Vor längerer Zeit habe ich hier auf Kitreviewsonline den 1957 Chevrolet Bel Air in der Kit-Archäologie etwas näher beleuchtet. Handelte es sich dabei um die „uralt“-Variante mit zu öffnenden Türen, habe ich diesmal den „aktuellsten“ von amt (# 638M) auf dem Tisch liegen. Da ich eh mal wieder einen BelAir bauen wollte…
Die vorliegende Ausgabe ist aus 2018 und wurde in dieser Schachtel (selbes Deckelbild ? ) lediglich aus 2009 übernommen. Der Bausatz kann aber bis zu seiner ersten Ausgabe bis auf 1975 (# T280) zurückblicken – das ist schon mal sicher. Ob die Erstausgabe von 1963 (# T-757) mit den folgenden drei Auflagen (1967/69/70) denselben Inhalt hatte, kann ich nicht nachvollziehen. Ich vermute jedoch – ja.
Wie gesagt: 1975 sicher, denn die weiteren folgenden Auflagen von 1979 und 1987 habe ich damals selbst gebaut und es war der gleiche Inhalt. Im Laufe der Zeit erschien ein Bel Air unter dem Lable amt/ERTL (# 8315) bis schließlich der alte Bausatz 2006 wieder unter amt wiederaufgelegt wurde. Der Bel Air hat schon eine bewegende Geschichte und diese Form hat mittlerweile die 12te (!) Auflage hinter sich. Wie sieht es jetzt um diesen, einfachen Bausatz aus?
Das Schachtelbild weiß zu gefallen, zeigt es den Bel Air in einer seiner klassischen Farbkombinationen. Auf der Seite des Karton ein gebautes Model in Detail und hier steht schon geschrieben, dass es in blauem Kunststoff mit über 70 Teilen daher kommt:
Was erwartet uns, wenn wir den Bausatz ausschütteln?
Eine übersichtliche Menge an Bauteile, die gut verpackt sind! So alt der Bausatz auch ist:
Amt verpackt die Scheiben separat, die Chrombögen haben Butterbrotpapier dazwischen.
Angegeben ist er mit ca. 70 Bauteilen, was ich nicht gezählt habe. Verteilt sind sie auf drei türkisfarbenen, zwei Chromfarbenen und je einem Gießast mit Klarteilen in Rot und durchsichtig. Karosserie, Chassis und Innenraum liegen als Einzelbauteil bei, dann noch die Bauanleitung, die Decals, Reifen und der Bausatz ist komplett.
Zu der Qualität der türkisenen Teile komme ich gleich…
Die Chromteile sind extrem chromig und mich hat es als Kind schon fasziniert, dass die Achsen (noch immer) als Chromteile beiliegen. Das ich sie damals unlackiert verbaut habe, dürfte klar sein ?. An den Spritzlingen sieht man jedoch jetzt schon, dass die Form nicht mehr die beste ist, auch wenn die Details an den Scheinwerfern oder Grill noch durchaus up to date sind:
Tja, die Klarteile. Separat verpackt, also ohne Kratzer, sieht man jedoch das Alter. Sie sind nicht nur durch die Biegung (Panoramawindows) zum Verzerren geneigt – auch die Materialstärke trägt einen Teil dazu bei. Definitiv nicht mehr zeitgemäß:
Die Reifen wiederum haben an ihrer Attraktivität nichts eingebüßt. Sehr schönes Profil mit verzeihbaren Formentrennnaht, schöne Flanken mit Reifenaufschrift und einem umlaufenden, erhabenen Ring, um Weißwandringe ideal zu bemalen. Wenn man das denn will.
Die restlichen Bauteile. Schauen wir genauer hin, gibt es Licht und (sehr viel) Schatten – den ich beim zwischenzeitlichen Bau des Bel Air festgestellt und leider nicht komplett im Bild festgehalten habe. Hier handelt es sich ja nur um die Bausatzbesprechung und kein Baubericht:
An Felgen oder Motorteilen…Fischhäute und dicke Angußstellen sind nicht übersehbar. Die Felgen werden durch (ebenso mangelhafte s.o.) Zierkappen abgedeckt. Der Motor beim Zusammenbau…Passung sehr schlecht:
Das Lenkrad jedoch sichtbar im Innenraum, ist eine mittlere Katastrophe, das ich währen des Bauens versuchte „in From zu schleifen“, bis ich letztlich dieses Unterfangen aufgegeben habe
Das Armaturenbrett wiederum ist eine Augenweide! Super detailiert und die Oberfläche, die in Wagenfarbe glänzt superglatt. Das gefällt mir!
Die Sitzbank und der Innenraum haben ebenfalls eine perfekte Struktur, um die verschiedenen Farben sauber abgrenzen zu können. Nur die dicken Angußstellen der Sitzbank und die einteilige Wanne des Innenraum trüben das Bild. Ein Formenversatz beim Verkleben der Sitzbank mit dem Rückenteil kommt dann beim Zusammenbau nervend zum Tragen:
Die Motorhaube ist superglatt an der Oberseite mit fast schon perfektem Emblem und Schriftzug. Auch innen ist die Haube nicht zu verachten:
Der Unterboden erinnert an die klassischen Promotion-Modelle, nur die Achsen werden noch angebracht:
Die Karosserie ist grenzwertig. Nur Beispielhaft habe ich den hinteren Scheibenrahmen fotografiert:
Der Gussgrat um die Fenster sind durch die Formentrennnähte „aus der Form“, am Kotflügel rechts gab es einen Formenversatz von gewaltigen 1 mm. Rundum müssen die Sicken nachgearbeitet werden, da sie teilweise verwaschen sind. Das betrifft auch die Scheibenrahmen…gruselig.
Bei dem Bausatz erkennbar, sind die hinteren, markanten Finnen schlicht und einfach glatt dargestellt. Das wird durch ein Decal sichergestellt. Hier greife ich zu Fotoätzteilen und habe einen sauberen Übergang zu den Decals ?:
Die Decals sind „wie damals“ nicht mehr oder weniger geworden. Recht sparsam ohne Embleme, Schriftzüge, Armaturen etc. Qualität ist sehr gut, das alter und die Sparsamkeit lässt grüßen und detaillieren von Hand ist angesagt:
Die Bauanleitung:
Die Bauanleitung ist ebenfalls wie in den älteren Auflagen schlicht und einfach gehalten und kommt auf nur einer Doppelseite aus:
Nach ein paar einleitenden Worten mit Hilfestellungen startet sie sofort mit dem Motor und endet schon nach einmal Umschlagen in der sechsten Baustufe mit dem finalen Zusammenbau.Ich bin mit dieser Art von Bauanleitungen aufgewachsen und hatte keinerlei Probleme, dass ich etwas nicht verstanden habe. So ist das heute noch. Schön gezeichnet ist sie.
Auf er letzten Seite ist dann noch eine Übersicht der Bauteile und das war es auch dann:
Übrigens 75 Teile, wenn ich richtig gezählt habe.
Mein Fazit und abschließende Worte
Der Bausatz ist deutlich in die Jahre gekommen, seine 12te(+ X) Auflage sieht man ihm deutlich an. Er ist übersät von Fischhäuten, Formentrennnähten und auch massiven Angüssen. Die optische Qualität, als ich ihn für dieses Review fotografiert habe, ließ mich nichts Gutes erahnen.
Ich sollte recht behalten. Die Karosserie mit den Formenversatz im Frontbereich und den teilweise ausgewaschenen Sicken…die Passgenauigkeit am Motor und Sitzbank schon mehr als grenzwertig. Es erfordert viel Geduld und Spucke, die Produktionsmängel zu beheben und ein ansehliches Modell auf die Räder zu stellen. Er ist nicht mehr zeitgemäß aus meiner Sicht und selbst bei mir kam die Entscheidung auf: in die Tonne oder durchziehen.
Ich habe mich für‘s Durchziehen entschieden und alleine am „Perfektionieren“ des Lenkrades fast zwei Stunden vergeudet.
Wer jetzt die Finger von dem 1957 Bel Air lassen will, weil der besprochene Bausatz nicht mehr in bester Form ist, der nehme folgendem Rat zu Herzen:
Nicht jeder Bel Air ist in der Schachtel gleich! Unter dem Lable amt kamen 2016 (# 988) und 2018 (# 983), sowie unter dem Label amt/ERTL zwischen 1997 und ca. 1999 (# 8315, 8319, H862) deutlich hochwertigere Bausätze auf den Markt! Nicht zu vergessen ein 100-Jahre-Chevrolet Sondermodell in schicker Blechbox (# 741-200).
Diese sind meine bessere Empfehlung und ich werde einen davon in nicht allzuferner Zukunft hier näher betrachten ?
Erhältlich ist der Kit bei Nimpex.de
Dominik Weitzer, Modellbaustammtisch Recklinghausen