuseum Vigna di Valle.
Modell
Die M.C.72 kommt in einem recht kleinen, aber stabilen Karton mit toller Box Art daher. Meine habe ich direkt in der Ukraine bestellt, und obwohl das Paket offensichtlich auf dem Weg ein paar satte Knuffe abbekam ist der Inhalt absolut unversehrt.
Enthalten sind sechs Spritzlinge in grauem Kunststoff mit zusammen etwa 77 Teilen, ein Klarsichtteil für die Windschutzscheibe, ein 3D-Decal für das Instrumentenbrett, ein kleiner Decalbogen sowie eine PE-Platine mit nochmals 25 Teilen.
Der erste Gußast mit dem Rumpf:
Das Cent-Stück zeigt, daß die M.C.72 wie die meisten Rennflugzeuge dieser Gattung recht klein ist. Wir reden immerhin von 1/48.
Das Foto zeigt gleich zwei Merkmale, die für den kompletten Bausatz exemplarisch sind: Tolle, feine und scharf konturierte Details und überall ein bißchen Gußgrat.
Die Quer- und Seitenruder sind seperate Teile und damit auch angelenkt darstellbar.
Auch die Rumpfinnenseite ist mit feinen Strukturen versehen, und weist keine Auswerfermarken auf!
Propeller, Leitwerk…
Wie erwähnt: Gußgrat, aber sauberer Guß ohne Sinkstellen und sichtbare Auswerfermarken.
Die Räder zeigen es schon: Der Transportwagen ist ebenfalls enthalten!
Die Propeller sind sehr gut getroffen, finde ich. Der jeweils zweigeteilte Spinner bringt zwar ein bißchen Mehrarbeit, ist aber wohl der gelungenen Formgebung geschuldet.
Der Rahmen für den Transportwagen, und als tolles Extra zusätzliche Stützen, die auch gleichzeitig als Montagehilfe der Schwimmer dienen. Coole Idee!
Die Tragflächenhälften:
Diese sind natürlich dominiert von den riesigen Oberflächenkühlern, die wohl viel zu tun hatten, um das mächtige Triebwerk auf Temperatur zu halten.
Die Struktur finde ich super. Auch die Kanten sind wunderbar dünn gehalten.
Der Rahmen mit den Schwimmern liegt sinnvollerweise zweimal bei.
Auch hier: Rundum tolle Nachbildung der Kühlerflächen.
Nur mal so als Anhaltspunkt nochmal das Cent-Stück. Der Rumpf ist wirklich nicht soo viel größer wie die Schwimmer.
Die PE-Platine. Die Machart erinnert mich stark an die tollen PE-Teile der Modelle von Copper State.
Im Wesentlichen werden die Streben dargestellt, dazu der Rahmen der Winschutzscheibe und das Instrumentenbrett.
Die Qualität ist einfach top.
Die Instrumente liegen sowohl als Decal als auch als 3D-Druck bei, ein wirklich tolles Feature von AMP.
Die Teile spiegeln ein wenig und sind nicht so fotogen, aber die Qualität ist sehr gut.
Die Windschutzscheibe ist ein bißchen dick und ein bißchen uneben, aber sehr brauchbar. Dank des Rahmens bei den PE-Teilen kann man aber mit wenig Aufwand statt dessen dünne Folien verwenden, die sicher weit besser wirken werden.
Die Decals sind sehr sauber und versatzfrei gedruckt und lassen natürlich nur eine Version zu, nämlich die der Rekordmaschine von 1934.
Die Bilder sprechen für sich. Beim Datum des Rekords ist man sich ein bißchen uneins, aber mit bloßem Auge ist das eh kaum lesbar.
Die farbige Anleitung im 3D-Style ist klar und übersichtlich. Acht Seiten im DIN A5-Format führen sicher durch den Bau. Es gibt Farbangaben nur für das Gunze-Sortiment.
Hier nochmal komplett zum Durchblättern:
Fazit
Nein, das ist kein Einsteiger-Kit, und ja, ein wenig Shortrun-Touch zeigt sich am Gußgrat und den nicht ganz so feinen Angüssen. Aber was die Details angeht braucht der Bausatz den Vergleich mit aktuellen Großserienmodellen nicht zu scheuen, und auch die Passgenauigkeit ist offenbar wirklich gut. Die Teile werden ein wenig Zuwendung beim Bau brauchen, aber dafür sind es ja wirklich nur wenige. Die PE-Streben sind sehr fein und damit ebenfalls nicht unbedingt anfängertauglich, aber das ist auch nicht die Zielgruppe eines solchen Kits.
Die Ausstattung mit PE-Teilen, einem 3D-Instrumentenbrett und der schön gestalteten Bauanleitung macht einfach Freude. Und für eine recht kleine Serie dieser Qualität ist der Preis von um die 50 Euro aus meiner Sicht mehr als fair.
Ich freue mich auf weitere Rennflugzeuge von AMP und kann hier nur sagen:
Absolut empfehlenswert!
Ich habe den Bausatz direkt in der Ukraine bei HobbyTerra bestellt. Aber auch in Deutschland ist er z.B. beim Sockelshop erhältlich.
KlausH