Vickers Independent in 1:76 von Giesbers Models # 034

Der Maßstab 1:76 (britisch HO/OO) ist im Militärmodellbau nicht mehr wirklich aktuell – allerdings erscheinen immer wieder Bausätze in diesem ungewöhnlichen Maßstab – wie etwa der Resinbausatz des Vickers Independent von Giesbers Models aus den Niederlanden …

Wie immer bei etwas unbekannteren Vorbildern wollen wir uns kurz der Geschichte des Vickers Independent widmen:

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges sahen sich die Militärs vor die Aufgabe gestellt, die zukünftigen Einsatzkriterien für eine Panzerwaffe den Gegebenheiten anzupassen:
Sollten hauptsächlich schnelle Fahrzeuge wie etwa der britische Whippet oder der französische Renault FT die zukünftige Ausrüstung darstellen oder benötigte man auch in Zukunft schwere Fahrzeuge wie die britischen Rhomboid-Panzer?
Beim Royal Tank Corps verfocht man die Ansicht, einzig leihte und mittlere Kampffahrzeuge bauen zu wollen, da schwere Panzer zum Einen kosten- und arbeitsintensiv und zum Anderen für die angestrebte bewegliche Kriegsführung zu schwer und unbeholfen wären.
Dennoch gab es auch Verfechter der Doktrin der „Land-Kriegsschiffe“ – also schwerer und stark bewaffneter Fahrzeuge, die ähnlich der Schlachtschiffe die Schlachtfelder dominieren sollten.
Aufgrund dieser Ideen entstand in den Jahren 1925/26 der Vickers A1E1 Independent.
Mit seinem 350 PS leistenden Motor sollte er eine Geschwindigkeit von 32 km/h erreichen. Die Bewaffnung war auf insgesamt fünf Türme verteilt: Eine 47mm Kanone im Hauptturm sowie 4 Maschinengewehre in Nebentürmen.Die Idee dahinter: Durch die unabhängigen MG-Türme war das gleichzeitige Bekämpfen mehrerer leichtgepanzerter Ziele möglich, während die Hauptwaffe andere Kampffahrzeuge oder Befestigungen ausschalten konnte.

Aber:
„War der alte schwere Kampfwagen der Mk. I – VIII-Klasse das maschinelle Spiegelbild der im Stellungskrieg entarteten Kampfführung, so ist der kriegsschiffartige Aufbau des schweren Vickers-Kampfwagens die klare Ausdrucksform der Entwicklung einer neuzeitlichen Panzerflotte zu Lande. Er ist der Dreadnaught der Panzertruppen, dessen Notwendigkeit und Kampfwert gegenüber den kleinen, wendigen und billigen leichten Kampfwagen genau so umstritten ist wie der Wert des Schlachtschiffes im Vergleich zu […] Torpedoboot und Unterseeboot.“
(Heigl´s Taschenbuch der Tanks, München 1935, Band I, S. 178)

Auch wenn der Vickers Independent nie über das Prototypenstadium hinaus kam und lediglich ein einziges Exemplar (heute im Tank Museum Bovington zu besichtigen) gebaut wurde, so war das Design dennoch von großem Einfluss auf andere Panzerentwicklungen: Namentlich der sowjetische T-35 war deutlich vom Independent beeinflusst (es gab sogar einen Spionage-Zwischenfall um den Independent: Ein britischer Armmeoffizier wurde 1933 zu fünf Jahren Haft wgen der Weitergabe der Unterlagen an einen deutschen Kontakt verurteilt) und auch andere Mehrturmfahrzeuge können ihre Anlehnung an das Vickers-Design nicht verleugnen…

Nach dieser kurzen Einführung wollen wir uns jetzt aber endlich dem Bausatz im Maßstab 1:76 widmen.

In der ungemein stabilen Pappbox …
… findet sich eine wiederverschließbare Tüte mit den Teilen:
Den Hauptanteil bildet dabei der Panzerkasten:
Dieser ist mit einer Menge von Angüssen versehen, deren Entfernung „Spaß“ machen wird:
Die beiden Laufwerke sind einteilig und, im Gegensatz zum Panzerkasten, fast ohne störende Angüsse:
Der Rest der Teile:

Überall finden sind durchgehend ordentlich ausgeführte Niete:
Aufgrund der geringen Teilezahl kann sich die Bauanleitung auf eine simple Explosionszeichnung …

… sowie zwei Abbildungen des montierten Vickers beschränken:

Trotz des „schrägen“ Maßstabes und der massiven Angüsse am Panzerkasten möchte ich diesen Bausatz unbedingt empfehlen:
Wer hat schon einen solchen Exoten im Programm? Und einmal gereinigt, gebaut und lackiert wird der 76er Independent gewiss ein Schmuckstück in jeder Vitrine und ein Hingucker auf jeder Modellbauausstellung sein!