Vor einigen Monaten hat uns Hobby Boss einen Bausatz der russischen Su-27 als Neuauflage gegönnt, eine Variante der schon 2015 erschienenen J-11B, der chinesischen Lizenzversion der Su-27.
Vorbild
Die in bis jetzt über 800 Exemplaren gebaute Su-27 wurde 1984 in Dienst gestellt und stellt nach wie vor das Rückgrat der russischen Luftstreitkräfte dar. Sie ist bis heute in verschiedenen Varianten in Produktion und stellt auch die Basis weiterer Jagdflugzeuge dar, zum Beispiel der Trägerversion Su-33 (hierzu gibt es ein Review des Kinetic-Kits bei uns).
Die Su-27 ist auch ein Exportschlager und in vielen Ländern im Einsatz. Selbst die USA besitzt offiziell ein paar Exemplare, stellt die Su-27 doch den aktuellen Gegenpol zu den eigenen Jagdflugzeugen dar.
Modell
Der stabile Karton beinhaltet insgesamt neben den beiden Rumpfteilen 17 Spritzlinge, davon zwei mit Klarsichtteilen. Dazu gesellt sich eine kleine Platine mit Fotoätzteilen, die Reifen in schwarzem Gummi sowie zwei Decal-Sheets. Insgesamt besteht das eigentliche Flugzeug aus relativ bescheidenen knapp 150 Teilen, dazu kommen allerdings nochmal etwa 150 Teile für die üppige Ausstattung mit Außenlasten, wobei hier ja normalerweise nicht alles zugleich montiert wird.
Alle Teile sind sorgfältig verpackt, und besonders den beiden großen Rumpfteilen wurde hier viel Aufmerksamkeit gewidmet, deshalb beginnen wir auch damit.
Wie man sieht, sind die Teile gemeinsam sorgfältig mit Polsterfolie verbunden und mit weichem Bindedraht in einem genau passenden Kartineinsatz fixiert, so daß eine Beschädigung praktisch ausgeschlossen ist.
Die obere Rumpfschale macht auf den ersten Blick klar, daß die Su-27 weissgott kein kleines Flugzeug ist. Die Maße des fertigen Modells laut Deckelbild: Länge 469mm, Spannweite 315mm.
Die untere Rumpfschale mit den markanten Triebwerksgehäusen:
Die Gravuren sind fein und scharf und für mein Empfinden genau richtig.
Die Lüftungsöffnungen der Bordkanone als Beispiel für die feine Detailierung:
Der Sockel des Head Up Displays:
Die Schächte des Hauptfahrwerks, schon ab Werk mit Leitungen versehen:
Die Gravuren ziehen sich gleichmäßig über alle Flächen, auch an den Flanken der Triebwerke:
Nette Aufmerksamkeit: Die „static dischargers“ an den Flügel- und Leitwerksenden sind extrem fein gestaltet und mit einem Kunststoffbügel gegen Bruch geschützt. Der eine ist ein wenig verbogen, das war aber durch eine Unachtsamkeit meinerseits verursacht:
Die Passgenauigkeit der Rumpfteile ist perfekt. So wie ich das sehe, braucht es hier kein Gramm Spachtel.
Wenden wir uns nun den eigentlichen Gußrahmen zu.
Der erste Rahmen enthält vor allem Triebwerksteile und die Cockpitwanne.
Die Armaturen sind fein gestaltet und mit etwas Farbe und ruhiger Hand braucht es hier kein PE-Set. Man beachte auch die fein gestaltete Sonde rechts oben im Bild.
Die Turbinen sind eher angedeutet, aber die verschwinden ohnehin in den Tiefen des Triebwerks und sind ohne Taschenlampe nicht wirklich sichtbar. Schöne auch die feinen Panels.
Optional lassen sich die Schubdüsen offen oder geschlossen darstellen:
Die Schärfe der Kanten wird im Gegenlicht schön sichtbar:
Der nächste Spritzling enthält Teile für das Bugfahrwerk.
Auch hier: Klasse gestaltet in tadelloser Gußqualität.
Die Fahrwerksklappe mit feinen Details:
Das recht komplex gefertigte, einteilige Fahrwerksbein. Es gibt am Teil selbst keinerlei Auswerfermarken!
Nun zu den Höhenrudern und Klappen.
Feine Nietreihen, mit unterschiedlichen Nietabständen und nicht übertrieben strukturiert:
Der erste Rahmen mit Außenlasten; dieser liegt 2x bei:
Die Pylonen sind klasse detailiert, und das ohne die heftigen Sinkstellen, die man ja gerade hier leider oft findet:
Das Random als eigener Spritzling, ohne Grat!
Die Triebwerkseinlässe. Der große freie Raum zwischen den Teilen erklärt sich durch die Gestaltung der Spritzform, die auch die Flanken perfekt detailiert hinterläßt:
Das Gitter ist sehr plastisch und filigran gestaltet. Auch hier kann man wirklich auf PEs verzichten:
Die angesprochenen perfekt detailierten Flanken:
Auch dieser umfangreiche Spritzling mit den Außenlasten ist 2x vorhanden.
Auch die kleinsten Teile sind vorbildlich gefertigt:
Der Wunsch nach Resin-Ersatz kommt hier kaum auf:
Das Hauptfahrwerk und andere Teile:
Auch diese sind filigran, komplex und ohne Grat gespritzt. Respekt.
Dem stehen die restlichen Teile um nichts nach:
Die Besonderheit auf diesem Foto: An der Kante links findet man tatsächlich ein klein bißchen Grat. Eine absolute Rarität bei diesem Bausatz:
Auch wenn die Auswerfer zum Teil etwas vorsichtig entfernt werden müssen: Eine weitere Nachbehandlung erübrigt sich.
Der Schleudersitz, ein Bausatz für sich:
Angegossene Gurte in durchaus feiner und akzeptabler Qualität:
Die Seitenteile sind etwas rauh, aber mit bloßem Auge passt die Struktur:
Noch ein Beispiel für Formenbau vom Feinsten:
Auch die beiden Ruderteile liegen 2x bei. Übrigens lassen sich alle Ruder und Klappen angestellt darstellen, da sie durchweg getrennt ausgeführt sind!
Die Leitwerke. Auf die war ich gespannt, waren diese wegen ihrer Sinkstellen doch der einzige Schwachpunkt der kürzlich vorgestellten Su-33 von Kinetic.
Im Gegensatz zu Kinetic hat Hobby Boss die Leitwerke zweigeteilt aufgebaut, und der Lohn ist ein absolut perfekter Guß ohne Fehl und Tadel:
Das Armaturenbrett ist fein gestaltet; die beiden Versionen sind den unterschiedlichen Vorbildern geschuldet, denen sich Hobby Boss mit dem Kit widmet:
Sonstiges
Die Gummireifen sind toll gemacht. Ob man sie benutzt sei jedem freigestellt, aber ich werde sie auf jeden Fall verwenden, zumal die Lackierung so viel leichter fällt.
Der kleine PE-Bogen beinhaltet lediglich die Rückspiegel und Sensoren:
Klarsichtteile
Die Klarsichtteile sind wirklich glasklar und blitzsauber:
Die Cockpithaube ist perfekt verpackt in einem seperaten Beutel und geschützt durch Polsterfolie:
Die Haubenteile sind wirklich sehr klar und absolut schlierenfrei:
Einziges kleines Manko ist die feine Gußnaht auf dem Haubenrücken, die aber einfach der Herstellung solch perfekt geformter Teile geschuldet ist und die sich auf den meisten modernerern Kits findet:
Decals und Varianten
Dem Bausatz liegen zwei Decal-Bögen bei, die die Darstellung von zwei verschiedenen Maschinen der russischen Streitkräfte erlauben. Traditionell schweigt sich Hobby Boss über die Vorbilder streng aus, aber ich denke, für diesen Vogel gibt es wahrlich genug Quellen im Internet und der Literatur.
Die Decals selbst sind sauber gedruckt, der Bogen mit den Markierungen weist minimalen Versatz beim Gelb auf. Wen der zu sehr stört, sollte sich eventuell im Zurüstmarkt umschauen, ich persönlich könnte gut damit leben.
Die beiden möglichen Varianten sind in zwei großen, eigenen Farbtafeln dargestellt. Vorbildlich sind die Farbangaben für die Sortimente von Gunze, Vallejo, Model Master, Tamiya und Humbrol!
Für die Bemalung und die Decals der Außenlasten gibt es ebenfalls eine eigene Farbseite, auch das aus meiner Sicht sehr positiv:
Anleitung
Die Anleitung besteht aus einem 12-seitigen, Din A4-großen Heft in Schwarz-Weiß und führt klar und strukturiert durch den Bau. Farbangaben fehlen ebenso wenig wie die Platzierung der Decals. Auch die mögliche Konfiguration der Außenlasten ist dargestellt. Hier zwei Beispielseiten, die komplette Anleitung in der Galerie darunter:
Fazit:
Die Su-27 von Hobby Boss ist ein rundum gelungener Bausatz mit feinen Details auf der Höhe der Zeit. Ich konnte keinerlei relevante Schwächen finden. Wenn sich die gute Passgenauigkeit beim Bau bestätigt (und Berichte im Web deuten darauf hin), dann ist das verdammt dicht am perfekten Modell.
Der Bausatz ist sicher nicht „over engineered“, sondern wohl durchdacht konstruiert. Auch die „nur“ knapp zehn Seiten echte Bauschritte in der Anleitung sprechen für sich. Dies geht aber nicht auf Kosten der Detailierung, insofern eine perfekte Balance.
Im direkten Vergleich zur ebenfalls brandneuen Su-33 von Kinetic ist diese noch einen Tick feiner und tiefer detailiert. Dafür weist der Kinetic-Kit aber Schwächen auf (heftige Sinkstellen, siehe Review), die Hobby Boss nicht zeigt.
Für mich ein sehr feines Stück Plastik zu einem sehr fairen Preis von unter 60 Euro. Zubehör ist nicht zwingend nötig, auch aus der Box entsteht ein Top-Ergebnis. Dennoch bietet zum Beispiel Eduard inzwischen einiges an, das wir hier in Kürze ebenfalls vorstellen werden.
Mein Fazit, ohne eine Sekunde des Zögerns:
Absolut empfehlenswert!!!
Ich habe das Modell bei ebay gekauft, aber auch in den einschlägigen Shops ist es in der Regel problemlos erhältlich.
KlausH