Seit Mitte Mai liegt die neue FliegerRevueX in Kiosken, in einigen Buchhandlungen und auch in Modellbauläden aus und ich habe sie mittlerweile „durch“ – Grund genug, von der Lektüre zu berichten …
Beginnen möchte ich meine kleine Rezensionmit der 24-seitigen Überblicksdarstellung zum OKB Tupolev aus der Feder von Dr. Rainer Göpfert, der wieder einmal sein Talent unter Beweis gestellt hat, präzise auf den Punkt zu bringen, worauf es ankommt: Eine gut geschriebene Übersicht zu einem immens komplexen Thema zu geben ohne dabei den Leser zu langweilen.
Wenn dann noch eine, wie ich finde, hervorragende Bebilderung den gesamten Artikel zu einer kurzweiligen, aber informativen Lektüre werden lässt, dann ist das Ziel einer Zeitschrift wie der FliegerRevueX erreicht.
Von einer doch recht bekannten Materie zu einem Sujet, das den meisten Lesern weniger vertraut sein dürfte – dem ersten Schleppflug eines Wasser-Segelflugzeuges zu Beginn der 1920er Jahre:
Dass Glenn Curtiss hier wieder einmal ein Pionier der Luftfahrt war, hatte ich bislang nicht gewusst- wieder was gelernt!
Gut, dass es die FliegerRevueX gibt!
Weiter geht es mit einem Thema, das für Luftfahrtenthusiasten nicht wirklich neues unbekanntes Terrain ist – die Entwicklung der Dornier Do 335.
Uwe Jack bringt das Kunststück fertig, selbst solche doch eher „abgegriffenen“ Themen noch derart interessant aufzuarbeiten, dass sogar diese Lektüre noch für einige interessante Momente auch bei den „Experten“ sorgt.
Hut ab dafür!
Weniger informierte Leser, die sich die FliegerRevueX am Bahnhofs- oder Flughafenkiosk zur Unterhaltung gekauft haben, werden hier definitiv auf ihre Kosten kommen!
Gleiches gilt auch für den Beitrag über die Entwicklungs- und Einsatzgeschichte der P-51 Mustang:
Luftfahrtexperten vermag er nun wirklich nicht „vom Hocker zu reißen“, aber die eher interessierte Laienleserschaft wird es dem Autor Srecko Bradic danken, auf 26 wie immer exzellent geschriebenen Seiten einen schnellen und gut lesbaren Überblick über dieses Muster zu erhalten.
Was mich persönlich begeistert hat, sind die Farbprofile auch weniger bekannter Mustang wie etwa die J-2063 der Schweiz in einer ungewöhnlichen Experimentaltarnung Anfang der 1950er Jahre oder die P-51D von Haiti und Nicaragua.
Ein auch eingefleischten Luftfahrtenthusiasten vermutlich völlig unbekanntes Kapitel beschreibt Santiago Rivas: Die Flugzeuge von Willibald Weber.
„Willibald wer?“
Willibald Weber war Konstrukteur bei Messerschmitt und emigrierte 1948 nach Brasilien, wo er insgesamt drei Flugzeuge für den lokalen Markt entwarf:
Nicht verwirren lassen: Es finden sich auch Photos der Aero 45 im Beitrag – sie dienen jedoch lediglich der Verdeutlichung einiger Konstruktionselemente, die Weber vermutlich von diesem Typ übernommen hatte!
Werner Fischbachs kleiner Artikel über die EA-6B Prowler in den Diensten der US Navy und Marines war für mich persönlich, der von Jets nun absolut gar keine Ahnung hat, recht interessant und lehrreich:
Somit kann ich nur wiederholen, was ich angesichts der P-51- und Do 335-Beiträge geschrieben hatte:
Für Fachleute eher uninteressant, für Laien wie mich aber absolut lesenswert.
Schön, dass man sich bei der Redaktion auch um diesen Leserkreis kümmert und umso besser, weil man uns Laien nicht mit einigen schlecht zusammengegoogelten Seiten abspeist, sondern gut recherchierte und geschriebene sowie schön illustrierte Artikel zur Verfügung stellt.
Qualität eben!
Auf der Suche nach weiteren Luftwaffe-Projekten wurde Autor Uwe Jack wieder einmal fündig – die Ernst Wagner Aero EWA 77 wird in einem kleinen zweiseitigen Beitrag den Fans von „Luftwaffe 46“ vorgestellt:
Mir stellt sich allerdings als gelernter Historiker so langsam die Frage, ob man tatsächlich auch noch dem abstrusesten Bierdeckelentwurf irgend eines Privatmannes so viel Raum in einer ansonsten wirklich absolut vorbildlichen Luftfahrtzeitschrift einräumen sollte?
Um nicht falsch verstanden zu werden: Solche Projkete „haben etwas“ – zweifelsohne und sie werden auch ihre Liebhaber unter den Lesern finden.
Autor Jack selbst schreibt, dass „intensive Nachforschungen des Autors […] leider keine klärenden Originaldolumente zur EWA 77 erbracht“ haben. „Auch Angaben zur Firma Ernst Wagner Aero fanden sich nicht, es ist zu vermuten, dass es sich dabei um eine Firma aus dem Umfeld der Messerschmittwerke gehandelt hat.“ (beide Zitate S. 108)
Die einzigen verlässlichen Angaben stammen von Ernst Wagner selbst: „Zu seinem Jägerprojekt lieferte er eine Skizze und einige, aber nur wenige technische Angaben.“ (ebd.) Und dann schreibt Uwe Jack auch noch, die „Beschäftigung mit den Angaben des Konstrukteurs ließen erste Zweifel an der Stimmigkeit der Daten aufkommen.“ (ebd.)
Ich erlaube mir als Rezensent auch kritisch anzumerken, dass man sich mit solchen Beiträgen, so gut sie auch geschrieben sein mögen, so langsam in´s Reich von „Haunebu“-Flugscheiben und „Schwabenland-UFOs“ begibt.
Vielleicht sollte die Redaktion hier einmal darüber nachdenken, dass man zukünftig zwar weiterhin solche Projekte (gerne auch anderer Luftwaffen!) vorstellt, aber sich dabei auf die eher realistischeren und tatsächlich wenigstens in das ernsthafte Projektstadium gelangten Entwürfe konzentriert!
Abgesehen von dieser kleinen und eher konstruktiv gemeinten Kritik vermag ich auch beim neuen Heft 65 der FliegerRevueX wieder eine absolute Kaufempfehlung auszusprechen:
Für gerade einmal 12,80 Euro erhält man ein prallgefülltes Heft voller Informationen, die noch dazu exzellent recherchiert und gut geschrieben sind.
Ich gebe zu, ein Fan der FliegerRevueX seit ihren Anfängen zu sein und diese Heftreihe hat mir schon manche Bahnfahrt und so manche Flugstunde angenehm verkürzt!
Erhältlich direkt im online-shop des Verlages (auch als Download!) und bei vielen Kiosken.
Dr. Michael Brodhaecker,Lingen