Immer wenn ein Hersteller eine neue He 111 herausbringt, kommt reflexartig der Wunsch aus der Modellbauszene nach einer Zwilling. ICM gehört zu den Herstellern, die aufmerksam solche Wünsche aufnehmen und auch realisieren …
Andere Hersteller sind da anders – resistenter könnte man sagen. Aber was interessieren uns „andere Hersteller“ – wir Modellbauer haben ja ICM! Somit ist es auch der einzige 48-er Bausatz dieses Vorbildes. Die Ausgangsbasis aus der He 111-Serie von ICM ist dabei ein hervorragender Bausatz.
Das Original wurde nur in 12 Exemplaren gebaut und war eine Kombination von zwei H-6 Rümpfen mit einer Mitteltragfläche mit drei Motoren. Insgesamt hatte sie daher fünf Motoren und sollte als Schleppflugzeug für den großen Lastensegler Me 321 „Gigant“ bzw. für sogar zwei oder drei Go 242 dienen. Damit sind schon die nächsten Modellwünsche in 1:48 für die Schlepplasten definiert. Die Gotha ist wohl eher realistisch.
Hier ist sie nun: In einer Großverpackung mit zwei ICM-typischen superstabilen Innenkartons kommt sie auf den Modellbauertisch. Über 500 Teile wollen verbaut werden:
Bauanleitung, Decalbogen und eine ganze Menge Spritzäste, die Klarsichtäste sind alle für sich nochmals sicher in eigenen Beuteln verpackt. Proppevoll und vorbildlich verpackt. ICM eben. Die Spritzqualität hat nicht nachgelassen. Alles hat scharfe Gravuren in unterschiedlichen Stärken, feine Nietdarstellungen und zeigt keine Spritzfehler:
Der Bausatz entsteht wie das Original durch zwei, bis auf die nur einmal vorhandenen Außentragflächen, komplette Bausätze von Einzelflugzeugen und besondere Teile für die Verbindungsflächen, Klappen und Ruder und den fünften Motor. Daher sind etliche Spritzäste uns schon gut bekannt. Es sind diese, die wir hier und dort schon ausführlicher vorgestellt haben:
Ast A mit den Rumpfteilen liegt doppelt bei:
Die Äste B1 und B2 mit den Tragflächen und Teilen für die Ruder und Klappen liegen je einmal bei, die Teile für Klappen und Ruder liegen abgeknipst doppelt bei – sonst hätte die Verpackung noch größer ausfallen müssen:
Ast C liegt fünffach im Karton, da er für die Motoren benötigt wird. Die Propeller, die Teile für die Vemags usw. werden nicht benötigt. Hier und auch bei anderen Ästen bleiben etliche Bomben über, die für Dioramen gut Verwendung finden können:
Es folgen die Äste D1 und D2 jeweils doppelt, insbesondere für Motorverkleidungen, Innenspante und die vier Fahrwerke:
Die Klarsichtäste E und E1 sind ebenfalls doppelt vorhanden und von der heute üblichen Top-Qualität:
Den Abschluss der bekannten Teile bilden die Äste F – liegen wegen dem Propeller fünffach bei, ein Hauptfahrwerkrad bleibt auch hier für als Ersatzteil für ein Diorama über – und G, aus dem die Spornradhalter und die Unterrumpfhalterungen für die Zusatztanks – doppelt – Verwendung finden:
Neue Spritzäste sind die Teile H1 und H2.
H1 enthält die Mitteltragflächenteile, vier große Zusatztanks und neue Tragflächenlängsspante, die eine feste Verbindung für die gesamte Tragflächenkonstruktion herstellen:
Die Ausführung entspricht den anderen Spritzgussteilen, die Gravuren sind scharf und die Darstellung der Wartungsdeckel ist fein gelungen. Die Tanks haben dargestellte Befestigungsbänder und die Spante gelungene Darstellungen für die sichtbaren Bereich in den Fahrwerkschächten:
H2 hat dann noch einmal zwei noch fehlende Seitenteile für die Motorabdeckung des fünften Motors, einen weiteren Satz Tragflächenlängsspante und vor allem die Tragflächenteile innen zwischen Rumpf und dem Mittelteil:
Hier noch mal von Nahem zur Verdeutlichung der auch hier ganz hervorragenden Umsetzung:
Der Decalsatz enthält die großen Markierungen für die zwei Markierungs- und Lackierungsversionen aus dem Bausatz. Je einmal sind dann weitere kleine Decals für die Instrumente, für Begehmarkierungen und einige Wartungshinweise vorhanden, die teilweise nur noch mit der Lupe lesbar sind. Bei den Hinweisen zum Ölfilter sind Schreibfehler, das fällt aber nicht auf, da die Schrift nur mit der Lupe zu erkennen ist. Etwas ärgerlicher ist da schon, dass die Decals für Feuerlöscher, Verbandkasten und die Oktandreiecke jedenfalls bei unserem Exemplar etwas nach rechts verschoben sind. Da muss dann wohl die Restekiste etwas gefleddert werden. Zu wünschen wäre, dass ICM in Zukunft wenigstens noch Gurtzeug als Decals mit einplant. Bei geschlossenen Modellen ist dies durchaus ausreichend für einen schönen und noch kompletteren Eindruck:
Die Bauanleitung entspricht in ihrem Umfang der Größe des Bausatzes. Zunächst haben wir eine kurze historisch-technische Übersicht und ebenso die Angaben zu den Farben und zum Bausatzinhalt. Es sind hier leider nur die Revell- und Tamiya-Sortimente ausdrücklich genannt, die generischen Farbangaben mit teilweise den RLM-Schlüsseln helfen jedoch für die Bestimmung in anderen geläufigen Sortimenten:
Dann geht es weiter mit dem eigentlichen Bau in 114 Schritten. ICM baut seine Anleitungen ja immer sehr kleinteilig auf, häufig ist in einem Schritt nur eine Montage enthalten. Das ist aber sehr gut für die Übersicht und hilft dem Modellbauer, ist also eher ein Vor- als ein Nachteil.
Zunächst ist die kräftige innere Rumpf- und Tragflächenspantkonstruktion mit den Fahrwerkschächten herzustellen. Es folgen dann die großen Teile für den vorderen Besatzungsraum der später von den großen Klarsichtteilen umschlossen wird:
Dann werden die Rumpfhälften ausgestattet. Hier müssen schon Klarsichtteile und auch MGs eingesetzt werden. Anders geht es nicht. Also die Glasteile dann auch gleich abkleben, es sollten auch die außenstehenden MG-Rohre abgeschnitten werden. Sonst gibt es beim weitern Bau Bruch und bei der Lackierung sind sie auch im Wege. Die Rohre müssen dann später wieder montiert werden; natürlich können sie auch durch Metallrohre ersetzt werden. Das ist aber nicht unbedingt erforderlich, die Detaillierung ist schon nicht schlecht. Mit dem Bauschritt 62 sind die Rümpfe damit fertig:
Weiter geht es dann mit den unteren Tragflächenteilen, die genau mit den entsprechenden Schlitzen an die Längsspanten verklebt und bis zum Abbinden der Klebung fixiert werden müssen. Hier ist kein Spiel vorhanden, also exakt arbeiten! Das gilt auch für den nun nötigen Zusammenbau der Motoren, deren Hinterseiten durch die Fahrwerkschächte sichtbar sind. Man sollte sie also auch dann vollständig zusammenbauen, wenn die komplett verkleidet werden sollen; auch die Kühler bleiben mindestens teilweise sichtbar. Die Montagereihenfolge muss genau eingehalten werden. Hier auch schön auf die Bauanleitung achten, in den Zeichnungen wird die Perspektive mit Ober- oder Unterseite des Modells mehrfach gewechselt. Auch bei den Motorverkleidungen immer wieder Passproben machen. Die verschiedenen Verkleidungen haben Mal gerade, ein anderes Mal aber auch schräge Klebeflächen. Es passt aber letzten Endes alles:
Letztlich folgt dann noch die Montage der Fahrwerke. Die Zusatztanks, Fahrwerkklappen und Propeller bringt man am besten erst nach der Lackierung an. Damit ist das Riesenteil dann geschafft:
Für die Lackierung und die Decalanbringung gibt es eine Übersicht für die Ober- und Unterseite im Segmentanstrich. Die ist jetzt auch in Farbe:
Es folgen dann die Seitenansichten für die beiden Alternativen, davon einmal mit weißer Wintertarnung auf den Oberseiten. Das Deckelbild ist für diese Lackierung, bei der die Grundlackierung mit dem Segmentanstrich noch durchscheint, eine zusätzliche Hilfe:
Dieser Bausatz ist den natürlich etwas höheren Kaufpreis allemal wert aber allein schon auf Grund seiner Größe nichts für Anfänger, obwohl er rein technisch ganz bestimmt nicht auf Superspezialisten beschränkt ist. Bei den Motorgondeln und den Rumpfspitzen aus Klarsichtmaterial ist wie schon geschrieben genaues und vorsichtiges Arbeiten angesagt. Daher empfehle ich persönlich auch dringend, vor dem Bau der Zwilling eine normale He 111 von ICM zu bauen, um sich mit der Technik des Bausatzes vertraut zu machen. Es ist einfach zu schade, einen solchen tollen Bausatz nach Enttäuschungen, bei Überforderung oder Fehlern beim Zusammenbau wieder wegzulegen oder, noch schlimmer, „in die Tonne zu treten“. Das hat der Bausatz auch nicht verdient. Und: Spätestens bei Baubeginn sollte man sich Gedanken um die Aufstellung des fertigen Modells machen. Es kommt schon reichlich etwas zusammen. 74 cm Spannweite und 34 cm Länge brauchen einiges an Platz. Außerdem werde ich auf den fälligen Eduard-Maskensatz warten, bevor es an die Klarsichtteile geht.
Langandauernder Modellbauspaß und ein hohes Maß an Zufriedenheit nach dem ohne Probleme und auch ohne weitere Zurüstteile möglichen gelungenen Bau ist mit diesem Bausatz garantiert und es entsteht auf alle Fälle ein Blickfang für jeden Betrachter. Also ran an den sehr empfehlenswerten Brocken!!
Erhältlich ist dieses Kleinod demnächst im online-shop von Modellbau König.
Hermann Geers, Wietmarschen